BVerfG zur Dokumentation notarieller Verwahrungsgeschäfte: Verfassungsbeschwerde gegen aufsichtsbehördliche Weisung erfolglos

05.07.2012

Die Weisung des Landgerichtspräsidenten an einen Notar, bargeldlose Zahlungen entsprechend der landesrechtlichen Dienstordnung nicht unter dem Datum der Gutschrift oder der Abbuchung, sondern dem des Eingangs des Kontoauszugs im Verwahrungs- und im Massebuch zu verbuchen, verletzt diesen nicht in seiner Berufsfreiheit.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) wies die Verfassungsbeschwerde des Notars als unbegründet zurück. Durch die angegriffene Weisung und die sie bestätigenden gerichtlichen Entscheidungen werde er nicht in seiner Berufsfreiheit verletzt.

Der Notar übe einen staatlich gebundenen Beruf aus, so die Richter. Auch für einen solchen Beruf gelte grundsätzlich die grundrechtliche Gewährleistung der freien Berufsausübung aus Art. 12 Abs. 1 GG. Aufgrund der Nähe staatlich gebundener Berufe zum öffentlichen Dienst müssten es jedoch die Notare hinnehmen, dass für sie die Wirkungen des Grundrechts der Berufsfreiheit durch Sonderregelungen zurückgedrängt werden.

Die hier maßgeblichen Vorschriften über die Dokumentation der Verwahrungsgeschäfte nach der Dienstordnung für Notare seien dem übertragenen Bereich der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben zuzuordnen, der Sonderregelungen zugänglich ist. Sie beträfen nicht lediglich die der privaten Freiheit unterfallende Organisation der internen Betriebsabläufe des Notariats. Die Führung des Verwahrungs- und des Massenbuchs als Dokumentation des Verwahrungsgeschäfts sei notwendiger Teil der Durchführung dieses notariellen Amtsgeschäfts, so die Karlsruher Richter. Sie diene nicht nur der Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Aufbewahrung fremder Gelder und Wertgegenstände in den Notariaten, sondern solle auch die Kontrolle dieser Amtsgeschäfte durch die Dienstaufsichtsbehörde gewährleisten (Beschl. v. 19.06.2012, Az. 1 BvR 3017/09).

Weisung der Dienstaufsichtsbehörde rechtmäßig

Nach Ansicht des BVerfG war die erteilte Einzelweisung als Mittel der Dienstaufsicht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Für ein Weisungsrecht der Dienstaufsichtsbehörden gegenüber Notaren fehle es zwar an einer ausdrücklichen Regelung im Gesetz. Es genüge jedoch den Anforderungen des Gesetzesvorbehalts des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn den Aufsichtsbehörden im Rahmen ihrer in §§ 92, 93 der Bundesnotarordnung (BNotO) geregelten Aufsichtsbefugnisse ein Weisungsrecht gegenüber Notaren zugebilligt wird.

Das Weisungsrecht zähle zu den typischen Instrumentarien der öffentlichen Aufsicht. Der Mittel und Möglichkeiten der Dienstaufsicht bediene sich der Gesetzgeber auf der Grundlage der §§ 92, 93 BNotO zur Kontrolle notarieller Amtsführung. Es sei daher vertretbar, wenn die Fachgerichte durch Auslegung der §§ 92, 93 BNotO zu dem Ergebnis gelangen, dass ein Weisungsrecht bei den gesetzlich ausdrücklich geregelten Aufsichtsbefugnissen der Justizverwaltung vorausgesetzt wird und in der Gesamtregelung der Dienstaufsicht über Notare angelegt ist.

tko/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BVerfG zur Dokumentation notarieller Verwahrungsgeschäfte: Verfassungsbeschwerde gegen aufsichtsbehördliche Weisung erfolglos . In: Legal Tribune Online, 05.07.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/6544/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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