Gemeinsamer Brief im Streit um Supreme-Court-Posten: US-Jura­pro­fes­soren posi­tio­nieren sich gegen Kava­naugh

04.10.2018

In einem Brief an den US-Senat haben sich über tausend Juraprofessoren aus den USA gegen eine Berufung von Brett Kavanaugh als neuen Richter für das Oberste US-Gericht ausgesprochen und u. a. "Mangel an richterlichem Temperament" kritisiert.

Über 1.000 Juraprofessoren haben den US-Senat aufgerufen, Brett Kavanaugh nicht als neuen Richter für den Supreme Court zu bestätigen. In einem in der New York Times am Mittwoch veröffentlichten Brief schreiben sie, der nach Missbrauchsvorwürfen umstrittene Kandidat von US-Präsident Donald Trump besitze nicht die erforderliche Objektivität und die Unparteilichkeit, um im höchsten Gericht des Landes zu sitzen. Das habe seine Anhörung vor dem Justizausschuss des Senats vergangene Woche gezeigt. Der Brief, der dem Senat am Donnerstag vorgelegt werden solle, sei bereits von 1.000 Professoren unterzeichnet worden, Tendenz steigend.

Der US-Senat soll nach dem Willen des republikanischen Mehrheitsführers Mitch McConnell noch in dieser Woche Kavanaugh als neuen Richter für den Surpreme Court bestätigen. Einen genauen Termin für die Abstimmung gibt es aber noch nicht. Derzeit ermittelt das FBI gegen den Kandidaten. Hintergrund der Ermittlungen sind Vorwürfe von bislang drei Frauen gegen Kavanaugh wegen sexueller Übergriffe sowie versuchter Vergewaltigung während der High-School- und Studienzeit in den 1980er Jahren. Kavanaugh bestreitet die Anschuldigungen.

Juraprofessoren: "Mangel richterlichen Temperaments"

In dem Schreiben der Juraprofessoren heißt es weiter, Kavanaugh habe sich bei der Senatsanhörung am 27. September durch "den Mangel von richterlichem Temperament" für jedwedes Gericht disqualifiziert und damit ganz sicher auch für das höchste Gericht des Landes. Kavanaugh habe den Fragestellern in unmäßiger, aufhetzerischer und parteiischer Art geantwortet. Sicherlich sei das Thema der Anhörung für jeden schmerzhaft gewesen. Aber Kavanaugh habe wiederholt aggressiv auf die Fragesteller reagiert anstatt bei der notwendigen Suche nach Richtigkeit offen zu sein.

Sogar in seinen vorbereiteten Anmerkungen habe er die Anhörung als voreingenommen bezeichnet und sie als kalkulierten und abgestimmten politischen Schlag beschrieben anstatt anzuerkennen, dass der Senat angesichts neuer Informationen versucht habe zu verstehen, was geschehen war. Richter müssten Platz machen, wenn die Gefahr bestünde, dass sie als ungerecht wahrgenommen werden könnten, heißt es in dem Brief weiter.

Währenddessen erwartet der US-Justizausschuss den FBI-Bericht zu den Missbrauchsvorwürfen gegen Kavanaugh. Die Senatoren sollten sich die Ermittlungsergebnisse der US-Bundespolizei am Donnerstagmorgen ansehen, wie der Sender CNN am Mittwoch aus Senatskreisen erfuhr. Auf einen Antrag des republikanischen Mehrheitsführers Mitch McConnell könnte der Senat die Debatte über den umstrittenen Wunschkandidaten von US-Präsident Donald Trump dann bereits am Freitag beenden und am Samstag abstimmen.

Abstimmung im US-Senat schon am Freitag?

McConnell schrieb am Mittwoch auf Twitter, er habe den Antrag zur Beendigung der Senatsdebatte über die Nominierung Kavanaughs eingereicht. Am Freitag solle darüber abgestimmt werden. Den Mitgliedern bleibe genügend Zeit, das zusätzliche Material zu prüfen und darüber informiert zu werden. Damit könnte der Senat, wenn er für ein Ende der Debatte votiert, Kavanaugh schon am Samstag als neuen Richter am Obersten US-Gericht bestätigen. Die Mehrheit von Trumps Republikanern im Senat ist knapp. Jede eigene Stimme wird benötigt, falls die oppositionellen Demokraten geschlossen mit Nein stimmen.

Angesichts des schnellen Vorgehens mehren sich Zweifel an der Gründlichkeit der FBI-Ermittlungen. Acht demokratische Senatoren des Justizausschusses schrieben am Mittwoch in einem Brief an den Ausschussvorsitzenden Chuck Grassley, dass schon frühere FBI-Hintergrundchecks Kavanaughs Hinweise auf mögliches Fehlverhalten des Richters gezeigt hätten.

Sie protestierten damit gegen einen Tweet des Komitees vom Dienstag, in dem es heißt, frühere Prüfungen des Supreme-Court-Kandidaten hätten "keinen Hauch" von Problemen in Verbindung mit sexueller Belästigung oder Alkoholmissbrauch gezeigt. Immer wieder waren in den vergangen Wochen Berichte von Bekannten des Juristen aufgetaucht, in denen von Alkoholexzessen während seiner Schul- und Studienzeit die Rede war.

Vorwurf der versuchten Vergewaltigung steht im Raum

Drei Frauen werfen Kavanaugh sexuelle Belästigung vor. Recherchen der Washington Post zufolge konzentrierten sich die jüngsten FBI-Ermittlungen aber größtenteils auf eine von ihnen: Christine Blasey Ford. Die Psychologieprofessorin wirft Kavanaugh vor, er habe bei einer Schülerparty in Maryland in den 1980er Jahren versucht, sie zu vergewaltigen. Das Blatt konnte nach eigenen Angaben die FBI-Befragung von sechs Zeugen bestätigen. Fünf von ihnen seien zu Blasey Ford befragt worden.

Das FBI habe zwar auch Deborah Ramirez gesprochen, die Kavanaugh sexuelle Belästigung bei einer Party während ihrer gemeinsamen Studienzeit in Yale vorwirft, so die Washington Post. Zahlreiche weitere Zeugen in dem Fall seien aber nicht befragt worden. Das FBI habe zudem offensichtlich weder mit Blasey Ford noch mit Kavanaugh geredet, berichtet die Zeitung unter Berufung auf die Anwälte der Professorin sowie auf die demokratische Senatorin Dianne Feinstein.

Ebenfalls nicht befragt wurde demnach bis zum Mittwochabend Julie Swetnick. Nach eigenen Angaben war sie 1982 bei einer Party, auf der auch Kavanaugh anwesend war, Opfer einer Gruppenvergewaltigung geworden. Kavanaugh bestreitet die Anschuldigungen aller drei Frauen.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Gemeinsamer Brief im Streit um Supreme-Court-Posten: US-Juraprofessoren positionieren sich gegen Kavanaugh . In: Legal Tribune Online, 04.10.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/31297/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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