Berliner Erklärung zu Burka und Doppelpass: "Gebot zum Gesicht zeigen"

19.08.2016

Über Burka-Verbot und doppelte Staatsbürgerschaft hat die Union zuletzt gestritten. Jetzt legen ihre Innenminister einen Kompromiss vor: Kein komplettes Verbot der Vollverschleierung, sondern ein Gebot zum "Gesicht zeigen".

Muslimische Frauen sollen sich nach dem Willen der Unions-Innenminister in Gerichten, Ämtern, Schulen oder im Straßenverkehr nicht mehr voll verschleiern dürfen. "Wir lehnen die Vollverschleierung ab", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag in Berlin. "Gesicht zeigen ist für das Zusammenleben in unserer Gesellschaft konstitutiv." Der Vorstoß ist Teil einer "Berliner Erklärung", in der die Innenminister von CDU und CSU zahlreiche Forderungen aufstellen, von denen sie sich mehr Sicherheit und bessere Integration in Deutschland versprechen.

In ihrem Abschlusspapier fordern die Ressortchefs unter anderem 15.000 zusätzliche Polizisten in Bund und Ländern in den nächsten Jahren, mehr Videoüberwachung, bessere Ausstattung und mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden, eine Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung und andere Gesetzesverschärfungen. "Nicht-deutsche Hassprediger" wollen sie ausweisen, Zwangsehen verhindern, Abschiebungen strenger handhaben und Asylbewerberleistungen kürzen.

Gebot soll da gelten, wo Gesicht zeigen eine Funktion hat

Bei der Aufstellung handelt es sich aber nicht um konkrete Pläne für eine Umsetzung, sondern um eine politische Positionierung der Union. Die Innenminister von CDU und CSU haben allein keine Handhabe, diese Pläne zu verwirklichen. Vor dem Treffen in Berlin hatte der Ruf einzelner Innenminister nach einem generellen Burka-Verbot und dem Abschied von der doppelten Staatsbürgerschaft für Kontroversen gesorgt. Vor allem Wahlkämpfer wie die Innen-Ressortchefs aus Mecklenburg-Vorpommern und Berlin, Lorenz Caffier und Frank Henkel (beide CDU), hatten darauf gepocht. De Maizière dagegen hatte beides in dieser Form abgelehnt.

Nun einigten sich die Minister auf den Ruf nach Verschleierungsverboten in Teilbereichen. Überall dort, wo Gesicht zeigen eine Funktion habe, solle ein entsprechendes Gebot gelten, sagte de Maizière. Dazu gehörten der gesamte öffentliche Dienst, Kindergärten, Schulen, Hochschulen, Gerichtssäle, Melde- und Standesämter, Passkontrollen, Demonstrationen und alle Situationen, in denen Menschen identifizierbar sein müssten.

Auch im Straßenverkehr wollen die Innenminister das Tragen von Burkas und anderer Vollverschleierung untersagen. Es gehe dabei nicht um ein Kopftuch-Verbot, betonte de Maizière. Verstöße sollten als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, sagte Caffier.

Keine komplette Abkehr vom Doppelpass

Die Forderung nach einer kompletten Abkehr von der doppelten Staatsbürgerschaft ist in dem Abschlusspapier der Minister nicht mehr enthalten. Statt dessen heißt es dort lediglich: "Die Vermeidung von Mehrstaatigkeit muss prägender Grundsatz im deutschen Staatsangehörigkeitsrecht bleiben." Ausnahmen davon müssten eng umgrenzt bleiben. Die Unions-Politiker wollen allerdings die jüngste Ausweitung der Doppelpass-Regelungen bis 2019 evaluieren lassen und sich dann neu positionieren.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) mahnte, die Diskussion um die doppelte Staatsbürgerschaft sei eine Misstrauenserklärung gegen die Mehrheit der Doppelpass-Inhaber, die voll hinter dem Grundgesetz stünden. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte, die Debatte über Burka und Doppelpass schüre nur Ängste und lenke von den wirklichen Problemen ab. Den Ruf nach mehr Polizisten unterstützten beide aber.

Linke und Grüne warfen den Unions-Ministern vor, Pseudo-Debatten zu führen und damit der rechtspopulistischen AfD in die Hände zu spielen. FDP-Vize Wolfgang Kubicki kritisierte, die Union dürfe die Themen Sicherheit und Integration nicht vermischen.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Berliner Erklärung zu Burka und Doppelpass: "Gebot zum Gesicht zeigen" . In: Legal Tribune Online, 19.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20344/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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