Sterbehilfe: Wis­sen­schaft­li­cher Dienst zwei­felt an Ent­würfen

26.08.2015

Bei drei der bislang vorgelegten Gesetzentwürfe zur Sterbehilfe hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages einem Zeitungsbericht zufolge verfassungsrechtliche Bedenken.

Der Wissenschafliche Dienst des Bundestages hat drei der bislang vorgelegten Gesetzentwürfe zur umstrittenen Sterbehilfe angezweifelt. Beanstandet worden sei unter anderem auch der Entwurf mit dem bislang größten Zuspruch, berichtete die Zeitung Die Welt (Mittwoch) unter Berufung auf Ausarbeitungen der Bundestagsjuristen.

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte ihre Unterstützung für den Vorschlag der Gruppe um die Abgeordneten Michael Brand (CDU), Kerstin Griese (SPD), Kathrin Vogler (Linke) und Elisabeth Scharfenberg (Grüne) erkennen lassen.

Im konkreten Fall sieht der Wissenschaftliche Dienst dem Bericht zufolge einen möglichen Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes. Denn es werde nicht klar, wie die geplante Unterscheidung zwischen einer verbotenen geschäftsmäßigen Suizidhilfe mit Wiederholungsabsicht und einer erlaubten Sterbehilfe im Einzelfall aus selbstlosen Motiven getroffen werden könne.

Ähnliche Bedenken gebe es auch bei dem Plan einer Gruppe um Renate Künast (Grüne) und Petra Sitte (Linke), die nur die kommerzielle, also gewerbsmäßige Suizidhilfe mit Haftstrafen sanktionieren will. Der Entwurf der Gruppe um Bundestagsvizepräsident Peter Hintze (CDU) stehe ebenfalls in der Kritik. Die Gruppe will einen ärztlich assistierten Suizid ermöglichen, um das nach ihrer Einschätzung schärfere ärztliche Berufsrecht auszuhebeln. Für solche Eingriffe in das den Ländern obliegende Standesrecht fehle dem Bundesgesetzgeber die Kompetenz, so die Juristen laut Welt.

Die Neuregelung der Sterbehilfe ist eines der schwierigsten Gesetzgebungsvorhaben dieser Legislaturperiode. In erster Lesung hatten die Abgeordneten Anfang Juli über die insgesamt vier fraktionsübergreifend erarbeiteten Gesetzentwürfe diskutiert. Der Bundestag will künftig geschäftsmäßige Sterbehilfe von Vereinen oder Einzelpersonen verbieten. Was aber als Beihilfe zur Selbsttötung erlaubt sein soll, ist umstritten.

Update, 26.08.15, 16:40 Uhr: Die für die Entwürfe jeweils verantwortlichen Abgeordneten zeigten sich am Mittwoch wenig beeindruckt von den Zweifeln der Juristen. Brand erklärte: "Wir sind uns nach der Analyse führender Juristen sicher, dass die Autoren des Wissenschaftlichen Dienstes irren und wir uns auf die Verfassungsmäßigkeit unseres sehr sorgfältig und aufwendig erarbeiteten Gesetzentwurfes verlassen können."

Scharfenberg argumentierte: "Nach dem ersten Eindruck vermag mich die Argumentation des Wissenschaftlichen Dienstes nicht zu überzeugen, zumal dieser ja auch keine abschließende Bewertung abgibt - und auch nicht abgeben kann, sondern lediglich gewisse Zweifel zum Ausdruck bringt."

Auch Hintze geht weiter davon aus, dass der von seiner Gruppe vorgelegte Gesetzentwurf verfassungsgemäß ist. "Der Zweck der von uns angestrebten Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch ist die Stärkung der Patientenautonomie", erklärte er. "In vergleichbarer Weise dient auch die Patientenverfügung der Stärkung der Patientenautonomie. Die Patientenverfügung ist ebenfalls im Bürgerlichen Gesetzbuch und somit bundesrechtlich geregelt, obgleich sie das ärztliche Handeln berührt."

Der Bundestag hat Anfang Juli in erster Lesung über die insgesamt vier fraktionsübergreifend erarbeiteten Gesetzentwürfe diskutiert. Im November wird eine Entscheidung erwartet.

dpa/una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Sterbehilfe: Wissenschaftlicher Dienst zweifelt an Entwürfen . In: Legal Tribune Online, 26.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16707/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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