EU-Kommission stoppt Steuerbegünstigungen: Fiat und Star­bucks müssen Mil­lionen nach­zahlen

21.10.2015

Die EU-Kommission hat am Mittwoch verkündet, dass die Steuervorbescheide an Fiat und Starbucks in Luxemburg beziehungsweise den Niederlanden nicht mit Unionsrecht vereinbar sind. Die EU-Staaten sollen nun nachträglich Steuern einfordern.

Die Europäische Kommission hat am Mittwoch in einem Beschluss festgestellt, dass Luxemburg und die Niederlande Fiat respektive Starbucks selektive Steuervorteile gewährt haben, die nicht mit dem EU-Beihilferecht vereinbar sind. Nach Untersuchungen, die im Juni 2014 eingeleitet wurden, ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass Luxemburg der Finanzierungsgesellschaft Fiat Finance and Trade und die Niederlande der Kaffeerösterei der Starbucks-Gruppe einen Wettbewerbsvorteil verschafft haben.

Die Steuerlast der Unternehmen sei durch von den jeweiligen nationalen Steuerbehörden erteilte Steuervorbescheide künstlich verringert worden. Die Erstellung von Steuervorbescheiden ist im Grundsatz allerdings weder unüblich noch unerlaubt: Sie geben den betroffenen Unternehmen Klarheit über die Berechnung der von ihnen zu entrichtenden Körperschaftsteuer bzw. die Anwendung bestimmter Steuervorschriften.

In den beiden Steuervorbescheiden an Fiat und Starbucks wurde den Unternehmen jedoch die Anwendung eines bestimmten, komplexen Gewinnermittlungsverfahrens zugebilligt, welches nach Ansicht der Kommission an der wirtschaftlichen Realität vorbei geht. So wurden etwa für Waren und Dienstleistungen, die ein Unternehmen von einem anderen Unternehmen desselben Konzerns eingekauft hatte, Verrechnungspreise weit abseits der üblichen Marktpreise angesetzt.

Gewinnermittlungsmethode unionsrechtswidrig

Nach den EU-Behilfevorschriften ist das rechtswidrig. Bei Steuervorbescheiden dürfen keine artifiziell komplexen Methoden verwendet werden, um wirtschaftlich nicht gerechtfertigte Verrechnungspreise festzulegen. 

Auf diesem Wege wurde der Großteil der Gewinne der Starbucks-Kaffeerösterei ins Ausland verlagert, wo sie ebenfalls nicht besteuert wurden. Die Finanzierungsgesellschaft von Fiat zahlte ebenfalls nur auf zu niedrig angesetzte Gewinne Steuern. Dies führt nach Ansicht der Kommission zu einem unfairen Wettbewerbsvorteil für Starbucks und Fiat gegenüber Konkurrenzunternehmen, die auf der Grundlage ihrer tatsächlichen Gewinne besteuert werden.

Die EU-Kommission hat daher angeordnet, dass Luxemburg und die Niederlande die nicht entrichteten Steuern einfordern müssen, um den unfairen Wettbewerbsvorteil zu beseitigen. Jedes der beiden Unternehmen muss rund 20 bis 30 Millionen Euro nachzahlen.

"Dies könnte erst der Auftakt gewesen sein"

Sowohl Luxemburg als auch die Niederlande wurden angewiesen, die von Fiat und Starbucks nicht entrichtete Steuer einzufordern. Die EU-Kommissarin für Wettbewerbspolitik, Margrethe Vestager, erklärte: "Steuervorbescheide, die die Steuerlast eines Unternehmens künstlich verringern, stehen nicht mit den EU-Beihilfevorschriften im Einklang. Sie sind illegal. Ich hoffe, dass diese Botschaft durch die heutigen Beschlüsse bei den Regierungen der Mitgliedstaaten und den Unternehmen Gehör findet. Alle Unternehmen, kleine wie große, multinational oder auch nicht, müssen ihren gerechten Anteil an den Steuern zahlen."

Falk Schöning, spezialisiert auf das EU-Beihilferecht bei der Kanzlei Hogan Lovells in Brüssel, sieht das Ganze kritischer. Er glaubt, dass die Entscheidung vom Mittwoch auf Widerstand in den Unternehmen und Mitgliedsstaaten treffen könnte: "Es ist zu befürchten, dass dies erst der Auftakt war. Es gibt zahlreiche Unternehmen, die ähnliche Verständigungen mit den Finanzbehörden getroffen haben. Nun ist klar, dass die EU-Kommission gewillt ist, ihre neuen Ermittlungsbefugnisse im Beihilfebereich voll auszureizen. Die Einschätzung der Kommission, dass die verbindliche Festlegung von Steuerfolgen durch die Behörden nicht mit den EU-Beihilfevorschriften in Einklang stünde, werden die Unternehmen sicher nicht klaglos hinnehmen. Ich gehe davon aus, dass die europäischen Gerichte über diese Entscheidungen der EU-Kommission urteilen werden. Klagen könnten nicht nur die Unternehmen, sondern auch die betroffenen Mitgliedstaaten." 

ms/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EU-Kommission stoppt Steuerbegünstigungen: Fiat und Starbucks müssen Millionen nachzahlen . In: Legal Tribune Online, 21.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17294/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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