SG Berlin verneint Sozialhilfeanspruch neben "BaföG-Leistung": Aus­zu­bil­dende müssen sich etwas hin­zu­ver­dienen

01.08.2018

Neben Leistungen nach dem BaföG haben Auszubildende grundsätzlich keinen Anspruch auf ergänzende Sozialhilfe. Einen angemessenen Lebensunterhalt könnten sie sich mit der Untervermietung ihrer Couch verdienen, so das SG Berlin.

Auszubildende haben neben Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG) grundsätzlich keinen ergänzenden Sozialhilfeanspruch. Ein Auszubildender könne sich durch die Untervermietung seiner Couch oder des Balkons Geld hinzuverdienen. Das reiche dann für eine angemessene Lebensführung, so das Sozialgericht (SG) Berlin (Beschl. v. 26.06.2018, Az. S 95 AY 91/18 ER).

Der Entscheidung zugrunde liegt ein Antrag auf Sozialhilfe eines zur Duldung berechtigten Ausländers, der eine schulische Ausbildung absolviert. Zur Finanzierung von Lebensunterhalt und Ausbildung erhält der 23-jährige nach dem BaföG monatlich 504 Euro vom Staat - dabei handelt es sich um den normierten Bedarfssatz für Auszubildende, die nicht bei ihren Eltern wohnen.

Weil ihm abzüglich seiner Mietzahlungen in Höhe von 325,11 Euro im Monat nicht einmal 200 Euro verbleiben, hat er ergänzend Sozialhilfe beantragt. Nachdem das Sozialamt seinen Antrag abgelehnt hat, hat der sich der Auszubildende im einstweiligen Rechtsschutz an die Justiz gewandt.

Hinzuverdienen- auch ohne Arbeitserlaubnis?

Das SG Berlin hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung allerdings abgelehnt. Neben den Leistungen nach dem BaföG stünden Auszubildenden nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) XII grundsätzlich keine ergänzenden Sozialansprüche zu. Der Ausnahmetatbestand für einen atypischen besonderen Härtefall liege nicht vor, entschied die Kammer.

Der Gesetzgeber habe bewusst die Sozialhilfe von den finanziellen Lasten einer Ausbildungsförderung getrennt. Deswegen seien wirtschaftliche Gründe – insbesondere mangels ergänzendem Sozialleistungsbezug – gerade nicht geeignet einen besonderen Härtefall nach §§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB XII zu begründen.

Die Leistungen nach dem BaföG sollen nämlich nicht alleine für einen angemessenen Lebensunterhalt sorgen. Der Gesetzgeber geht vielmehr davon aus, dass die Auszubildenden durch andere Geldquellen – wie zum Beispiel elterliche Unterstützung, Ersparnisse oder Einnahmen aus einem Nebenjob – ihren Lebensunterhalt finanzieren können.

Auch wenn der geduldete 23-jährige alleine nach Deutschland gekommen ist und für die Dauer seiner Duldung keine Arbeitserlaubnis hat, liege gerade kein atypischer Härtefall vor, sondern es handle sich lediglich um den Fall, den der Gesetzgeber vor Augen hatte und in Kauf genommen hat, so das SG Berlin.

Untervermietung eines Schlafplatzes sei keinesfalls "unzumutbar"

Der Berufsschüler könne sich nach Auffassung des Berliner Gerichts schließlich auch Geld mit der Untervermietung seiner Wohnung hinzuverdienen. Diese möge mit 28,25 Quadratmetern nicht besonders groß sein, jedoch sei es bei Studenten oder Auszubildenden in Großstädten keinesfalls unüblich, selbst in engsten Verhältnissen mit mehreren Personen zu wohnen.

Vorschläge hatte die Kammer für den Auszubildenden auch direkt parat. In Zeitungsberichten und bei Ebay-Kleinanzeigen hätte das Gericht Schlafplatzangebote auf der Coach oder in einem Zelt auf dem Küchenbalkon einer Studenten-WG gefunden. Ersteres wurde in zentrale Lage von Berlin tageweise für 39 Euro angeboten. Die Studenten hätten ihren Balkon für monatlich 260 Euro inseriert.

Eine dauerhafte Untervermietung eines Schlafplatzes, mit der Mitbenutzung von Küche und Bad, sollte in der besonders nachgefragten zentralen Lage Berlins – wie hier in Schöneberg – daher im Bereich von 150-250 Euro im Monat möglich sein, heißt es in dem Gerichtsbeschluss. So könnte der Schüler einen signifikanten Betrag realisieren, der ergänzt zur BaföG-Leistung und bei sparsamer Lebensführung den Bedarf decke, so das SG Berlin. Eine solche Lösung erscheine sogar "naheliegend und keinesfalls unzumutbar".

mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

SG Berlin verneint Sozialhilfeanspruch neben "BaföG-Leistung": Auszubildende müssen sich etwas hinzuverdienen . In: Legal Tribune Online, 01.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30105/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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