Gewalt- und Unfallopfer: Eigener Ent­schä­d­i­gungs­an­spruch für Hin­ter­b­lie­bene

06.01.2017

Hinterbliebene von Gewalt- und Unfallopfern in Deutschland sollen einen Entschädigungsanspruch für das ihnen zugefügte seelische Leid bekommen. Die Höhe soll im Ermessen des Richters liegen. Das geht aus einem Referentenentwurf des BMJV hervor.

Das geplante Schmerzensgeld für Hinterbliebene von Gewalt- und Unfallopfern in Deutschland nimmt Gestalt an. Hinterbliebene sollen künftig im Sinne einer Anerkennung ihres seelischen Leids wegen der Tötung eines ihnen besonders nahestehenden Menschen von dem hierfür Verantwortlichen eine angemessene Entschädigung verlangen können.

Dieser Anspruch soll sowohl bei der Verschuldens- als auch bei der Gefährdungshaftung gewährt werden, seine Höhe soll im Ermessen des Richters liegen, wie das Justizministerium in Schwerin am Freitag unter Berufung auf einen Referentenentwurf aus dem Bundesjustizministerium (BMJV) mitteilte.

Nach dem Gesetzentwurf mit Stand vom 23. Dezember haben nahe Angehörige - anders als in einigen anderen europäischen Ländern - nach ständiger Rechtsprechung nur dann einen Schmerzensgeldanspruch gegen den Verantwortlichen, wenn sie eine eigene Gesundheitsschädigung im Sinne des § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erleiden. Dafür müssen psychische Beeinträchtigungen wie empfundene Trauer und Schmerz medizinisch fassbar sein und über die gewöhnlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen in solchen Situation hinausgehen (Schockschaden). Dies soll sich nun ändern.

Entschädigung für seelisches Leid

Eine Reform dieser Rechtslage hatten Union und SPD bereits 2013 im Koalitionsvertrag vereinbart. Darin heißt es: "Menschen, die einen nahen Angehörigen durch Verschulden eines Dritten verloren haben, räumen wir als Zeichen der Anerkennung ihres seelischen Leids einen eigenständigen Schmerzensgeldanspruch ein."

Mecklenburg-Vorpommerns Ressortchefin Katy Hoffmeister (CDU) begrüßte am Freitag den Entwurf, der gut ein Jahr nach einer entsprechenden Forderung der Justizministerkonferenz vom November 2015 vorgelegt worden sei. Er erfülle Forderungen, die sie nachdrücklich unterstütze, sagte sie. "Wenn Menschen einen nahen Angehörigen verloren haben, sollte ihr seelisches Leid anerkannt werden." Das Gesetz soll den Plänen zufolge bis zur Bundestagswahl verabschiedet werden.

Die Diskussion um einen gesetzlichen Anspruch auf Schmerzensgeld für Hinterbliebene hatte nach dem Absturz der Germanwings-Maschine vor knapp zwei Jahren begonnen. Am 24. März 2015 hatte ein Germanwings-Copilot einen Airbus A320 auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf absichtlich zum Absturz gebracht, als er allein im Cockpit war. Alle 150 Menschen an Bord starben in den französischen Alpen.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Gewalt- und Unfallopfer: Eigener Entschädigungsanspruch für Hinterbliebene . In: Legal Tribune Online, 06.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21683/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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