EuGH-Generalanwalt zu versagtem Studienvisum: "Öff­ent­liche Sicher­heit" darf weit aus­ge­legt werden

29.11.2016

Stellt eine iranische Studentin, die im Bereich IT-Sicherheit promovieren will, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar? Ja, fanden die Behörden, die ihr kein Visum erteilten. Der Generalanwalt am EuGH hat dafür Verständnis.

Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) hat seine Schlussanträge zu der Frage vorgelegt, unter welchen Umständen Drittstaatsangehörigen ein Studienvisum aus Gründen der öffentlichen Sicherheit versagt werden kann. Geklagt hatte eine iranische Studentin, die ein Promotionsstudium im  Bereich IT-Sicherheit in Deutschland aufnehmen wollte.

Zuvor studierte  sie Informationstechnologie an der Sharif University of Technology (SUT) in Teheran. Die auf Technik, Ingenieurwissenschaften und Physik spezialisierte Universität bietet unter anderem vom iranischen Wirtschafts- und Verteidigungsministerium konzipierte Studiengänge an. Sie gilt als regimenahe und soll die Regierung im militärisch relevanten Bereich unterstützen.

Die deutsche Botschaft in Teheran lehnte ihren Visaantrag deswegen ab. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin ihr in Deutschland in einem kritischen Forschungsbereich erworbenes Wissen missbräuchlich verwende, etwa für militärische, nachrichtendienstliche oder repressive Zwecke.

Keine Einwände gegen deutsche Subsumtion

Der Fall beschäftigte zunächst das Verwaltungsgericht (VG) Berlin. Das VG hatte Zweifel, ob die Bundesrepublik Deutschland die Studentin aus diesen Gründen als eine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit im Sinne der sog. Europäischen Studentenrichtlinie (Rli. 2004/114/EG) betrachten durfte und legte den Fall dem EuGH vor.

Angesichts der weiten Auslegung des Begriffs "öffentliche Sicherheit" in der Rechtsprechung des EuGH hatte Generalanwalt Maciej Szpunar in seinen am Dienstag gestellten Schlussanträge keine Einwände gegen eine Subsumtion der deutschen Bedenken unter den Begriff "öffentliche Sicherheit". Die hauptsächliche Sorge der deutschen Behörden sei es, dass die Studentin ihr Wissen für militärische Zwecke weitergeben werde, sobald sie zurück in Iran sei.

Sicherheitsaspekte im Rahmen der internationalen und auswärtigen Beziehungen eines Mitgliedstaats sollten dabei unter "öffentliche Sicherheit" fallen, so Szpunar. Zudem hätten die deutschen Behörden bei der Frage, ob die Iranerin als Bedrohung für die öffentliche Sicherheit im Sinne der Richtlinie zu betrachten ist, ihren Beurteilungsspielraum nicht überschritten.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH-Generalanwalt zu versagtem Studienvisum: "Öffentliche Sicherheit" darf weit ausgelegt werden . In: Legal Tribune Online, 29.11.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21289/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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