Nach Äußerungen von Harald Range: Bloß keine Staatsaffäre

von Pia Lorenz

04.08.2015

Nachdem Harald Range das Justizministerium am Dienstagmorgen scharf wegen dessen Einflussnahme kritisiert hatte, warten alle auf eine Reaktion des Justizministers. Bislang hat dessen Pressestelle eine Weisung noch nicht bestätigt.

Generalbundesanwalt Harald Range hatte zuvor am Dienstagmorgen in einer Pressekonferenz geäußert, dass er das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten auf Weisung des Justizministeriums "gestoppt" habe, nachdem der Gutachter zum vorläufigen Ergebnis gelangt sei, dass netzpolitik.org Staatsgeheimnisse veröffentlicht hätte. Der 67-Jährige, sonst eher als zu zurückhaltend kritisiert, nannte dies öffentlich einen "unerträglichen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz."

Auch der Deutsche Richterbund (DRB) kritisierte eine Einflussnahme. "Es ist nicht hinnehmbar, wenn der Bundesjustizminister direkt in der Sache Einfluss genommen hat, nur weil ihm ein mögliches Ergebnis der Ermittlungen politisch nicht opportun erscheint", sagte Christoph Frank vom DRB in Berlin. Das Vorgehen von Maas diskreditiere die Arbeit der Staatsanwaltschaft und untergrabe das Vertrauen der Öffentlichkeit in eine objektive Strafverfolgung. Während Spiegel Online meldet, dass angeblich erheblicher Druck auf den Generalbundesanwalt ausgeübt worden sei, wollte das Bundesjustizministerium auf Nachfrage der LTO nicht einmal die Existenz einer offiziellen Weisung bestätigen.

Staatsrechtler Joachim Wieland erklärte die Kritik hingegen gegenüber der Deutschen Presseagentur für ungerechtfertigt: "Anders als Richter unterliegt Range als Staatsanwalt nun mal Weisungen", sagte er am Dienstag. Er gibt damit schlicht geltendes Recht wieder. Das Weisungsrecht des Vorgesetzten gilt auch für den Generalbundesanwalt. Dieser untersteht gemäß § 147 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) der "Aufsicht und Leitung" des Bundesjustizministers.

Weisungsgebundenheit und ihre Grenzen

Es liegt auf der Hand, dass mit diesem externen Weisungsrecht der Justizverwaltung politische Einflussnahme auf die staatsanwaltliche Arbeit möglich ist. Die Weisungsgebundenheit der Staatsanwaltschaft war seit jeher umstritten.

Seit langem fordern nicht nur der DRB und die Neue Richtervereinigung, dass Staatsanwälte ebenso unabhängig werden sollten wie ihre Kollegen auf den Richterbänken. Das Thema war häufig Gegenstand von Fachtagungen, u.a. im Jahr 2013 auch auf der Justizministerkonferenz. Durchgesetzt haben die Verfechter der staatsanwaltlichen Unabhängigkeit von der Politik sich bislang mit ihren Forderungen nicht; öffentlichkeitswirksam sorgte dies etwa im Fall Gustav Mollath für Diskussionen.

Die Weisung des Dienstvorgesetzten an einen Staatsanwalt bedarf keiner besonderen Form, sie kann auch mündlich erteilt werden. Beschränkt wird das Weisungsrecht des Vorgesetzten durch geltendes Recht, grundlegend aber durch Rechtsstaats- und Legalitätsprinzip, welche Ermittlungen gegen Unverdächtige ebenso wie Nichtermittlungen gegen Verdächtige untersagen. Eine Entscheidung, die, vom Staatsanwalt selbst getroffen, rechtswidrig wären, darf auch nicht als Weisung ergehen.

Die Entscheidung des Justizministers, wie er auf Ranges Kampfansage reagieren wird, ist eine politische, keine juristische. Die Justizaffäre soll sich nicht zur Staatsaffäre auswachsen. Heiko Maas weilt derzeit eigentlich im Urlaub, im Ministerium berät man seit Stunden hinter verschlossenen Türen über das weitere Vorgehen. Vom Bundesamt für Verfassungsschutz, dessen Chef Hans-Georg Maaßen mit seiner Anzeige die Ermittlungen initiierte, hört man derweil ebensowenig wie vom Innenministerium, dessen Leiter Thomas de Maizière von den Ermittlungen nichts gewusst haben will. 

Mit Materialien von dpa

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Nach Äußerungen von Harald Range: Bloß keine Staatsaffäre . In: Legal Tribune Online, 04.08.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16489/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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