OLG Hamm zum Vermummungsverbot: Fuß­ball­spiel endet nicht mit dem Abp­fiff

05.10.2017

Der Parkplatz am Fußballstadion gehört zum Gelände. Wer sich als Fan in diesem Bereich vermummt, nimmt noch an der Veranstaltung teil und kann gegen das Versammlungsgesetz verstoßen, entschied das OLG Hamm. 

Wer sich nach dem Ende eines Fußballspiels noch auf dem Stadiongelände vermummt, kann wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot zu bestrafen sein. Das entschied der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm, wie jetzt bekannt wurde (Beschl. v 07.09.2017, Az. 4 RVs 97/17).

Ein Stuttgarter besuchte im Mai 2015 als Auswärtsfan das Bundesligaspiel seines Vereins gegen den SC Paderborn. Es war ein heißes Spiel, es ging um den Klassenerhalt in der 1. Bundesliga. Die Stuttgarter retteten sich, die Paderborner stiegen ab.

Nach dem Abpfiff und dem Verlassen des Stadions hielt sich der 21-Jährige noch auf dem zum Stadiongelände gehörenden Gästeparkplatz bei den dort geparkten Bussen auf. Hier kam es aus einer Gruppe der auf dem Parkplatz anwesenden Anhänger des VfB Stuttgart heraus zu einem Tumult.  Pyrotechnik wurde gezündet. Eingesetzte Beamte forderten die Anhänger auf, sich ruhig zu verhalten, zu den Bussen zu begeben und in diese einzusteigen. Zudem beabsichtigten die Beamten, die Personalien einzelner Anhänger festzustellen.

Ärger am Gästeparkplatz

Der Stuttgarter sei bereits in einen der Busse eingestiegen, doch habe sich einen roten Schal bzw. eine Sturmhaube über das Gesicht gezogen, als er den Tumult bemerkt habe. Nur noch die Augen des Mannes seien zu erkennen gewesen, stellte das Gericht fest. Zudem habe er die Kapuze seines Sweatshirts und auch die Kapuze seiner Jacke tief ins Gesicht gezogen. So habe er die Identifizierung seiner Person verhindern wollen.

Er sei aus dem Bus gestiegen und der Aufforderung der Polizisten, wieder in den Bus einzusteigen, nicht gefolgt. Vielmehr habe er die Polizeibeamten angeschrien und von außen aggressiv mit der flachen Hand kräftig gegen den Bus geschlagen. Andere Anhänger des VfB Stuttgart hätten ihn nach kurzer Zeit in den Bus zurückdrängen können. Die Identität des Angeklagten habe später durch eine Auswertung eines von dem Vorfall aufgezeichneten Videos festgestellt werden können.

Schon das Amtsgericht (AG) Paderborn beurteilte dieses Verhalten als vorsätzlichen Verstoß gegen das Vermummungsverbot nach §§ 27 Abs. 2 Nr. 2, 17a Abs. 2 Nr. 1 Versammlungsgesetz (VersammlungsG, Urt. v. 14.09.2016, Az. Az. 72 Cs 757/15). Das LG Paderborn folgte dieser Beurteilung (Urt. v. 27.03.2017, Az. 3 Ns 20 Js 525/15 (181/16)).

Abpfiff beendet nicht die Veranstaltung

Auch das OLG Hamm sieht das nun so. Fußballspiele fielen als Veranstaltungen unter freiem Himmel unter das Versammlungsgesetz. Als er sich vermummte, sei der 21-Jährige auch noch auf der Veranstaltung gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass das Fußballspiel zum Zeitpunkt des Vorfalls bereits abgepfiffen gewesen sei und der Angeklagte das Stadioninnere bereits verlassen habe.

Solange er sich im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem zuvor besuchten Spiel noch auf dem Stadiongelände selbst befunden habe, um ein ihm dort zur Verfügung stehendes Mittel zum Abtransport zu nutzen, habe er noch an der Veranstaltung teilgenommen.

Die Veranstaltung sei öffentlich gewesen, weil grundsätzlich jeder eine Eintrittskarte habe erwerben und die Veranstaltung habe besuchen können. Die Vermummung des Angeklagten sei zudem geeignet und darauf ausgerichtet gewesen, die Feststellung seiner Identität zu beeinträchtigen.

tap/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Hamm zum Vermummungsverbot: Fußballspiel endet nicht mit dem Abpfiff . In: Legal Tribune Online, 05.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24851/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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