Peinliche Posse im NSU-Prozess: Neben­klä­gerin soll gar nicht exis­tieren

02.10.2015

Im NSU-Prozess ist eine Frau als Opfer und Nebenklägerin zugelassen, die "nach aktuellem Kenntnisstand gar nicht existent sein dürfte". Das hat einer der Nebenklage-Anwälte am Freitag über seinen eigenen Anwalt mitteilen lassen.

Rechtsanwalt Ralph W. hat im Münchener NSU-Prozess offenbar eine gar nicht existierende Nebenklägerin vertreten – und das seit Beginn des NSU-Prozesses im Mai 2013. W. lässt sich in dieser Sache von seinem eigenen Anwalt vertreten. Dieser teilte mit, W. sei von einem anderen vermeintlichen Opfer des Bombenanschlags an der Kölner Keupstraße im Jahr 2004 getäuscht worden. Dieser Mann habe vorgegeben, die Frau zu kennen, und habe W. auch ein Foto von ihr gezeigt. "Zufällig" habe sich jetzt aber herausgestellt, dass dieser Mann dasselbe Foto auch einem anderen Anwalt gezeigt und mit einer anderen Identität versehen habe. In der Mitteilung ist von "betrügerischen Machenschaften" dieses Mannes die Rede.

Der Mitteilung zufolge räumt W. ein, dem Mann eine Provision für die Vermittlung des Mandats der Frau gezahlt zu haben. Weder der Mann noch der andere Anwalt, dem das Bild gezeigt worden war, waren nach Angaben der Deutschen Presseagentur* für eine Stellungnahme zu den Vorwürfen bisher zu erreichen.

Spiegel online berichtet indes, W. habe sein Mandat mit sofortiger Wirkung niedergelegt und das Oberlandesgericht München um seine Entbindung als Nebenklagevertreter im NSU-Verfahren gebeten. Er habe zudem Strafanzeige gegen den vermeintlich betrügenden Mann bei der Staatsanwaltschaft Köln erstattet.

Die Affäre war in dieser Woche vom Vorsitzenden Richter Manfred Götzl ins Rollen gebracht worden. Götzl hatte W. aufgefordert, zu klären, wo sich seine Mandantin aufhält. Er habe mehrmals vergeblich versucht, sie als Zeugin zum Prozess zu laden.

dpa/mbr/LTO-Redaktion

* Anm. d. Red.: Der Klarheit halber eingefügt am Tag der Veröffentlichung, 17:13 Uhr.

Zitiervorschlag

Peinliche Posse im NSU-Prozess: Nebenklägerin soll gar nicht existieren . In: Legal Tribune Online, 02.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17089/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen