LG Tübingen zu öffentlichen Krankenhäusern: Besondere Daseinsfürsorge rechtfertigt Subventionen

23.12.2013

Öffentliche Krankenhäuser können bei klammen Kassen auf staatliche Subventionen hoffen, der privaten Konkurrenz bleiben solche Leistungen versagt. Darin sieht der Bundesverband Deutscher Privatkliniken eine Wettbewerbsverzerrung und hat in einem Musterverfahren den Kreis Calw verklagt. Vor dem LG Tübingen blieb der Verband nun jedoch erfolglos.

Städte und Kreise dürfen ihren finanziell klammen Krankenhäusern weiter mit Zuschüssen unter die Arme greifen. Das Landgericht (LG) Tübingen hatte in einem am Montag veröffentlichten Urteil keine Einwände gegen diese bundesweit bei Hunderten Kliniken üblichen Subventionen (Az. 5 O 72/13). Damit ist eine Musterklage der privaten Klinikbetreiber in erster Instanz gescheitert. Hätten die Richter anders entschieden, hätte das nach Einschätzung von Experten weitreichende Folgen für die Krankenhausfinanzierung in Deutschland gehabt. Das LG hatte jedoch schon vergangenen Monat angedeutet, dass es die Klage für unbegründet hält.

Der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK) hat in dem Musterverfahren den Kreis Calw verklagt. Es geht um die weit verbreitete Praxis, dass Kommunen ihren Krankenhäusern bei Verlusten Zuschüsse aus Steuergeldern überweisen. Die privaten Kliniken, die ohne solche Hilfen auskommen müssen, sehen sich dadurch benachteiligt und pochen auf die strengen EU-Wettbewerbsregeln.

Privater Betreiber kann sich von unrentablen Häusern trennen, Kreis nicht

Doch die 5. Zivilkammer in Tübingen sah in den Subventionen keinen Verstoß gegen europäisches Wettbewerbsrecht. Kommunale Krankenhäuser seien ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, heißt es in dem Urteil. Der Kreis sei zum Wohle seiner Bürger verpflichtet, die Kliniken zu betreiben. Anders als ein privater Betreiber könne er sich von einem unrentablen Krankenhaus nicht trennen. Dadurch würden die kommunalen Kliniken zu einer besonderen Leistung der staatlichen Daseinsfürsorge und müssten laut EU-Recht nicht den Kräften des freien Marktes überlassen werden. Deshalb handele es sich bei staatlichen Zuschüssen in diesem Fall nicht um eine verbotene Wettbewerbsverzerrung, so die Richter.

Der Interessenverband Kommunaler Krankenhäuser (IVKK) begrüßte das Urteil. "Krankenhäuser sind keine gewöhnlichen Wirtschaftsunternehmen. Sie erfüllen einen Auftrag, der ihnen gesetzlich auferlegt ist", sagte Verbandschef Bernhard Ziegler. Der Calwer Landrat Helmut Riegger (CDU), der in dem Musterprozess die Interessen von Hunderten Kliniken in Deutschland vertritt, sagte, die Privatkliniken seien "auf der ganzen Linie gescheitert, die deutsche Krankenhausfinanzierung aus den Angeln zu heben".

Der unterlegene Verband der Privatkliniken zeigte sich enttäuscht. "Wir halten an unserer Rechtsauffassung fest und sehen in den Subventionen rechtswidrige Beihilfen, die den Wettbewerb verzerren", sagte Hauptgeschäftsführer Thomas Bublitz. Ob der Verband weitere rechtliche Schritte einleiten wird, wollte er noch nicht sagen. Der Vorsitzende Richter in dem Tübinger Prozess hatte allerdings gesagt, aus den Schriftsätzen gehe hervor, dass den Privatkliniken an einem grundsätzlichen Urteil in höchster Instanz gelegen sei. Eine letztendliche Klärung der im Detail komplexen Materie wird wohl erst der Europäische Gerichtshof bringen können.

dpa/cvl/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LG Tübingen zu öffentlichen Krankenhäusern: Besondere Daseinsfürsorge rechtfertigt Subventionen . In: Legal Tribune Online, 23.12.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10468/ (abgerufen am: 18.04.2024 )

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