Sommerurlaub vor Gericht: Fünf Frank­furter Fälle

01.07.2019

Die Urlaubszeit ist die schönste Zeit des Jahres - jedenfalls für die meisten. Pünktlich zum Beginn der Sommerferien hat das LG Frankfurt fünf Fälle seiner "Reiserechtskammer" vorgestellt - vom Klassiker bis zum Exoten ist alles dabei.

Sommerzeit, Urlaubszeit. In vielen Bundesländern beginnen bald die Sommerferien und damit geht es für viele nun ab in den verdienten Jahresurlaub. Doch was eigentlich der Erholung und Entspannung dienen sollte, sorgt leider nicht selten für Frust und Ärger, denn auch in der eigentlich schönsten Zeit des Jahres kann viel schief gehen.

Die spezialisierte "Reiserechtskammer" des Landgerichts (LG) Frankfurt a. M. hat daher zu Beginn der Urlaubssaison ein paar entsprechend relevante Entscheidungen aus diesem Jahr zusammengetragen.

Urlaub auf der Baustelle

Ein Strand- und Golfhotel in Florida, morgens um 6.30 Uhr. Die Sonne lugt zwischen den Vorhängen ins Hotelzimmer hinein, draußen zwitschern die Vögel. Es könnte eine wunderbare Urlaubsidylle sein. Doch plötzlich zerreißt der penetrante Lärm von Presselufthämmern, Baggern und anderen Baufahrzeugen die lauwarme Morgenluft. So in etwa muss man sich wohl das Urlaubserlebnis eines Mannes und seiner Mitreisenden vorstellen, denen das LG Frankfurt erst im Mai eine umfangreiche Rückzahlung zusprach (Urt. v. 22.05.2019, Az.: 2-24 O 106/17).

Die Gruppe hatte einen 15-tägigen Aufenthalt in einem Beach- und Golfclub im Südosten der USA gebucht, doch leider befand sich in nur 15 Metern Luftlinie von ihren Zimmern entfernt eine Großbaustelle, die an jedem Tag außer sonntags von etwa 6.30 bis 22 Uhr ihrem geräuschvollen Betrieb nachging. Der Reiseveranstalter hatte die Urlauber vor Antritt nicht auf diesen Umstand hingewiesen. Verärgert wandte sich der zahlende Mann an das LG und forderte 50 Prozent des Reisepreises wegen des Baustellenlärms, weitere fünf Prozent wegen teilweise verunreinigten Leitungswassers und eine weitere Minderung von zehn Prozent, weil der Reiseveranstalter sie nicht über die Großbaustelle informiert hatte, zurück.

Das LG gab ihm Recht: Der Reiseveranstalter hätte die Pflicht gehabt, über die Baustelle zu informieren, so die Kammer, da die Urlauber sich anderenfalls womöglich überlegt hätten, die Reise überhaupt anzutreten. Zudem sprach sie dem Kläger auch eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit zu, da der Lärm den Urlaub massiv beeinträchtigt habe.

Im Luxusresort darf man ausschlafen

Ärgerliche Lärmbelästigung droht auch an paradiesischen Sandstränden, wie der folgende Fall zeigt. Ein Mann hatte für sich und seine Familie einen wahren Traumurlaub in einem "5-Sterne-Luxus-Resort" gebucht. Weiße Strände, türkises Meer und selbst die Ankunft an der eigenen Strandvilla war spektakulär: Mit einem Wasserflugzeug wurden die Urlauber eigens dorthin befördert. Dumm nur, dass jeden Tag neue Gäste ankamen und der Strandabschnitt, an dem die Villa der Familie stand, als Landezone diente. Bei einsetzendem Fluglärm morgens um sechs Uhr war an Schlaf nicht mehr zu denken und zu allem Überfluss konnte der Strand deshalb auch nicht zum Baden genutzt werden. Abseits des gesperrten Strandes konnte man dann nicht einmal die E-Mails checken, da dort das Villa-WLAN nicht funktionierte.

Wie viel der Kläger für den Urlaub bezahlt hatte, ist nicht überliefert, aber von einem 5-Sterne-Luxus-Resort hatte er sich offenbar etwas anderes erwartet. Der Reiseveranstalter war unterdessen nicht sonderlich hilfsbereit und bot eine alternative Unterkunft nur gegen eine Storno-Gebühr von 100 Prozent an. Verärgert suchte man sich sodann auf eigene Faust eine andere Unterkunft, um den Urlaub noch zu retten. Wieder daheim verklagte der Mann den Reiseveranstalter, weil dieser keine Minderung akzeptieren wollte.

Das LG Frankfurt sprach ihm eine Minderung des Reisepreises in Höhe von 50 Prozent zu (Urt. v. 22.5.2019, Az. 2-24 O 149/18). Die Urlauber hätten, obwohl sie mit dem Wasserflugzeug hin transportiert werden sollten, nicht damit rechnen müssen, dass dort derartiger Lärm verursacht und noch dazu der Strand gesperrt würde. Zudem merkte die Kammer noch an, dass zwar nicht nur, aber vor allem in einem "5-Sterne-Luxus-Resort" den Gästen zugestanden werden müsse, länger als bis 6.00 Uhr schlafen zu können.

Zudem setzte das Gericht noch eine 15-prozentige Minderung wegen des mangelhaften WLANs sowie Erstattung der Mehrkosten für die alternative Unterbringung und eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit während der betroffenen Reisetage fest. Zusätzlich durfte sich der klagende Mann über eine 100-prozentige Minderung des Reisepreises für den Tag des Umzuges in die andere Unterkunft freuen.

Kein Recht auf Urlaubsfotos

Die Generation Instagram hält ihren Urlaub natürlich gerne mit der Kamera fest, zumeist mit der Handykamera. Doch auch und gerade echte Hobbyfotografen legen Wert darauf, schöne Bilder mitzubringen. Ein Recht auf Urlaubsfotos hat man aber nicht, stellte das LG Frankfurt fest (Urt. v. 19.6.2019, Az. 2-24 O 20/19).

Eine Ehepaar hatte eine Rundreise durch Madagaskar gebucht und die Frau extra zu diesem Anlass ihre Fotoausrüstung eingepackt. Ein Teil der Ausrüstung befand sich in ihrem Koffer, der es aber leider nur um sechs Tage verspätet zum Ankunftsort schaffte. Dafür sprach das LG ihr eine Minderung des Reisepreises um 25 Prozent für die betreffenden Tage zu, ließ dabei allerdings die Fotoausrüstung unberücksichtigt. Bloß weil das Paar seine Eindrücke der ersten Tage nur in der gemeinsamen Erinnerung, nicht aber auf einer SD-Karte festhalten konnte, sei keine weitergehende Minderung gerechtfertigt, so die Reisekammer.

Mitreisende verstellen "malerischen Meerblick"

Für die gebuchte Außenkabine auf einem Kreuzfahrtschiff versprach der Reiseveranstalter einer Urlauberin einen "malerischen Meerblick". Den Blick bekam sie auch, allerdings nicht so, wie sie ihn sich vorgestellt hatte. Genießen könne sie ihn nicht so recht, weil Mitreisende auf dem Schiff vor dem Kabinenfenster das Sichtfeld kreuzten, bemängelte sie.

Damit, dass dort auch andere Menschen herumlaufen, muss man auf einem Schiff aber leben, befand die Frankfurter Reisekammer (Urt. v. 21.2.2019, Az. 2-24 S 216/18). Der Klägerin habe klar sein müssen, dass sich auf dem Schiff andere Gäste befinden würden, die sich auch außerhalb ihrer Kabinen aufhalten und vor ihrem Fenster herlaufen würden.

Eine kleine Minderung sprang aber trotzdem für die Frau heraus: Weil die gebuchte "Superior"-Kabine offenbar so beengt war, dass ein Bett nur zu erreichen war, in dem man über das andere hinwegkletterte, hielt das LG einen um fünf Prozent niedrigeren Reisepreis für angemessen.

Sylt oder Ostfriesland? Hauptsache Norddeich!

Begriffliche Verwirrung herrschte in einem Fall, der ausnahmsweise mal in Deutschland spielte, genauer gesagt auf der Insel Sylt. Über ein Onlineportal hatte der Kläger eine Unterkunft in einem "Fährhaus" gebucht, das in der Buchungsbestätigung mit dem Zusatz "Norddeich" versehen war. Norddeich entpuppte sich allerdings - entgegen der Erwartung des Klägers - nicht etwa als eine Lagebezeichnung für das Fährhaus, das an einem Deich gelegen ist. Vielmehr handelte es sich um eine Ortschaft in Ostfriesland - über 300 Kilometer von Sylt entfernt.

Die Reiserechtskammer des Landgerichts wertete das als vertragswidrig (Urt. v. 27.2.2019, Az. 2-24 S 32/18). Aufgrund der Reisebestätigung habe der Urlauber davon ausgehen dürfen, seinem Buchungswunsch sei entsprochen worden und er habe ein Hotelzimmer auf Sylt erhalten, so die Richter. Keinesfalls habe er die Bestätigung - wie der Veranstalter vortrug - als neuerliches Angebot über ein anderes Haus an einem anderen Ort verstehen dürfen. Schließlich habe er ein Haus auf Sylt gebucht und ein durchschnittlicher Urlaube müsse auch nicht wissen, dass Norddeich ein Ort in Ostfriesland sei.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Sommerurlaub vor Gericht: Fünf Frankfurter Fälle . In: Legal Tribune Online, 01.07.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/36197/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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