OLG Köln zur Strafvollstreckung im "Zitronensaftfall": Strafe für ehemaligen Chefarzt kann nicht vorzeitig zur Bewährung ausgesetzt werden

02.04.2012

Der 2. Strafsenat des OLG Köln hat den Antrag eines wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung mit Todesfolge verurteilten ehemaligen Chefarztes einer Klinik in Wegberg abgelehnt, bereits nach Verbüßung der Hälfte seiner Strafe den Strafrest zur Bewährung auszusetzen. Dies geht aus einem am Montag bekannt gegebenen Beschluss hervor.

Die Richter des Oberlandesgerichts (OLG) sahen die besonderen Voraussetzungen einer Strafaussetzung bereits nach Verbüßung der Hälfte der Freiheitsstrafe nicht als gegeben an (Beschl. v. 27.03.2012, Az. 2 Ws 223/12). Sie wollten sich der Argumentation nicht anschließen, der ehemalige Chefarzt habe in heilender Absicht und nicht aus wirtschaftlichen Gründen gehandelt. Dabei, so der Senat, bleibe außer Betracht, dass der Verurteilte in einer Mischung aus Selbstüberschätzung, Überforderung und Blindheit gegenüber den Belangen seiner Patienten gehandelt habe.

Soweit die Verteidigung auf Entschädigungsleistungen verweise, sei nach den vorgelegten Unterlagen bisher nur in einem einzigen Fall seitens der Haftpflichtversicherung eine Regulierung erfolgt. Ein berücksichtigungswürdiger persönlicher Beitrag des Mannes zur Schadenswiedergutmachung sei nicht erkennbar.

Anderen Umstände, wie die relativ lange Verfahrensdauer und die negative Berichterstattung in den Medien, sei bereits bei der Strafzumessung bzw. durch die Anrechnung der Untersuchungshaft Rechnung getragen. Sie könnten daher nicht zusätzlich eine frühzeitige Strafaussetzung rechtfertigen.

Der Verurteilte habe seine ärztlichen Berufspflichten in vielfacher Weise grob verletzt und den Tod von vier Patienten verursacht, die sich ihm als Arzt in herausgehobener Position anvertraut hatten. Sein Verhalten sei geeignet, das Vertrauen der Bevölkerung in die Integrität des Arztberufes ernstlich zu beschädigen. Eine Entlassung aus der Haft bereits nach der Hälfte der Haftverbüßung wäre daher für die Allgemeinheit unverständlich.

Das Landgericht (LG) Mönchengladbach hatte den Mann am 28. März 2011 wegen Körperverletzung mit Todesfolge in zwei Fällen, fahrlässiger Tötung in zwei Fällen und mehreren weiteren Fällen von Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Davon galten elf Monate zur Kompensation eines überlangen Verfahrens als bereits vollstreckt.

Der Verurteilte hatte nach den Feststellungen im Strafverfahren an Patienten nicht indizierte medizinische Eingriffe vorgenommen, zum Teil die erforderliche Aufklärung über die Eingriffe unterlassen und Patienten mit nicht anerkannten Methoden behandelt. Unter anderem hatte er Operationswunden und Geschwüre mit frisch gepresstem Zitronensaft behandelt.

Der ehemalige Chefarzt trat im Juni 2011 zur Strafvollstreckung im offenen Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Euskirchen an. Da die Untersuchungshaft auf die Gesamtstrafe anzurechnen war, hatte er am 27. Dezember 2011 die Hälfte der Strafe verbüßt und stellte einen Antrag, die restliche Strafe zur Bewährung auszusetzen. Die Strafvollstreckungskammer des LG Bonn gab dem Antrag statt. Hiergegen richtete sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach, über die nun der 2. Strafsenat des OLG Köln zu entscheiden hatte.

Gegen den Beschluss des OLG ist kein Rechtsmittel gegeben.

age/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Köln zur Strafvollstreckung im "Zitronensaftfall": Strafe für ehemaligen Chefarzt kann nicht vorzeitig zur Bewährung ausgesetzt werden . In: Legal Tribune Online, 02.04.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/5921/ (abgerufen am: 19.03.2024 )

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