Kein generelles Verbot türkischer Wahlkampfveranstaltungen: Auf­­­tritt des AKP-Vize in Han­­nover wegen Täu­­schung abge­­­sagt

16.03.2017

Bis zum Verfassungsreferendum am 16. April hat Erdogan noch einige Wahlkampfauftritte in Deutschland angekündigt. Generell verbieten will Merkel diese nicht. Die Stadt Hannover sagte derweil heute einen Auftritt seines Vizechefs ab.

Die Stadt Hannover hat den für Freitag geplanten Auftritt eines Vizechefs der türkischen Regierungspartei AKP abgesagt. Die Zusage zur Vermietung eines Saals in einem städtischen Freizeitheim wurde nach dpa-Informationen von der Stadt zurückgezogen. Mehmet Mehdi Eker, einer der 13 AKP-Vizechefs, hatte am Freitagabend auf einer Informationsveranstaltung der AKP-nahen Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD) für die umstrittene türkische Verfassungsreform werben wollen.

Dass der AKP-Politiker auf der UETD-Veranstaltung auftreten wollte, sei der Stadt zunächst verschwiegen und erst sehr kurzfristig bekannt geworden. Daraufhin hätten die Stadt und das Land sich über das Vorgehen beraten. Die Täuschung über den wahren Charakter der Veranstaltung habe dann auch den Ausschlag für die Absage der Veranstaltung gegeben. Außerdem habe die Stadt den innertürkischen politischen Streit nicht importieren wollen.

Merkel und Hollande wollen kein generelles Auftrittsverbot

Wie der UETD-Generalsekretär Bülent Bilgi sagte, sei es in Hannover um eine Informationsveranstaltung gegangen, die jedem Besucher offen stehe. "Da kann jedermann hinkommen, auch die Kritiker, und diese können kritische Fragen stellen." Dazu sei auch eine Frage- und Antwortrunde vorgesehen gewesen. Ob die Veranstalter bei einer Absage des Auftritts in dem Freizeitheim einen alternativen Veranstaltungsort ins Auge gefasst haben, konnte Bilgi nicht sagen.

Mögliche Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland waren in den vergangenen Tagen heftig kritisiert worden. Die Bundesregierung hatte Ankara nach Verbalattacken gegen Deutschland und Europa mit einem Einreiseverbot für Spitzenpolitiker gedroht. Trotzdem wollten Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande Wahlkampfauftritte türkischer Politiker im jeweiligen Land nicht generell verbieten, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag nach einem Telefonat beider Politiker mit.

Nazi-Vergleiche "iankzeptabel"

Dies gelte aber nur, wenn präzise Voraussetzungen und Vorgaben erfüllt seien: So müssten die Auftritte "rechtzeitig und transparent angemeldet werden und deutsches beziehungsweise französisches Recht und Gesetz strikt einhalten." Nazi-Vergleiche aus der türkischen Regierung wiesen Merkel und Hollande als "inakzeptabel" zurück.

Auch Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius warnte vor Hetze. "Wer hetzt oder wer Nazi-Vergleiche anstellt, dem ist Einhalt zu gebieten", sagte der SPD-Politiker. "Es gibt Regeln für solche Auftritte, die müssen eingehalten werden."

Einem pauschalen Verbot von Auftritten türkischer Politiker vor dem umstrittenen Verfassungsreferendum erteilte Pistorius aber eine Absage. Als demokratischer Rechtsstaat und stabile Demokratie müsse man sich zutrauen, mit solchen Auftritten fertig zu werden. Gemeinsam mit den Kommunen schaue man sich jeden Einzelfall genau an.

dpa/mgö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Kein generelles Verbot türkischer Wahlkampfveranstaltungen: Auf­tritt des AKP-Vize in Han­nover wegen Täu­schung abge­sagt . In: Legal Tribune Online, 16.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22403/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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