LG Köln sieht besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung: Rekord-Sch­mer­zens­geld für Helmut Kohl

27.04.2017

2014 veröffentlichte Heribert Schwan "Die Kohl-Protokolle", vertrauliche Zitate des Altkanzlers inklusive. Der strengte daraufhin eine Vielzahl von Klagen an – und konnte vor dem LG Köln nun einen historischen Sieg verbuchen. 

Altkanzler Helmut Kohl hat vor Gericht eine Rekord-Entschädigung von einer Million Euro erstritten. Das Buch "Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle" habe das Persönlichkeitsrecht des 87-Jährigen schwer verletzt, entschied das Landgericht (LG) Köln am Donnerstag. Es bestätigte das Verbot von 116 Textpassagen des Bestsellers. Darin ging es um vertrauliche Äußerungen Kohls über andere bekannte Politiker und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Anwälte der Autoren Heribert Schwan und Tilman Jens sowie des Verlags hatten schon vorher angekündigt, Rechtsmittel gegen die Entscheidung einzulegen, falls Kohls Klage stattgegeben werden sollte.

In dem Zivilverfahren hatte Kohl die Autoren Schwan und Jens sowie den Heyne-Verlag aus der Verlagsgruppe Random House auf Zahlung von fünf Millionen Euro verklagt. Die bisher höchsten Summen, die nach deutschem Recht für Verletzungen des Persönlichkeitsrechts durch unzulässige Veröffentlichungen zugesprochen wurden, bewegten sich um die 400.000 Euro, so im Fall des Wettermoderators Jörg Kachelmann und der Prinzessin Madeleine von Schweden. Die Summe von einer Million Euro ist daher ein Rekord.

Verstoß gegen Verschwiegenheitspflicht

Die beanstandeten Aussagen stammen aus Gesprächen, die Kohl 2001 und 2002 mit Schwan geführt hatte, damit der Journalist als Ghostwriter die Memoiren des Altkanzlers verfassen konnte. Schwan nahm die Gespräche auf Kassette auf. Bevor der vierte und letzte Band erscheinen konnte, zerstritten sich die beiden. Schwan veröffentlichte daraufhin eigenmächtig ein Buch mit pikanten Äußerungen Kohls aus ihren Gesprächen. Sie betrafen unter anderem die heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel und die früheren Bundespräsidenten Christian Wulff und Richard von Weizsäcker. Das Buch wurde 2014 ein Bestseller. Kohl klagte jedoch dagegen und erreichte, dass es in der vorliegenden Form nicht mehr ausgeliefert werden durfte.

Nach Überzeugung des Gerichts durfte nur Kohl selbst entscheiden, welche seiner Aussagen veröffentlicht werden sollten und welche nicht. Schwan habe mit dem Buch seine Verschwiegenheitspflicht und seine Pflicht zur Geheimhaltung verletzt. Schwan selbst hatte immer erklärt, wenn Kohl etwas wirklich Vertrauliches gesagt habe, habe er ihn jedes Mal aufgefordert, den Kassettenrekorder auszustellen.

Entscheidungen auch auf zwei Nebenkriegsschauplätzen

Die Schadensersatz-Entscheidung ist das Herzstück einer Reihe von Klagen, die alle mit der unerlaubten Veröffentlichung der Kohl-Zitate in Zusammenhang stehen. So hatte der frühere Bundeskanzler in einem separaten Verfahren bereits 2015 die Herausgabe der Tonbänder erstritten, auf denen seine Gespräche mit Ghostwriter Schwan aufgezeichnet waren. Darauf aufbauend erließ das Landgericht Köln am Donnerstag ein Teilurteil, welches Schwan verpflichtet, Auskunft über Art, Umfang und Verbleib etwaiger Kopien dieser Tonbänder zu geben (Urt. v. 27.04.2017, Az. 14 O 286/14). Auf Grundlage dieser Auskunft wird Kohl sodann nach Auffassung der Kammer auch Herausgabe der Kopien fordern können.

In einem weiteren Verfahren hatte Kohl die Schwärzung von 115 Zitaten in dem Buch "Die Kohl-Protokolle" per einstweiliger Verfügung durchgesetzt. Diese einstweilige Verfügung bestätigte das LG Köln am Donnerstag im Hauptsacheverfahren und erstreckte die Entscheidung noch auf ein weiteres, 116. Zitat (Urt. v. 27.04.2017, Az. 14 O 261/16).

cvl/LTO-Redaktion

Mit Materialien von dpa.

Zitiervorschlag

LG Köln sieht besonders schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung: Rekord-Schmerzensgeld für Helmut Kohl . In: Legal Tribune Online, 27.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22769/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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