Keine Ausfuhrgenehmigung für Sturmgewehr G36: Waf­fen­sch­miede ver­klagt den Bund

30.10.2015

Vizekanzler Gabriel will den Verkauf von Panzern und Kleinwaffen ins Ausland einschränken. Die Rüstungsfirma Heckler & Koch zieht nun mit einer Untätigkeitsklage gegen die Bundesregierung vor Gericht. Streitobjekt ist das G36 Sturmgewehr.

Der Waffenhersteller Heckler & Koch hat im August vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt Untätigkeitsklage gegen das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (Bafa) eingereicht, weil er seit zwei Jahren auf die Ausfuhrgenehmigungen für Teile zur Fertigung des Sturmgewehrs G36 für Saudi-Arabien wartet (VG Frankfurt, Az. 5K 3718/15).

Dort gibt es eine Lizenzfertigung von G36-Gewehren, welche der saudische König Salman in Riad vor einigen Jahren mit Zustimmung der Bundesregierung hat bauen lassen. Nun wartet der König auf die Teile, um zu produzieren. Der Hersteller Heckler & Koch würde seit langem gerne liefern, doch das Sigmar Gabriel (SPD) unterstellte Bafa erteilt seit Mitte 2014 keine Genehmigung.

Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ist schlecht

Hintergrund ist vermutlich auch die Ankündigung von Wirtschaftsminister Gabriel, den Verkauf von Panzern und Kleinwaffen ins Ausland einzuschränken und daher bei der Genehmigung von Kleinwaffenexporten zurückhaltender vorzugehen. Vor einigen Monaten hatte die Bundesregierung daher festgelegt, Lizenzproduktionen in sogenannten Drittstaaten künftig zu untersagen.

Nach Angaben aus Regierungskreisen beobachtet Berlin derzeit außerdem intensiv die Rolle des sunnitischen Saudi-Arabiens im Kampf gegen die schiitischen Huthi-Rebellen im Nachbarland Jemen. Auch deutsche Waffen könnten mit von der Partie sein. So gibt es den Verdacht, dass im Jemen auch mit G3-Gewehren Made in Germany geschossen wird, geliefert aus saudischen Beständen. Eine Weitergabe ist untersagt. Nur ist dies schwer zu kontrollieren.

Schließlich ist die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien sehr schlecht. Zuletzt gingen Berichte um den inhaftierten und gefolterten Blogger Raif Badawi durch die Medien, der jetzt den Sacharow-Menschenrechtspreis des EU-Parlaments bekommen hat.

"2008 war für die Regierung die Menschenrechtslage noch akzeptabel"

Doch die Anträge von Heckler & Koch beziehen sich auf einen Vertrag mit Saudi-Arabien, der 2008 mit Erlaubnis der Bundesregierung geschlossen wurde, betont Geschäftsführer Nicola Marinelli. Darin sei festgehalten worden, dass fünf Teile für das Sturmgewehr G 36 ausgeliefert werden dürfen, die normalerweise unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fallen. Außerdem dürfe der Hersteller Ersatzteile für die Lizenzfertigung des G36 der Saudis liefern, für die es eine Ausfuhrgenehmigung brauche.

Firmenchef Andreas Heeschen sagt hierzu: "2008, als der Vertrag geschlossen wurde, war die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien noch akzeptabel für die Bundesregierung. Nun sitzt Heckler & Koch mit einem immer noch gültigen Vertrag zwischen den Stühlen." Der Waffenhersteller sieht sich zum Vertragsbruch gezwungen. "Wir müssen alles tun, wozu wir vertraglich verpflichtet sind. Daran hindert uns die Bundesregierung derzeit", sagte Geschäftsführer Nicola Marinelli am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.

Klage ein Novum

Heckler & Koch hat daher Untätigkeitsklage gegen das Bafa und damit den Bund erhoben. Das ist in einem solchen Fall ein Novum.

Ziel des Verfahrens sei eine Entscheidung, sagte Marinelli. "Ob die positiv ausfällt oder andere Konsequenzen hat, müssen wir dann sehen. Wir müssen uns aber gegenüber unserem Kunden erklären können." Ein Sprecher des VG Frankfurt sagte, die mündliche Verhandlung werde nicht mehr in diesem Jahr stattfinden. Ein Termin stehe noch nicht fest.

Der nächste rechtliche Schritt wäre eine Verpflichtungsklage. Erst danach will Heckler & Koch über Schadensersatzforderungen nachdenken. Der Süddeutschen Zeitung zufolge steht ein zweistelliger Millionenbetrag im Raum. Das wollte Marinelli nicht bestätigen. "Wir wissen noch nicht, wie hoch er ausfallen wird, weil wir nicht wissen, wie unser Partner reagiert", sagte er. Der Schaden, der Heckler & Koch drohe, sei aber "immens".

Das deutsche Sturmgewehr G36 von Heckler & Koch war von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bei der Bundeswehr ausgemustert worden, weil die Waffe angeblich schief schießt, wenn sie heiß wird.

ahe/dpa/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Keine Ausfuhrgenehmigung für Sturmgewehr G36: Waffenschmiede verklagt den Bund . In: Legal Tribune Online, 30.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17394/ (abgerufen am: 22.04.2024 )

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