Gesetzentwurf noch in diesem Jahr: Fahr­verbot künftig auch für Hate Speech

08.08.2016

Heiko Maas will es möglich machen, auch für Straftaten, die nichts mit dem Straßenverkehr zu tun haben, ein Fahrverbot zu verhängen. Über seinen Gesetzentwurf freuen sich Interessenvertreter mit ganz unterschiedlichen Feindbildern.

Das Thema ist nicht gerade neu und wird passend zum Sommerloch von Politikern immer wieder gern gespielt. Heiko Maas aber darf man zutrauen, dass er nicht nur das Sommerloch füllen will: Noch in diesem Jahr will der Bundesjustizminister seinen geplanten Gesetzentwurf zum Fahrverbot vorlegen. "Es gibt Fälle, etwa bei sehr wohlhabenden Straftätern, bei denen eine Geldstrafe keine Wirkung erzielt", sagte der SPD-Politiker dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. "Ein Entzug der Fahrerlaubnis hätte dagegen schon spürbare Auswirkungen."

Genauer gesagt geht es in dem bislang bekannten Referentenentwurf, mit dem auch der Richtervorbehalt für die Entnahme von Blutproben bei Ermittlungen wegen Straßenverkehrsdelikten abgeschafft werden soll, nicht um den Entzug der Fahrerlaubnis, sondern um das Fahrverbot als Nebenstrafe. Dieses wird bisher nur für Delikte ausgesprochen, die im Straßenverkehr begangen wurden, § 44 Strafgesetzbuch (StGB).

Diese Einschränkungen will das Bundesjustizministerium (BMJV) laut Referentenentwurf ersatzlos streichen. Um "zielgenau, spürbar und schuldangemessen auf den Täter einzuwirken" und vor allem kurze Freiheitsstrafen zu vermeiden, soll das von derzeit maximal drei auf dann maximal sechs Monate verlängerte Fahrverbot verhängt werden können. Nur im Jugendstrafrecht bleibt es wegen es im Vordergrund stehenden Erziehungsgedankens bei maximal drei Monaten. Es bleibt bei seiner Verankerung in § 44 StGB, den Charakter als Nebenstrafe will der Entwurf beibehalten, das Fahrverbot soll also weiterhin nur neben einer Hauptstrafe verhängt werden können.

Kritik vom ADAC, Polizeigewerkschaften uneins

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) hat sich hinter die Gesetzespläne gestellt. "Dieser Vorschlag wird bereits seit Jahren diskutiert. Das ist eine vernünftige Idee", sagte der DPolG-Vorsitzende Rainer Wendt den Ruhr Nachrichten (Montag). Geldstrafen bezahlten viele Menschen aus der Portokasse. Fahrverbote könnten überall eingesetzt werden. "Möglich wäre auch der Führerscheinentzug bei Hass-Kommentaren und Propaganda in den Sozialen Netzwerken", sagte Wendt der Zeitung.

In der Tat wäre ein Fahrverbot dann bei allen Delikten möglich, das ist ja gerade der Sinn der Sache. So auch, wenn Väter und Mütter keine Unterhaltszahlungen leisten. Das veranlasste auch das Bundesfamilienministerium bereits, seine Unterstützung für den Referentenentwurf aus dem BMJV zu bekunden. Eine Sprecherin sagte den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, durch solche strafrechtlichen Sanktionen und vor allem mit den Diskussionen darüber solle das Bewusstsein für die elterliche Verantwortung gerade auch nach einer Trennung geschärft werden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) ist hingegen nicht völlig überzeugt von Maas' Plan. Der Vize-Vorsitzende Jörg Radek hält ein Fahrverbot nur bei Straftaten für sinnvoll, "bei denen es auch um die charakterliche Eignung des Täters geht", sagte er dem Online-Portal des Kölner Express. Zudem müsse das "Übermaßverbot" beachtet werden: "Schließlich schränkt man die Bewegungsfreiheit ein und unter Umständen sogar die Möglichkeit, den Beruf auszuüben."

Auch der ADAC lehnt das Vorhaben des BMJV ab. Die Fahrerlaubnis zu verlieren, habe einen erzieherischen Charakter im Straßenverkehr - aber nur dort, sagte ein Sprecher des Verkehrsclubs der Deutschen Presse-Agentur am Wochenende. "Eine Ausweitung auf andere Delikte würde diese Sanktion im Verkehr entwerten." Die Strafe träfe zudem nur Menschen hart, die auf ein Auto angewiesen seien. Auch das Argument, ein Fahrverbot könne Wohlhabende abschrecken, lässt der ADAC nicht gelten. "Wer Geld hat, leistet sich ein Taxi oder lässt sich etwas anderes einfallen", sagte der Sprecher.

Das Fahrverbot ist ein Vorhaben aus dem 2013 beschlossenen Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD. Darin heißt es: "Um eine Alternative zur Freiheitsstrafe und eine Sanktion bei Personen zu schaffen, für die eine Geldstrafe kein fühlbares Übel darstellt, werden wir das Fahrverbot als eigenständige Sanktion im Erwachsenen- und Jugendstrafrecht einführen."

pl/LTO-Redaktion

Mit Materialien von dpa

Zitiervorschlag

Gesetzentwurf noch in diesem Jahr: Fahrverbot künftig auch für Hate Speech . In: Legal Tribune Online, 08.08.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20231/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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