Die juristische Presseschau vom 6. September 2012: EuGH zu Asylrecht – Beschneidung straffrei – Steuersplitting blockiert

06.09.2012

Der EuGH sorgt mit einer Entscheidung für Bewegung im deutschen Asylrecht. Außerdem in der Presseschau: Die Debatte um die religiös motivierte Beschneidung von Jungen geht in eine neue Runde, die Frauenquote sorgt weiter für Wirbel und ein Facebooknutzer, der bei ungebetenen Freundschaftsanfragen mit Amoklauf drohte, wird freigesprochen.

EuGH: Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) können Eingriffe in das Recht auf Religionsfreiheit Verfolgungshandlungen darstellen und die zuständigen Behörden zur Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft verpflichten. Laut der SZ (Wolfgang Janisch) müssten Gläubige danach grundsätzlich die Freiheit haben, ihren Glauben in ihrem Herkunftsland öffentlich zu leben. In dem Verfahren sei es um zwei Mitglieder der Glaubensgemeinschaft der Ahmadi-Muslime gegangen, die aus Pakistan nach Deutschland geflohen waren. Ihre Asylanträge seien in Deutschland abgelehnt worden. Es berichtet ebenfalls die taz (Christian Rath).

Christian Jacob (taz) begrüßt die Entscheidung des EuGH. Zum Glück gebe es die EU. Das Asylrecht sei dazu da, Schutz vor politischer Verfolgung zu garantieren – ohne sich den Beschränkungen durch Unrechtsregime oder religiöse Fanatiker unterwerfen zu müssen. "Vielleicht begreifen auch die deutschen Behörden das jetzt." Max Steinbeis (Verfassungsblog) kommentiert, dass der EuGH mittlerweile "durchaus ein Sensorium für klassischen Grundrechtsschutz" besitze. Die Zeiten, da der Gerichtshof unter Freiheit nur Kapital- und Warenverkehrsfreiheit verstand, seien "längst vorbei".

Weitere Themen – Rechtspolitik

Beschneidung: In Berlin bleiben religiös motivierte Beschneidungen künftig straffrei, wenn sie unter bestimmten Bedingungen durchgeführt werden. Dies meldet die FAZ (Mechthild Küpper). Nach Baden-Württemberg sei Berlin damit das zweite Bundesland, das die religiöse Beschneidung trotz des Kölner Urteils straffrei ermögliche. Stefan Alberti (taz)  begrüßt den Berliner Vorstoß: "Man kann sie gut finden, man kann sie schlecht finden – entscheidend ist, dass es jetzt überhaupt eine klare Ansage gibt." Es kommentiert auch Bettina Vestring (FR).

Frauenquote: Der kürzlich von der EU-Justizministerin Viviane Reding vorgestellte Gesetzentwurf für eine Frauenquote in Aufsichtsräten sorgt weiter für Wirbel. Heike Göbel (FAZ) bedauert, dass sich Deutschland dem Widerstand von zehn EU-Ländern nicht angeschlossen habe. Mehr Wachstum gebe es nicht mit mehr Quote -  es entstehe, wenn Unternehmen am Markt erfolgreich seien. Ines Pohl (taz) hält es dagegen für bemerkenswert, "wie hartnäckig die Gegner die Frauenquote bekämpfen". Dies belege, dass es sich um einen "symbolträchtigen" Kampf  handele – und wie wichtig es sei, so lange dranzubleiben, bis Frauen auch in Chefetagen angemessen vertreten seien.

BVerfG und EZB: In einem Gastkommentar für das Handelsblatt beschäftigt sich der Rechtsprofessor Clemens Fuest vorab mit dem am 12. September anstehenden Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Er spekuliert, dass die EZB die Entscheidung des BVerfG untergraben könne.

BVerfG und Eurorettung: Der Rechtsprofessor Ulrich Fastenrath setzt sich in einem Gastbeitrag für die FAZ auf der Seite Staat und Recht mit der Frage auseinander, wie das Bundesverfassungsgericht auf die Ausgestaltung der Euro-Rettung Einfluss nehmen könne. "Rechtlich schwierig" werde es dann, wenn das BVerfG die Verträge nicht insgesamt verwerfe, sondern "nur" bestimmte zusätzliche Kriterien für nötig halte.

Steuersplitting: Nach einem Bericht der FAZ (Manfred Schäfers) ist die Bundesregierung nicht auf die Forderung des Bundesrates eingegangen, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften bei der Einkommensteuer der Ehe gleichzustellen. In ihrer am Mittwoch verabschiedeten Gegenäußerung auf Stellungnahme des Bundesrates zum Jahressteuergesetz 2013 sei die Bundesregierung "mit keinem Satz" auf die umstrittene Frage der Ausdehnung des Steuersplittings eingegangen, so die FAZ.

Anwaltsgebühren: Der Rechtsanwalt Norbert Schneider beschäftigt sich auf lto.de mit dem Regierungsentwurf zum neuen Kostenrecht für Anwälte. Das neue Gerichts- und Notarkostengesetz (GnotKG) sehe eine Erhöhung der Anwaltsgebühren und der Gerichtsgebühren vor. Es drohe ein "sukzessiver Abbau des sozialen Rechtsstaats aus finanziellen Gründen", so seine Einschätzung.

Zitiervorschlag

Die juristische Presseschau vom 6. September 2012: EuGH zu Asylrecht – Beschneidung straffrei – Steuersplitting blockiert . In: Legal Tribune Online, 06.09.2012 , https://www.lto.de/persistent/a_id/7009/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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