EuGH zu italienischem Glücksspiel-Konzessionierungssystem: Scusi, aber das nehmen wir!

28.01.2016

Wer in Italien mit Wettannahme und -verwaltung sein Geld verdient, muss bei Widerruf seiner Konzession die dafür nötige Ausrüstung unter Umständen entgeltlos dem Nachfolger überlassen. Eine Regelung, die dem EuGH nicht ganz geheuer ist.

Eine nationale Regelung über Glücksspiele kann gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, wenn sie den Konzessionär dazu verpflichtet, die Ausstattungen zur Annahme von Wetten einem anderen unentgeltlich zu überlassen, entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Donnerstag (Urt. v. 28.01.2016, Az. C-375/14).

Im Jahr 2012 führte Italien ein Ausschreibungsverfahren zur Erteilung neuer Konzessionen durch. Der Vertragsentwurf für die Vergabe von Konzessionen, der der Ausschreibung beigefügt war, sieht vor, dass der Konzessionär bei Ablauf, Entzug oder Widerruf der Konzession verpflichtet ist, die materiellen und immateriellen Vermögensgegenstände, die die Infrastruktur der Spielverwaltung und -annahme bilden, einem anderen unentgeltlich zum Gebrauch zu überlassen.

Das vorlegende italienische Gericht Frosinone hat jetzt die Verhältnismäßigkeit einer solchen Regelung unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls, wie etwa des Marktwerts der Vermögensgegenstände, die Gegenstand der Überlassungsverpflichtung sind, zu prüfen. Nach den geltenden italienischen Rechtsvorschriften ist die Ausübung von Tätigkeiten der Spielannahme und -verwaltung vom Erhalt einer Konzession und einer polizeilichen Genehmigung abhängig.

Nicht diskriminierend, aber auch nicht gerade verhältnismäßig

Vor dem italienischen Gericht geklagt hatte Rosanna Laezza, Inhaberin eines Datenübertragungszentrums, das für eine britische Gesellschaft in der Annahme von Wetten tätig war. Bei einer Kontrolle stellte sich heraus, dass die Wetten dort ohne Genehmigung angenommen wurden. Daraufhin beschlagnahmte die Polizei Teile der EDV-Ausstattung für die Entgegennahme und Übertragung von Wetten, wogegen sich Laezza wehrte.

Das Gericht in Frosinone wollte vom EuGH wissen, ob das System der Konzessionen mit Unionsrecht vereinbar ist, insbesondere im Hinblick auf die den neuen Konsessionären auferlegte Verpflichtung, die Ausstattung für die Annahme von Wetten bei Ablauf, Entzug oder Widerruf der Konzession einem anderen unentgeltlich zu überlassen. Die Luxemburger Richter entschieden, dass die Überlassungsverpflichtung nicht diskriminierend ist, weil sie unterschiedslos für alle Wirtschaftsteilnehmer gilt, die 2012 an der Ausschreibung teilgenommen haben.

Das Risiko für ein Unternehmen, die in seinem Besitz befindlichen Vermögensgegenstände einem anderen ohne finanzielle Entschädigung zum Gebrauch überlassen zu müssen, könne allerdings die Rentabilität seiner Investitionen zunichte machen und stelle folglich eine Beschränkung der vom Unionsrecht garantierten Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit dar, so der EuGH. Eine solche Beschränkung könne durch das Ziel, Straftaten im Zusammenhang mit Glücksspielen zu bekämpfen, allerdings berechtigt sein, sofern sie verhältnismäßig ist, was das nationale Gericht zu prüfen hat.

Überlassung bei Straffälligkeit ok, bei bloßem Ablauf eher nicht

Wenn es darum gehe, Straftaten im Zusammenhang mit Glücksspielen zu bekämpfen, könne die Verpflichtung zur Überlassung der Ausstattung für die Entgegennahme und Übertragung von Wetten gerechtfertigt sein. Auch beim Entzug oder Widerruf der Konzession durch die Behörde könne die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung der Infrastruktur für die Spielverwaltung und -annahme an die autonome Staatsmonopolverwaltung oder an einen anderen Konzessionär eine verhältnismäßige Sanktionsmaßnahme sein.

Kommt es hingegen aufgrund des bloßen Ablaufs der Konzession zur Beendigung der Tätigkeit, werde der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht unbedingt gewahrt, weil das Ziel der Kontinuität der Tätigkeit auch durch weniger belastende Maßnahmen, wie etwa die Verpflichtung zur entgeltlichen Überlassung der Vermögensgegenstände zum Marktwert, erreicht werden könne, erklärten die Richter.

Das italienische Gericht werde also zu beurteilen haben, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall gewahrt wird, wobei es unter anderem den Marktwert der Vermögensgegenstände, die Gegenstand der Überlassungsverpflichtung sind, zu berücksichtigen hat.

ms/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zu italienischem Glücksspiel-Konzessionierungssystem: Scusi, aber das nehmen wir! . In: Legal Tribune Online, 28.01.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/18299/ (abgerufen am: 17.04.2024 )

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