Schlussanträge vor dem EuGH: Generalanwältin kritisiert Wohnsitzregel für Auslands-BAföG

22.02.2013

Nach Ansicht von Generalanwältin Sharpston verstößt die deutsche Drei-Jahres-Regel im BAföG gegen Unionsrecht. Die Ausbildungsförderung für ein vollständiges Auslandsstudium dürfe nicht davon abhängig gemacht wird, dass ein Student zuvor drei Jahre im Inland gelebt hat. Dies machte sie am Donnerstag in ihren Schlussanträgen vor dem EuGH deutlich.

Um BAföG für das Auslandsstudium zu erhalten, müssen Studenten bislang nachweisen, dass sie unmittelbar vor Aufnahme dieses Studiums drei Jahre ihren ständigen Wohnsitz in Deutschland hatten. Andernfalls können sie nur für das erste Jahr des Studiums im Ausland oder für die gesamte Dauer des Studiums in Deutschland Ausbildungsförderung erhalten. Nach Ansicht von Generalanwältin Eleanor Sharpston verstößt diese Regelung gegen Unionsrecht. Zu diesem Ergebnis kommt sie in ihrem Schlussantrag in einem Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), in dem die Drei-Jahre-Regel von den Luxemburger Richtern geprüft wird (Az. C-523/11 und C-585/11).

Sharpston führte aus, dass die in Deutschland praktizierte Drei-Jahre-Regel eine Beschränkung des Freizügigkeitsrechts der Unionsbürger darstelle. Zwar könne eine solche Beschränkung grundsätzlich durch einen wirtschaftlichen Zweck gerechtfertigt sein, wenn sie der Gefahr einer übermäßigen finanziellen Belastung begegnen soll und die Auswirkungen auf das gesamte Niveau der zur Verfügung stehenden Ausbildungsförderung abgemildert werden sollen. Doch genüge es nicht, wenn ein Mitgliedstaat einfach nur ohne Weiteres behaupte, dass mit der Maßnahme ein solcher Zweck verfolgt werde.

Außerdem forderte die Generalanwältin den EuGH auf, klarzustellen, ob es legitim ist, die Förderung auf Studierende zu begrenzen, die einen gewissen Grad an Integration in der inländischen Gesellschaft nachweisen können. Dass dieses Ziel mit der Drei-Jahre-Regel erreicht werden könne, bezweifelte sie. Die Regel sei zu restriktiv und daher unverhältnismäßig. Da sie zu unflexibel sei, berge sie die Gefahr, dass auch gut integrierte deutsche Staatsangehörige, die eine ausreichende Verbundenheit mit der deutschen Gesellschaft aufweisen, kein BAföG erhielten. Dies könnte die Studierenden abschrecken, ein Studium im Ausland aufzunehmen und die Ausübung ihres Rechts auf Freizügigkeit so einschränken.

Das endgültige Urteil des EuGH wird in einigen Monaten erwartet.

asc/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Schlussanträge vor dem EuGH: Generalanwältin kritisiert Wohnsitzregel für Auslands-BAföG . In: Legal Tribune Online, 22.02.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8204/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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