EuGH zu Entschädigungen bei Flugverspätung: Wer char­tert, zahlt auch

04.07.2018

Bei TUIfly gebucht, aber von Thomson Airways befördert. Chartert eine Fluggesellschaft einen Flieger samt Besatzung, bleibt sie trotzdem in der Verantwortung – insbesondere bei Entschädigungen für Verspätungen, so der EuGH.  

Reisende bekommen bei stundenlanger Verspätung ihre Entschädigung von der Airline, bei der sie ihren Flug gebucht haben - auch wenn der Flieger samt Besatzung von einer anderen Gesellschaft gechartert ist. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Mittwoch. Die finanzielle Verantwortung bei Annullierung oder langer Verspätung trage die Gesellschaft, die einen Flug ansetzt, erklärten die Luxemburger Richter (Urt. v. 04.07.2018, Rechtssache C-532/17).

Im konkreten Fall ist nun TUIfly in der Pflicht: Die Fluggesellschaft hatte den Flieger samt Besatzung von Thomson Airways gemietet ("wet lease"). In der Buchungsbestätigung hieß es dazu, dass der Flug von Thomson Airways "ausgeführt" werde.

Nachdem der Flug von Hamburg ins mexikanische Cancún mit mehr als dreistündiger Verspätung am Ziel ankam, verlangten mehrere Passagiere Entschädigung nach der europäischen Fluggastrechteverordnung. Sie stellten ihre Forderungen zunächst an Thomson Airways. Die Gesellschaft verweigerte eine Zahlung aber – mit der Begründung, sie sei nicht das ausführende Luftfahrtunternehmen im Sinne der Verordnung gewesen. Da TUIfly die operationelle Verantwortung für den Flug trage, müssten sie auch für die Ausgleichszahlungen aufkommen.

Wer den Flug anbietet, trägt die Verantwortung

Das sah der EuGH auf Vorlage des Landgerichts  Hamburg (LG) genauso. "Ausführendes Luftfahrtunternehmen" nach der Fluggastrechteverordnung sei nicht die Fluggesellschaft, die das verwendete Flugzeug samt Besetzung zu Verfügung gestellt hat, sondern diejenige, die entschieden hat, den Flug durchzuführen.

Mit der Entscheidung für eine bestimmte Flugroute habe die Fluggesellschaft nämlich ein Angebot für interessierte Fluggäste geschaffen, so die Luxemburger Richter. Dann müsse sie auch die Verantwortung für den Flug übernehmen – insbesondere bei Verspätungen und Annullierungen.

Der EuGH sah es als unerheblich an, dass Thomson Airways in der Buchungsbestätigung als ausführende Fluggesellschaft bezeichnet werde. Wenn sie für den Flug nicht die operationelle Verantwortung trage, könne sie auch nicht als ausführendes Luftfahrtunternehmen eingestuft werden.

Damit bewege sich der EuGH auf der Linie des Bundesgerichtshofes, erklärt Rechtsanwalt Dirk Smielick gegenüber LTO. Im September 2017 hatte der BGH entschieden, dass die charternde Fluggesellschaft als ausführendes Luftfahrtunternehmen anzusehen sei.

Der EuGH habe aber nun leider nichts dazu ausgeführt, ob die charternde Fluggesellschaft im Falle einer Annullierung oder großen Verspätung den Passagier über ihre Rolle als ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne der Fluggastrechte-Verordnung aufzuklären habe. Dies habe der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung angenommen.

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

EuGH zu Entschädigungen bei Flugverspätung: Wer chartert, zahlt auch . In: Legal Tribune Online, 04.07.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29543/ (abgerufen am: 24.04.2024 )

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