EuGH-Generalanwalt zu Stiefkindern von Grenzgängern: Stu­di­en­bei­hilfe auch für Nicht-Bluts­ver­wandte

09.06.2016

Nach nationalem Recht können Kinder von in Luxemburg beschäftigten Grenzgängern eine Studienbeihilfe beantragen. Dies sollte auch für Stiefkinder gelten, so der Generalanwalt am EuGH. Das Abstammungsverhältnis sei nicht juristisch zu bestimmen.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat darüber zu entscheiden, ob die staatliche Studienhilfe in Luxemburg auch nicht leiblichen Kindern von Wanderarbeitern zusteht (Az. C-401/15, C-403/15, C-404/15). Drei Studierende hatten aufgrund der Tatsache, dass ihr jeweiliger Stiefvater seit mehr als fünf Jahren ununterbrochen in Luxemburg arbeitet, einen Antrag auf das Fördergeld gestellt. Die luxemburgischen Behörden lehnten die Anträge mit der Begründung ab, dass die Grenzgänger nicht die leiblichen Väter der Studierenden seien.

Nach Ansicht von Generalanwalt Wathelet allerdings sollte der Begriff "Kind" im Bereich sozialer Vergünstigungen auch Stiefkinder erfassen. In seinen Schlussanträgen wies er darauf hin, dass ein Arbeitnehmer aus einem EU-Staat in jedem anderen Mitgliedstaat, in dem er arbeitet, nach einer Unionsverordnung die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen erhalten muss wie inländische Arbeitnehmer. Zudem seien Kinder im Bereich der Unionsbürgerschaft in der Richtlinie 2004/28 definiert als "die Verwandten in gerader absteigender Linie des Unionsbürgers und dessen Ehegatten oder des Lebenspartners [...], die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder denen von diesen Unterhalt gewährt wird". Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb diese Definition nicht auch bei sozialen Vergünstigungen im Rahmen der Verordnung zur Anwendung kommen sollte.

Der Begriff "Kind" solle in diesem Bereich daher nicht streng juristisch, sondern wirtschaftlich bestimmt werden. Studierende sollten Studienbeihilfe beantragen können, wenn ihr Stiefvater tatsächlich zum Unterhalt beiträgt, so der Generalanwalt. Der Umfang dieses Beitrages könne durch objektive Kriterien nachgewiesen werden, wie beispielsweise die Heirat, eine eingetragene Partnerschaft oder einen gemeinsamen Wohnsitz. Es sei dabei nicht erforderlich, den Umfang des Beitrags genau zu beziffern oder Gründe für die Inanspruchnahme der Unterstützung zu ermitteln.

nas/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH-Generalanwalt zu Stiefkindern von Grenzgängern: Studienbeihilfe auch für Nicht-Blutsverwandte . In: Legal Tribune Online, 09.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19614/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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