EuGH zu staatlicher Beihilfe: Bund darf auch schlechte Geschäfte machen

16.07.2015

Ein in öffentlichem Besitz stehendes Stück Land sollte verkauft werden, doch die Behörde verweigerte ihre Zusage, weil der Preis zu hoch war. Das darf sie grundsätzlich auch, entschied nun der EuGH.

Ackerland aus deutschem Staatsbesitz muss nicht unbedingt zum Höchstpreis verkauft werden. Behörden können den Verkauf untersagen, wenn der vereinbarte Preis spekulativen Charakter hat, wie aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hervorgeht (Urt. v. 16.07.2015, Az. C-39/14). Der Preis müsse aber möglichst nah am Marktwert liegen, entschieden die Richter am Donnerstag und verwiesen einen Fall aus Sachsen-Anhalt zurück an den Bundesgerichtshof.

Ein Ehepaar hatte durch Höchstgebot bei einer öffentlichen Versteigerung ein landwirtschaftliches Grundstück zum Preis von 29.000 Euro erworben. Verkäufer war die Bodenverwertungs- und –verwaltungs GmbH (BVVG), eine Gesellschaft der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS). Die BVVG soll vor allem ehemals volkseigene land- und forstwirtschaftliche Flächen privatisieren. Dies geschah hier im Wege der Versteigerung.

Das besondere dabei: Das Höchstgebot der Eheleute lag mehr als 50 Prozent über dem vom Gutachter ermittelten Marktwert. Den Verkauf von land- und forstwirtschaftlichen Flächen muss die zuständige Behörde nach dem Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) genehmigen. Diese Genehmigung versagte das Jerichower Land, da es ein grobes Missverhältnis zwischen Kauf- und Marktpreis nach §9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG annahm.

Unterlegener Bieter begünstigt?

Der Bundesgerichtshof (BGH) legte dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage vor, ob das Verbot staatlicher Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV einer nationalen Regelung wie §9 Abs. 1 Nr. 3 GrdstVG entgegen steht, die zum Zweck der Verbesserung der Agrarstruktur einer dem Staat zuzurechnenden Einrichtung wie der BVVG im Ergebnis verbietet, ein landwirtschaftliches Grundstück an den Höchstbietenden einer öffentlichen Ausschreibung zu verkaufen.

Im dem Verfahren wäre ein Dritter Landwirt, der nicht an der Auktion teilgenommen hatte, bereit gewesen, das Grundstück zu einem günstigeren Preis, bei dem kein Missverhältnis zur Schätzung des Gutachters mehr bestand, zu erwerben. Ob der Verkauf an den Dritten eine staatliche Beihilfe ist, muss aber der BGH selbst entscheiden.

Grundsätzlich sei davon auszugehen, so der EuGH, dass das Höchstgebot auch den Marktpreis wiederspiegelt. Es lasse sich aber nicht ausschließen, dass unter besonderen Umständen die Methode des Verkaufs an den Meistbietenden nicht zum Marktwert des fraglichen Objekts erfolge. So kann es gerechtfertigt sein, auch andere Faktoren als den Preis zu berücksichtigen. Dies könne z.B. der Fall sein, wenn das Höchstgebot aufgrund seines offensichtlich spekulativen Charakters deutlich über den sonstigen im Rahmen der Ausschreibung abgegebenen Preisgeboten und dem geschätzten Verkehrswert des Objekts liege.

Eine nationale Regelung, die es zum Schutz der Interessen der landwirtschaftlichen Betriebe dem Staat verbietet, ein landwirtschaftliches Grundstück an den Höchstbietenden einer öffentlichen Ausschreibung zu verkaufen, wenn dessen Angebot nach Ansicht der zuständigen örtlichen Behörde in einem groben Missverhältnis zu dem geschätzten Wert des Grundstücks steht, sei nach Art. 107 Abs. 1 AEUV keine staatliche Beihilfe. Dies zumindest dann, wenn die Anwendung der Regelung zu einem Preis führen kann, der möglichst nahe beim Marktwert des betroffenen landwirtschaftlichen Grundstücks liegt. Dies zu prüfen sei jedoch Sache des BGH.

acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

EuGH zu staatlicher Beihilfe: Bund darf auch schlechte Geschäfte machen . In: Legal Tribune Online, 16.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16249/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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