Anti-Terror-Paket beschlossen: Aus­weispf­licht, V-Leute und Infor­ma­ti­ons­aus­tausch

24.06.2016

Wieder bekommen Polizei und Geheimdienste zusätzliche Befugnisse. Im Eiltempo bringen Union und SPD ein Anti-Terror-Paket durch das Parlament. Die Opposition ist schwer irritiert.

Wer eine Prepaid-Karte fürs Handy kaufen will, muss dazu künftig einen Ausweis vorlegen. Die Regelung gehört zum neuen Anti-Terror-Gesetzespaket, das der Bundestag am Freitag in Berlin mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen beschloss. Außerdem soll der Austausch von Geheimdienstinformationen ausgeweitet werden. Und: Die Bundespolizei soll künftig verdeckte Ermittler einsetzen dürfen. Die Opposition kritisierte das Gesetz als unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte und beklagte ein übereiltes Verfahren im Parlament.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz soll in Zukunft gemeinsame Dateien mit "wichtigen ausländischen Nachrichtendiensten" - insbesondere aus Nachbarstaaten und anderen
EU- oder Nato-Ländern - einrichten können. Ziel ist, mehr Informationen über Terrorverdächtige zu teilen. Auch der Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden in Deutschland soll ausgeweitet werden.

Zudem soll auch die Bundespolizei künftig verdeckte Ermittler einsetzen können. Das Bundeskriminalamt setzt schon lange verdeckte Ermittler ein - also Beamte, die sich mit falscher Identität in kriminelle Zirkel einschleichen -, um dort Informationen zu sammeln. Künftig soll das auch der Bundespolizei erlaubt sein. Ziel ist vor allem ein Zugang zur Schleuser-Szene.

Darüber hinaus soll es künftig nur noch dann möglich sein, eine Prepaid-Karte für ein Handy zu kaufen, wenn man ein Ausweisdokument vorlegt. Bereits heute müssen Telekommunikationsanbieter bestimmte Daten wie Name, Anschrift und Geburtsdatum von Prepaid-Kunden erheben. Laut Regierung funktioniert die Prüfung der Identität bisher aber nicht. Polizei und Geheimdienste sehen es als Risiko, dass Terrorverdächtige und Kriminelle solche Handy-Karten auch anonym nutzen und nicht nachverfolgt werden können. Die Telekommunikationsfirmen bekommen eine Übergangsfrist von zwölf Monaten, um ihre Prozesse an die neue Regelung anzupassen.

Linke: "Weiterer Angriff auf die Grundrechte"

Die Spitzen von Union und SPD hatten sich erst Mitte April auf die Pläne geeinigt - als Reaktion auf die jüngsten Terroranschläge in Paris und Brüssel. Das Gesetzesvorhaben soll den Bundesrat am 8. Juli, also in der letzten Sitzung vor der Sommerpause, passieren. Zustimmungspflichtig ist es dort nicht. Politiker von Union und SPD verteidigten die Pläne als dringend notwendig für den Anti-Terror-Kampf. Hier dürfe es keinen Aufschub geben.

Linke und Grüne beschwerten sich dagegen vehement über die Eile im parlamentarischen Verfahren und zerpflückten das Paket. Die Linke-Innenexpertin Ulla Jelpke sagte, das Gesetz sei ein "weiterer Angriff auf die Grundrechte" und werde unter dem Deckmantel der Terrorbekämpfung "mal eben so" durch das Parlament "gepusht".

Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz sprach von einem unzureichenden Eilverfahren. Die Pläne seien unverhältnismäßig, verfassungswidrig, grundrechtsgefährdend und unbrauchbar für die Terrorbekämpfung. "Es ist eine Mogelpackung", sagte er an die Adresse der Koalitionäre. "Sie schreiben Anti-Terror drüber, aber es steht alles Mögliche drin." Deutliche Kritik kam auch von Datenschützern.

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Anti-Terror-Paket beschlossen: Ausweispflicht, V-Leute und Informationsaustausch . In: Legal Tribune Online, 24.06.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19794/ (abgerufen am: 29.03.2024 )

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