Marathonsitzung im Bundesrat: Homo-Ehe, Renten, Par­tei­fi­nan­zie­rung

07.07.2017

2/2: Ehe und Rehabilitierung für Homosexuelle

Auf eine historische Entscheidung musste bis zum Schluss gewartet werden. Nach dem Bundestag stimmte nun auch der Bundesrat für das Gesetz zur Öffnung der Ehe für Homosexuelle. Danach können auch gleichgeschlechtliche Paare künftig die Ehe eingehen. Das Gesetz sieht eine entsprechende Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches vor. Die Neueintragung einer Lebenspartnerschaft ist dann nicht mehr möglich. Bereits eingetragene Lebenspartnerschaften bleiben hingegen bestehen, können aber in eine Ehe umgewandelt werden.

Das Vorhaben sorgte lange Zeit für Spannungen im Bundestag. Der Rechtsausschuss vertagte die Beratung der Länderinitiative mehrfach. Die Grünen hatten vergeblich versucht, eine Abstimmung durch das BVerfG zu erzwingen. Letztlich schaffte es das Gesetz doch zur Abstimmung in den Bundestag. 393 von 623 Abgeordneten stimmten bei namentlicher Abstimmung und unter Aufhebung des Fraktionszwangs für die Öffnung der Ehe. Verfassungsrechtliche Bedenken gibt es allerdings noch, weil die Gesetzesänderung lediglich im BGB und nicht im GG erfolgen soll.

Gerhard Bangert, Geschäftsführer des Bundesverbands der Standesbeamten, sieht auch praktische Probleme auf die Behörden zukommen. . "Das Gesetz ist handwerklich ein Flop, weil jegliche Ausführungsbestimmungen fehlen". Eine entsprechende Umstellung bräuchte normalerweise neun Monate Zeit. Das Gesetz gewährt den Behörden eine dreimonatige Frist.

Auch einer Rehabilitierung Homosexueller stimmte der Bundesrat zu. Demnach sollen strafrechtliche Verurteilungen wegen einvernehmlicher homosexueller Handlungen aufgrund des früheren Strafrechtsparagrafen 175 pauschal aufgehoben und die Verurteilten finanziell entschädigt werden.

Verbot von Kinderehen und NetzDG

Im Minderjährigenalter geschlossene Ehen sollen hingegen verboten werden. Wer heiraten möchte, muss künftig mindestens 18 Jahre alt sein. Minderjährige sollen so vor zu früher Heirat geschützt werden. Ehen von unter 16-Jährigen gelten pauschal als nichtig. Die bisherige Möglichkeit, dass 16-Jährige unter bestimmten Voraussetzungen heiraten können wird abgeschafft. Bei Ehen, die zwischen 16 und 18 Jahren geschlossen wurden, erfolgt die Aufhebung in der Regel durch richterliche Entscheidung.

Auch das umstrittene Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das Hass-Kommentare und Fake News in sozialen Netzwerken bekämpfen soll, hat es durch den Bundesrat geschafft. Das Gesetz verpflichtet Netzwerke wie Facebook, Twitter und Youtube, offensichtlich strafrechtlich relevante Inhalte auf ihren Plattformen innerhalb von 24 Stunden nach Eingang einer Nutzerbeschwerde zu löschen oder zu sperren. Nicht offensichtlich rechtswidrige Inhalte sind innerhalb von 7 Tagen zu löschen. Beschwerden sollen künftig auch an eine neu zu schaffende Stelle abgeben werden können. Bei systematischen Verstößen gegen die Löschvorgaben drohen Strafen von bis zu 50 Millionen Euro.

Kritiker des Gesetzes warnen davor, dass damit den Unternehmen die Entscheidung darüber überlassen werde, was rechtmäßig sei. Außerdem sehen sie die Gefahr einer Einschränkung der Meinungsfreiheit, weil Netzwerke sich aus Angst vor den Strafen eher für das Löschen grenzwertiger Beiträge entscheiden könnten.

Die EU setzt im Umgang mit Hass und Hetze im Internet vorerst weiter auf die Kooperation sozialer Netzwerke. Erst wenn das scheitere, könnten europäische Vorgaben in Frage kommen, sagte EU-Justizkommissarin Vera Jourova am Freitag im estnischen Tallinn am Rande eines Treffens der EU-Justizminister. "Deshalb ist es ziemlich wichtig, jetzt auf Deutschland zu schauen und wie das dort klappt."

mgö/LTO-Redaktion

Mit Materialien der dpa

Zitiervorschlag

Marathonsitzung im Bundesrat: Homo-Ehe, Renten, Parteifinanzierung . In: Legal Tribune Online, 07.07.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23401/ (abgerufen am: 23.04.2024 )

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