BSG zu Beitragsnachforderung bei Zeitarbeitsfirmen: Erst mal mehr Sach­auf­klärung

17.12.2015

Die Deutsche Rentenversicherung Bund kann von Zeitarbeitsunternehmen Sozialversicherungsbeiträge nachfordern. Die Unternehmen unterliegen insoweit keinem Vertrauensschutz.

Forderungen in Millionenhöhe macht die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) gegen diverse Zeitarbeitsunternehmen geltend. Grundsätzlich zu Recht, entschied jetzt das Bundessozialgericht (BSG) Kassel. Die Höhe müsse die Tatsacheninstanz genau aufklären (Urt. v. 16.12.2015, Az. B 12 R 11/14 R).

Die DRV forderte von der Zeitarbeitsfirma R. H. Personalservice Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 75.000 Euro ein, nachdem die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalervice-Agenturen (CGZP) vom Bundesarbeitsgericht (BAG) für tarifunfähig erklärt worden war.

Die Nachforderung von Beiträgen auch für Zeiten vor dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts über die Tarifunfähigkeit der CGZP sei zwar bundesrechtlich grundsätzlich zulässig, so der 12. Senat. Die genaue Höhe der Forderung muss jedoch weiter geprüft werden. Wegen der vorangegangenen Verfahren in der Arbeitsgerichtsbarkeit und beim Bundesverfassungsgericht könne sich die Zeitarbeitsfirma grundsätzlich nicht erfolgreich auf Vertrauensschutz nach dem deutschen Recht - auch nicht nach Sozialversicherungsrecht – berufen, urteilten die Richter.

Beschäftigte und Sozialversicherungsträger müssen beigeladen werden

Wegen unwirksamer tariflicher Regelungen bestehe ein Anspruch der beschäftigten Leiharbeitnehmer auf ein gleich hohes Arbeitsentgelt, wie es die Stammbeschäftigten des Entleihunternehmens erhalten, wonach sich dann auch die Beitragshöhe richte. Allerdings lasse sich noch nicht verfahrensfehlerfrei entscheiden, in welcher Höhe und für welche Zeiträume genau Beiträge nachzuzahlen sind. Vor einer abschließenden Entscheidung müssen zunächst die betroffenen Beschäftigten und alle insoweit von den nachgeforderten Beiträgen begünstigten anderen Sozialversicherungsträger als notwendig Beigeladene am Rechtsstreit beteiligt werden.

Auch müssten Tatsachenfeststellungen dazu nachgeholt werden, welche Beiträge auf welche konkreten Entgeltansprüche entfallen und welche Beitragsanteile darüber hinausgehend auf einer an sich grundsätzlich zulässigen Schätzung beruhen. Sollen zudem – wie hier – über die vierjährige Verjährungsfrist hinaus Beiträge wegen vorsätzlicher Vorenthaltung unter Berufung auf die 30-jährige Verjährungsfrist nacherhoben werden, bedürfe es genauerer Feststellungen zum Vorsatz der im Betrieb verantwortlichen Personen.

Es handelt sich um die erste Entscheidung des Bundessozialgerichts im Nachgang zu der vom Bundesarbeitsgericht (Beschl. v. 14.12.2010, Az. 1 ABR 19/10) getroffenen Feststellung, dass die CGZP nicht die Mindestvoraussetzungen erfüllt, um als Gewerkschafts-Spitzenorganisation wirksame Tarifverträge abschließen zu können. Daraufhin hatte die DRV bei über 3.000 Arbeitgebern für Zeiten vom 1. Dezember 2005 bis 31. Dezember 2009 Beitragsnachforderungen von zusammen mehr als 220 Millionen Euro geltend macht.

tap/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BSG zu Beitragsnachforderung bei Zeitarbeitsfirmen: Erst mal mehr Sachaufklärung . In: Legal Tribune Online, 17.12.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17890/ (abgerufen am: 17.04.2024 )

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