Brexit-Gesetz: Ober­haus stimmt für Par­la­ments­be­tei­li­gung

08.03.2017

Das Parlament soll bei den Brexit-Verhandlungen ein Mitspracherecht bekommen, entschied das britische Oberhaus und votierte für einen entsprechenden Zusatz im Gesetz. Damit legen die Lords Premierministerin May weitere Steine in den Weg.

Das Brexit-Gesetz der britischen Regierung kommt einfach nicht voran. Nachdem der Supreme Court im Januar entschieden hatte, dass beim geplanten Ausstieg aus der EU auch das Parlament zu beteiligen sei, hat nun das Oberhaus für Premierministerin Theresa May eine weitere Hürde errichtet.

Die Lords stimmten am Dienstag mit einer Mehrheit von 366 zu 268 Stimmen für einen Zusatz im Brexit-Gesetz, welcher dem Parlament ein substanzielles Mitspracherecht bei den Austrittsverhandlungen einräumen soll.

Zuvor war im Oberhaus hitzig debattiert worden. Unter anderem warf Brexit-Staatssekretär George Bridges den Parlamentariern vor, sie würden mit den Änderungsanträgen "dem nationalen Interesse schaden". Michael Heseltine, einer von zwölf konservativen Lords, die für den Zusatz votierten, widersprach: Knapp die Hälfte der Wähler habe beim Brexit-Referendum im vergangenen Jahr gegen einen Austritt gestimmt: "Sie haben ein Recht, gehört zu werden".

May braucht Zustimmung des Parlaments

Nach der Entscheidung des höchsten britischen Gerichts muss Premierministerin May, die den Austritt schnellstmöglich vorantreiben will, beide Kammern des Parlaments, Ober- und Unterhaus, um Zustimmung ersuchen, um die Austrittsverhandlungen zwischen Großbritannien und der EU nach Art. 50 des EU-Vertrages (EUV) einzuleiten.

Die Entscheidung geht zurück auf eine Gruppe um die Fondsmanagerin Gina Miller, die sich vor Gericht gegen einen Austritt ohne parlamentarische Mitbestimmung gewehrt hatte. Ihrer Klage hatte im vergangenen November bereits der Londoner High Court stattgegeben.

Die Regierung will sich von der Entscheidung des Oberhauses aber nicht von ihrem Kurs abbringen lassen, wie unter anderem Brexit-Minister David Davis verlauten ließ. Man sei "enttäuscht" über die Entscheidung, wolle die Zusätze im Unterhaus aber wieder rückgängig machen. Es sei klar, dass einige Mitglieder im Oberhaus den Brexit-Prozess blockieren wollten.

Brexit-Zeitplan steht in Frage

In der vergangenen Woche war das Gesetz vom Oberhaus bereits um einen Zusatz erweitert worden, der die Rechte von EU-Bürgern garantieren soll. Das Unterhaus, welches den Gesetzentwurf zum Brexit bereits ohne Änderungen durchgewunken hatte, muss sich nun erneut damit beschäftigen. Das soll voraussichtlich in der nächsten Woche geschehen. Premierministerin May will nichtsdestotrotz an ihrem Zeitplan, den Brexit bis Ende März einzuleiten, festhalten.

Ob dieser aber eingehalten werden kann, ist fraglich. Bis sich Ober- und Unterhaus auf einen Wortlaut im Gesetzestext einigen, kann der Entwurf im "Ping-Pong"-Verfahren zwischen ihnen hin und her geschoben werden.

Dass durch diesen Streit der Brexit als solcher aber noch einmal ins Wanken geraten könnte, gilt als unwahrscheinlich.

dpa/mam/LTO-Redaktion

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Brexit-Gesetz: Oberhaus stimmt für Parlamentsbeteiligung . In: Legal Tribune Online, 08.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22310/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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