BGH verweist Zins-Swap-Streit zurück: Banken müssen aufklären, Kommunen können spekulieren

von Pia Lorenz

28.04.2015

Das OLG Düsseldorf muss erneut über die Klage der Stadt Ennepetal in Nordrhein-Westfalen wegen riskanter Zinswetten entscheiden. Bei der Zurückverweisung bekräftigte der BGH seine bisherige Rechtsprechung: Rät eine Bank zu einem eigenen Zinssatz-Swap-Vertrag, muss sie den Kunden über das Einpreisen ihrer Kosten und ihres Netto-Gewinns aufklären.

In Karlsruhe ging es am Dienstag vor dem Bankensenat um sogenannte Swap-Geschäfte, welche die kleine Gemeinde Ennepetal, wie viele andere Kommunen in den Jahren 2007 und 2008, mit der inzwischen aufgelösten WestLB vereinbart hatte. Die Gemeinde macht geltend, bei den hochriskanten Geschäften falsch beraten worden zu sein.

In der Hoffnung, Schulden abzubauen, hatten einige Kommunen sich auf die hochriskanten Geschäfte eingelassen, bei denen Anleger auf die Entwicklung von Zinsen und Währungen wetten. Neben der ehemaligen WestLB, deren Rechtsnachfolgerin Erste Abwicklungsanstalt (EAA) Ennepetal nun in Anspruch nimmt, boten vor allem die Deutsche Bank und die HypoVereinsbank solche Finanzderivate an. Die Banken erzielen beim Verkauf dieser Produkte hohe eigene Handelsgewinne, welche für den Kunden nicht erkennbar sind.

Die Stadt Ennepetal hatte am Ende statt der erhofften Gewinne 1,5 Millionen Euro Schulden, auf welche die EAA im Wege der Widerklage klagte. Die Kommune befürchtet außerdem Verluste aus den vier umstrittenen Geschäften und will die Verträge nicht mehr bedienen - der letzte läuft 2025 aus.

Es war nicht das erste Mal, dass die höchsten deutschen Zivilrichter über solche riskanten Zinswetten zu entscheiden hatten. Weil eine Bank beim Abschluss eines ähnlichen Zinswetten-Vertrags über sogenannte CMS Spread Ladder Swap-Verträge ihre Beratungspflichten verletzt hatte, hatte der Bankensenat des Bundesgerichtshofs (BGH) bereits im Jahr 2011 einem mittelständischen Unternehmen Schadensersatz zugesprochen (Urt. v. 22.03.2011, Az. XI ZR 33/10).

BGH: Aufklärung über negativen Marktwert bei Vertragsschluss

Auf diese Entscheidung nahm auch das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf Bezug, das ein Aufklärungsverschulden bejahte: Die WestLB habe nicht offengelegt, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Verluste der Kommune wahrscheinlicher waren als Gewinne. Wie schon die Vorinstanz gab es der Feststellungsklage von Ennepetal statt, dass keine Zahlungen mehr zu leisten seien. 

Dem wollte sich der BGH indes nicht vollends anschließen. Er verwies das Verfahren zurück nach Düsseldorf: Auf Grundlage der unvollständigen Feststellungen des Berufungsgerichts, das schon das Zustandekommen von Beratungsverträgen nicht sicher geklärt habe, könne der Senat nicht abschließend entscheiden, ob eine Zahlungspflicht der Kommune wegen einer etwaigen Beratungspflichtverletzung entfalle.

Der Senat weitet seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2011 zur Haftung für Falschberatung für Zins-Swap-Verträge aus. Unabhängig davon, wie komplex diese ausgestaltet sind, müssen Banken ihre Kunden über das Einpreisen ihrer Kosten und ihres Netto-Gewinns, d.h. also darüber aufklären, dass sie einen anfänglichen negativen Marktwert einstrukturiert haben.

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, BGH verweist Zins-Swap-Streit zurück: Banken müssen aufklären, Kommunen können spekulieren . In: Legal Tribune Online, 28.04.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/15379/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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