BGH zur Fortbildungspflicht von Fachanwälten

Artikel auf eigener Home­page keine wis­sen­schaft­liche Pub­li­ka­tion

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Fachanwälte müssen jedes Jahr nachweisen, dass sie sich in ihrem Bereich fortgebildet haben. Fachartikel, die nur auf der Kanzleiwebseite veröffentlicht sind, muss die Anwaltskammer aber nicht anerkennen, stellte jetzt der BGH klar.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, welche Anforderungen an eine wissenschaftliche Publikation im Sinne der Fachanwaltsordnung (FAO) zu stellen sind. Anwälte können sich demnach keine Fachbeiträge als Nachweis ihrer Fortbildung anrechnen lassen, die sie nur auf der eigenen Homepage veröffentlicht haben. Die Klage eines Rechtsanwalts, der sich gegen die Entziehung der Erlaubnis des Fachanwaltstitels gewehrt hatte, hatte damit keinen Erfolg (Urt. v. 20.06.2016, Az. AnwZ (Brfg) 10/15). Die Erlaubnis zum Führen eines Fachanwaltstitels hängt nach § 15 FAO von der stetigen Fortbildung des Rechtsanwalts ab. Dieser Pflicht kann er durch Teilnahme an speziellen Fortbildungsveranstaltungen oder durch wissenschaftliche Publikation zum jeweiligen Rechtsgebiet nachkommen. Jährlich darf die Fortbildungszeit 15 Stunden nicht unterschreiten. Fachanwälte müssen der Rechtsanwaltskammer entsprechende Nachweise zukommen lassen. Andernfalls kann diese die Erlaubnis zum Führen des Fachanwaltsitels gemäß § 43c Abs. 4 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) widerrufen. Ein Fachanwalt für Informationstechnologierecht aus dem Raum Frankfurt hatte seine Fortbildungstätigkeit für das Jahr 2012 durch zwei Fachbeiträge auf seiner eigenen Homepage nachweisen wollen. Die Rechtsanwaltskammer widerrief jedoch im Frühjahr 2014 die Erlaubnis zum Führen des Titels. Der Anwalt habe nicht nachgewiesen, seiner Fortbildungspflicht nachgekommen zu sein, so die Begründung. Der mit der Sache zunächst befasste Hessische Anwaltsgerichtshof hob zugunsten des Rechtsanwalts den Bescheid zwar wieder auf, lies aber die Berufung zu. Nun entschied der BGH.

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"Auf Fachveranstaltungen wird geschlafen, gegessen, Zeitung gelesen"

Die Richter in Karlsruhe folgten den Argumenten des Anwalts nicht. Der hatte vor allem mit Blick auf Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) kritisiert, dass die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung auch nicht besser geeignet sei, die eigene Fortbildung zu belegen, als die Veröffentlichung eines Fachbeitrags auf der eigenen Homepage. Denn der Besuch einer Fachveranstaltung erschöpfe sich häufig in der "passiven Entgegennahme fremden Wissens". Tatsächlich gebe es Teilnehmer, die währenddessen Zeitung lesen, Speisen und Getränke zu sich nehmen, einschlafen oder sich nach Abzeichnung der Anwesenheitsliste entfernen. Dem mochte der BGH zwar nicht widersprechen. Es folge hieraus aber nicht zwangsläufig, dass Fortbildungsveranstaltungen zur Qualitätssicherung nicht geeignet seien, so die Richter. Missbrauch gebe es überall. Schließlich könnten auch wissenschaftliche Publikationen im Einzelfall wertlos sein, etwa wenn von Kollegen nur abgeschrieben werde. Auf den entsprechenden Veranstaltungen biete sich aber immerhin die Möglichkeit, Fragen zu stellen, zu diskutieren oder Erfahrungen auszutauschen.

Entscheidend ist die Zitierfähigkeit der wissenschaftlichen Arbeit

Wie die Rechtsanwaltskammer vertrat der BGH zudem die Auffassung, dass der Anwalt seiner Fortbildungspflicht nicht nachgekommen sei. Seine veröffentlichten Beiträge seien für den Nachweis nicht geeignet. Auch wenn derartige Texte ebenfalls einen hohen zeitlichen und gedanklichen Aufwand bedeuten könnten, fielen solche Arbeiten aber bereits unter die allgemeine Fortbildungspflicht eines jeden Rechtsanwalts aus § 43a BRAO. Eine wissenschaftliche Publikation erfordere dagegen, dass das Werk an ein bestimmtes Träger- oder Übertragungsmedium fest gebunden und damit der Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich sei. Denn der Sinn einer wissenschaftlichen Publikation sei die Sicherung und Verbreitung einmal gewonnener Erkenntnisse, die von beliebig vielen Menschen zur Kenntnis genommen und fortentwickelt werden könnten. Nach herkömmlichem Verständnis sei damit vor allem die schriftliche Arbeit gemeint, die von einem Fachverlag in dauerhaft verkörperter Form veröffentlicht werde. Auch elektronische Medien seien nicht von vornherein ungeeignet, solange die enthaltenen Beiträge dauerhaft verfügbar seien und unverändert blieben. Die eigene Homepage erfülle den Anspruch der Zitierfähigkeit jedoch nicht, da der Inhaber die Beiträge nach Belieben verändern oder gar entfernen könne, ohne dies zu dokumentieren. Eine wissenschaftliche Verwertung sei dadurch ausgeschlossen, so der BGH. Nicht zuletzt weise die Veröffentlichung durch einen Fachverlag oder einer Universität typischerweise das für eine wissenschaftliche Publikation erforderliche Niveau auf. Dadurch, dass der Verfasser sich dem Fachpublikum stelle, sei auch ein gewisses inhaltliches Niveau gewährleistet. una/LTO-Redaktion

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