Abtretung des Freistellungsanspruchs im D&O-Versicherungsfall: Kein Nach­weis der "ernst­li­chen" Inan­spruch­nahme nötig

14.04.2016

Für den Eintritt des Versicherungsfalls in der D&O-Versicherung ist die schriftliche Inanspruchnahme ausschlaggebend. Eine "Ernstlichkeit" der Inanspruchnahme muss der Versicherungsnehmer nicht darlegen, entschied der BGH.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit zwei Entscheidungen klargestellt, dass für den Eintritt des Versicherungsfalls in der D&O-Versicherung die schriftliche Inanspruchnahme ausschlaggebend ist (Urt. v. 13.04.2016, Az. IV ZR 304/13 und IV ZR 51/14). Eine darüber hinaus im Innenhaftungsfall vom geschädigten Versicherungsnehmer darzulegende "Ernstlichkeit" der Inanspruchnahme ist nicht erforderlich. Zudem ist die Abtretung des Freistellungsanspruchs des versicherten Managers an das Unternehmen, das ihn in Anspruch nimmt, zulässig.

Die Richter in Karlsruhe verhandelten zwei Fälle, in welchen Geschäftsführer von ihrer Gesellschaft wegen unterschiedlicher Pflichtverletzungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen wurden. Die Geschäftsführer als versicherte Personen traten daraufhin ihren Freistellungsanspruch aus der D&O-Versicherung an die jeweilige Gesellschaft als Versicherungsnehmerin ab.

Der Versicherer lehnte in beiden Fällen eine Deckung ab. Es mangele an der ernsthaften Absicht der jeweiligen Versicherungsnehmerin, ihren gegenwärtigen Geschäftsführer tatsächlich auf Schadenersatz in Anspruch zu nehmen. Außerdem sei die Abtretung nicht zulässig. Die Inanspruchnahme erfolge nur der Form halber, um im kollusiven Zusammenwirken mit der versicherten Person den Versicherungsfall auszulösen.

BGH: "Ernstlichkeit" kein Tatbestandsmerkmal

Die versicherungsnehmenden Unternehmen klagten daraufhin auf Deckung. Anders als der BGH folgte das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in der Vorinstanz der Ansicht des beklagten Versicherers: Der Versicherungsfall setze nicht nur ein förmliches Anspruchschreiben, sondern auch die "Ernstlichkeit" der Inanspruchnahme voraus. Ob eine Inanspruchnahme in diesem Sinne "ernstlich" ist, sei eine tatrichterliche Einzelfallentscheidung.

Der BGH entschied dagegen, dass die Abtretung des Freistellungsanspruchs des Managers gegen den D&O-Versicherer an das Unternehmen zulässig ist. Die "Ernstlichkeit der Inanspruchnahme" sei kein Tatbestandsmerkmal des Versicherungsfalls in der D&O-Versicherung.

Für Dr. Mark Wilhelm, Partner der klägervertretenden Sozietät Wilhelm, hat der BGH mit seinem Urteil für Rechtssicherheit gesorgt. "Versicherte Personen können künftig wieder ihren Freistellungsanspruch an das geschädigte Unternehmen abtreten, ohne dass ihnen der Versicherer deshalb vertragswidriges Verhalten unterstellen kann". Auch einer Weiterbeschäftigung des versicherten Managers stehe die Inanspruchnahme nun nicht mehr im Wege.

nas/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Abtretung des Freistellungsanspruchs im D&O-Versicherungsfall: Kein Nachweis der "ernstlichen" Inanspruchnahme nötig . In: Legal Tribune Online, 14.04.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/19073/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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