Inkassoanwalt sendet Mahnschreiben: BGH bestätigt Urteil wegen versuchter Nötigung

12.12.2013

Die einzelnen Forderungen nicht geprüft, mit Strafanzeige gedroht, über 100.000 Euro kassiert. Ein Rechtsanwalt ist vom LG Essen wegen versuchter Nötigung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Und das zu Recht, findet der BGH.

Mehrere anwaltliche Mahnschreiben zu unberechtigten Forderungen eines sogenannten Gewinnspieleintragungsdienstes beschäftigten zuletzt den Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Die Richter bestätigten ein Urteil des Landgerichts (LG) Essen, welches den mahnenden Volljuristen zu einer Bewährungsstrafe wegen versuchter Nötigung verurteilt hatte (LG-Urt. v. 13.12.2012, Az. 59 KLs/12).

Den Kunden war telefonisch angeboten worden, sie gegen einen bestimmten Teilnehmerbeitrag in Gewinnspiele einzutragen. Tatsächlich sei dies nie geschehen, teilte das Gericht mit. Die Beiträge wurden dennoch zunächst per Lastschrifteinzug kassiert. In vielen Fällen kam es jedoch zu Rücklastschriften durch die Kunden. Damit wollte sich der Verantwortliche des Eintragungsdienstes nicht abfinden. So engagierte er den angeklagten Anwalt.

Strafrechtliche Konsequenzen als Druckmittel

Der Jurist habe mehrere Entwürfe für Mahnschreiben erstellt. Hierdurch sei für die Empfänger der Eindruck entstanden, die gegen sie gerichteten Forderungen seien hinreichend geprüft worden. Deren Namen habe jedoch nicht der Anwalt, sondern sein Mandant eingetragen. Er sei es auch gewesen, der die Briefe verschickt hatte, heißt es von Seiten des Gerichts. Ob die Forderungen überhaupt bestanden, habe den Angeklagten nicht gekümmert.

Die Mahnschreiben hatten insbesondere eine Drohung mit strafrechtlichen Konsequenzen zum Inhalt. Tatsächlich aber hätten sich Anwalt und Mandant darauf verständigt, dass es zu keiner gerichtlichen Geltendmachung kommen solle. Die Drohung sollte nur ein Druckmittel sein. Eines, was schließlich Wirkung zeigte: Aufgrund der Aktion kamen fast 860.000 Euro zusammen, der Anwalt erhielt hiervon 140.000 Euro.

Das LG hatte nicht sicher feststellen können, ob die Geschädigten aufgrund der Drohung mit Strafanzeige gezahlt hatten oder bereits dadurch, dass sie überhaupt ein Mahnschreiben erhalten hatten. Eine vollendete Nötigung schied damit aus.

Mit Autorität eines Organes der Rechtspflege gedroht

Das Urteil aus Essen ist nun von den BGH-Richtern bestätigt worden. Es komme im Übrigen nicht darauf an, ob der Anwalt konkret gewusst habe, dass die eingetrieben Forderungen zivilrechtlich nicht gerechtfertigt waren. Die Behauptungen und die Androhungen in den Schreiben seien jedenfalls mit den Grundsätzen eines geordneten Zusammenlebens nicht vereinbar, gab der BGH bekannt.

Der Straftatbestand der Nötigung, § 240 Strafgesetzbuch (StGB), fordert eine gesonderte Prüfung der Rechtswidrigkeit. Diese muss anhand einer Zweck-Mittel-Relation festgestellt werden. Der BGH wertete das Handeln des Angeklagten als verwerflich, da er juristischen Laien mit der Autorität eines Organs der Rechtspflege gedroht habe, um sie zur Zahlung zu bewegen (Beschl. v. 05.09.2013, Az. 1 StR 162/13).

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Inkassoanwalt sendet Mahnschreiben: BGH bestätigt Urteil wegen versuchter Nötigung . In: Legal Tribune Online, 12.12.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/10335/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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