BGH verwirft Revision: Flücht­ling macht sich als Helfer von Sch­leu­sern strafbar

14.11.2019

Bei einer Überfahrt im Januar 2016 von der Türkei auf eine griechische Insel kenterte ein überladenes Flüchtlingsboot. Mindestens 35 Menschen ertranken. Ein Flüchtling, der die Schleuser unterstützte, hat sich dabei laut BGH strafbar gemacht.

Ein Flüchtling, der seine Schleuser unterstützt, macht sich selbst strafbar. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe (Urt. v. 14.11.2019, Az. 3 StR 561/18). Der 3. Strafsenat verwarf die Revision eines Mannes aus Afghanistan, den das Landgericht (LG) Osnabrück zu einer Bewährungsstrafe von anderthalb Jahren wegen Beihilfe zum Einschleusen von Ausländern mit Todesfolge verurteilt hatte.

Der Angeklagte war mit Hilfe von Schleusern von Afghanistan in die Türkei ausgereist, um von dort nach Griechenland weiter geschleust zu werden. Gegenüber seinem Schleuser sagte er zu, als männlicher Begleiter, Ansprechpartner und Kontaktperson von zwei ebenfalls nach Griechenland zu schleusenden afghanischen Frauen und deren vier Kindern zu dienen.

Bei der Überfahrt nach Griechenland war das Boot überladen und kenterte nach stundenlanger Irrfahrt in griechischen Hoheitsgewässern. Die zwei Frauen und ihre vier Kinder sowie weitere Passagiere des Boots ertranken, der Angeklagte wurde hingegen von der griechischen Küstenwache gerettet und reiste später nach Deutschland weiter. Das LG hat in der später umgesetzten Zusage, für die Frauen als Begleiter zu fungieren, eine strafbare Unterstützung des Schleusers der Frauen gesehen.

"Täter und Opfer zugleich"

Der BGH bestätigte das Urteil und verwarf die Revision des Flüchtlings. Der Vorsitzende Richter Jürgen Schäfer sprach von einem tragischen Fall: "Der Angeklagte ist Opfer und Täter zugleich." Er hatte den Frauen zum Beispiel beim Transport des Gepäcks geholfen und ihnen Lebensmittel besorgt. Einen finanziellen Vorteil hatte der Mann nicht, auch er habe für seine Flucht Geld bezahlt. Er habe nicht viel mehr, aber doch etwas mehr getan, als für seine eigene Einreise nötig gewesen sei.

Entscheidend für die Strafbarkeit sei die Zusage an die Schleuser und deren Einhaltung. Die Einreise über die Seegrenzen nach Griechenland ohne das erforderliche Visum sei strafbar gewesen. Als Hilfeleistung sei alles anzusehen, was den Erfolg der Täter fördere. Schon die Zusage einer Handlung könne eine Unterstützung sein. Der Flüchtling habe im Verfahren vor dem LG angegeben, sich bei der Weiterreise innerhalb der EU Vorteile davon zu versprechen, in Begleitung von Frauen und Kindern zu sein. Nach Angaben des Richters liegt die Tat des Angeklagten, der mehrere Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte, im unteren Bereich der Beihilfe.

Der Verteidiger des Flüchtlings hatte in der Verhandlung vergeblich argumentiert, sein Mandant habe nicht mehr getan, als anderen Menschen in einer schwierigen Lage eine selbstverständliche Hilfe zu geben. Das Urteil des LG ist mit der Entscheidung des BGH rechtskräftig.

acr/LTO-Redaktion

Mit Materialien von dpa

Zitiervorschlag

BGH verwirft Revision: Flüchtling macht sich als Helfer von Schleusern strafbar . In: Legal Tribune Online, 14.11.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38717/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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