BFH sieht keine Steuerhinterziehung: Fehler des Finanzamts dürfen ausgenutzt werden

23.04.2013

Wer eine fehlerfreie Steuererklärung abgegeben hat, begeht keine Steuerhinterziehung, wenn er in der nächsten Einkommensteuererklärung einen Fehler des Finanzamts aus dem Vorjahr ausnutzt. Dies geht aus einem kürzlich bekannt gewordenen Urteil des BFH hervor.

Der Kläger hatte für die Veranlagungszeiträume korrekt positive Einkünfte erklärt; den Fehler hatte das Finanzamt gemacht. Dieses hatte die Einkünfte nämlich fälschlich als negative erfasst und einen verbleibenden Verlustvortrag festgestellt. Ein solcher Verlustvortrag ist die Summe der Verluste, die in den abgelaufenen Veranlagungszeiträumen angefallen sind und nicht mit positiven Einkünften verrechnet werden konnten.

In seiner Einkommensteuererklärung nahm der Kläger den festgestellten Verlustvortrag zunächst in Anspruch. Später erklärte er aber selbst gegenüber den Finanzbehörden, er habe damit eine Steuerhinterziehung begangen. Er wollte so Straffreiheit nach dem Strafbefreiungserklärungsgesetz in Anspruch nehmen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte nun die Auffassung des Finanzgerichts, das mangels einer Straftat die Voraussetzungen für die Abgabe einer strafbefreienden Erklärung verneint hatte. Die Einkommensteuererklärungen für die Vorjahre wiesen zutreffend positive Einkünfte aus. Auch die Erklärungen für die Folgejahre waren weder unrichtig noch unvollständig, denn die Bestandskraft des Verlustfeststellungsbescheids berechtige dazu, den materiell unzutreffend festgestellten Verlustvortrag in Anspruch zu nehmen.

Insbesondere war der Mann nicht dazu verpflichtet, das Finanzamt auf die Fehlerhaftigkeit des Bescheids hinzuweisen, da er seine Erklärungspflichten vollständig und richtig erfüllt hatte. Auch § 153 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung sieht eine Berichtigungspflicht im Anschluss an eine abgegebene Steuererklärung unter anderem nur vor, wenn diese Erklärung "unrichtig oder unvollständig" war (Urt. v. 04.12.2012, Az. VIII R 50/10).

 plö/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BFH sieht keine Steuerhinterziehung: Fehler des Finanzamts dürfen ausgenutzt werden . In: Legal Tribune Online, 23.04.2013 , https://www.lto.de/persistent/a_id/8586/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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