BAG zu indizierter Altersdiskriminierung: Bis zum Beweis des Gegenteils

23.07.2015

Sprechen Indizien für eine Benachteiligung im Arbeitsverhältnis, muss nach dem AGG die andere Seite das Gegenteil beweisen. Das BAG in Erfurt hat am Donnerstag entschieden, dass dies auch für Kleinbetriebe gilt.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Kündigung einer Arzthelferin wegen des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 Antidiskriminierungsgesetz (AGG) für unwirksam erklärt. Zugunsten der Frau, die lediglich Indizien für eine Diskriminierung vortragen konnte, greife auch in Kleinbetrieben die Beweislastumkehr nach § 22 AGG, führten die Richter aus. Die beklagte Arbeitgeberin hätte die Vermutung der Diskriminierung widerlegen müssen (Urt. v. 23.07.2015, Az. 6 AZR 457/14).

Die 1950 geborene Frau arbeitete seit 1991 in der Gemeinschaftspraxis, in der im Jahr der Kündigung noch vier weitere jüngere Arbeitnehmerinnen tätig waren. Die Kündigung begründeten die Gesellschafter mit erforderlichen Umstrukturierungsmaßnahmen. Dabei führten sie an, die Frau sei "inzwischen pensionsberechtigt". Die übrigen Mitarbeiterinnen behielten ihren Job.

Beweis nicht erforderlich

Mit ihrer Klage verfolgte die Arzthelferin das Ziel, die Kündigung für unwirksam zu erklären und eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung zu erhalten. Viel mehr als die Formulierung des Kündigungsschreibens konnte sie jedoch nicht vortragen. Die Gesellschafter gaben an, die Kündigung lediglich freundlich formuliert zu haben. Der Frau sei nur deshalb gekündigt worden, weil sie im Vergleich zu den anderen schlechter qualifiziert sei.

In den Vorinstanzen blieb die Dame mit ihrer Klage erfolglos. Mit der Entscheidung des BAG wandte sich am Donnerstag das Blatt. Die Kündigung verstoße gegen § 7 Abs. 1 AGG, auch wenn die Frau keinen ausreichenden Beweis geboten habe. Dieser sei entbehrlich, wenn der Verstoß durch Indizien vermutet werden könne. Dann treffe auch in kleinen Betrieben den Arbeitgeber nach § 22 AGG die Beweislastumkehr. Hier hätten die Gesellschafter also beweisen müssen, dass mit der Erwähnung der "Pensionsberechtigung" die vermutete Altersdiskriminierung nicht vorliegt. Das aber sei nicht geschehen, so das Urteil.

Über eine Entschädigung entschieden die Richter nicht. Hierfür sei eine neue Verhandlung und Entscheidung der Vorinstanz, des Sächsischen Landesarbeitsgerichts (LAG) nötig. Die Sache wurde daher zurückverwiesen.

una/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

BAG zu indizierter Altersdiskriminierung: Bis zum Beweis des Gegenteils . In: Legal Tribune Online, 23.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16349/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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