Dicke Luft in Stuttgart: Land will Gerichts­be­schluss zur Luf­t­r­ein­hal­tung nicht akzep­tieren

02.08.2018

Baden-Württemberg muss Fahrverbote für Euro-5-Diesel festlegen – und zwar sofort. So haben es Stuttgarter Richter angeordnet. Grün-Schwarz aber hat andere Pläne. Und zeigt sich kämpferisch.

Baden-Württemberg will sich dem Druck des Stuttgarter Verwaltungsgerichts (VG) nicht beugen und weiter erstmal keine Fahrverbote für Euro-5-Diesel festlegen. Gegen die Entscheidung des Gerichts, dass solche Verbote zwingend bis spätestens Ende August im Luftreinhalteplan für die Stadt Stuttgart ergänzt werden müssen, werde das Land Beschwerde einlegen, teilte das Staatsministerium am Mittwoch mit. Man sei von der Wirksamkeit des kürzlich beschlossenen Maßnahmenpakets für saubere Luft überzeugt.

Die grün-schwarze Landesregierung hatte unter anderem festgelegt, dass von Januar 2019 an keine älteren Diesel mit der Abgasnorm Euro 4 und schlechter mehr in die Landeshauptstadt fahren dürfen. Ob das Verbot später auf Euro-5-Diesel ausgeweitet wird, will sie davon abhängig machen, ob das Paket bis dahin Wirkung zeigt und die Luft in Stuttgart besser wird.

Den Richtern reichte das nicht. Sie entschieden in einem von der Deutschen Umwelthilfe initiierten Zwangsvollstreckungsverfahren, dass das Land die Fahrverbote für Euro 5 schon jetzt und ganz konkret in seinen Plan aufnehmen muss. Macht es das bis zum 31. August nicht, ist ein Zwangsgeld möglich.

Landesregierung von bestehendem Maßnahmenpaket überzeugt

"Wir haben die Begründung des Verwaltungsgerichts gründlich geprüft und sind auch weiterhin davon überzeugt, dass der Entwurf des Luftreinhalteplans und das von der Landesregierung und den Regierungsfraktionen beschlossene umfassende Maßnahmenpaket für saubere Luft in Höhe von 450 Millionen Euro richtig und wirksam sind", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Arne Braun. Das Paket sieht unter anderem mehr Expressbuslinien und ein besseres Parkraummanagement in Stuttgart vor.

Die Regierungspartner zeigten sich am Mittwoch einig, dass ihr Plan für bessere Luft in der Stadt sorgen werde und die Beschwerde gegen den Gerichtsentscheid der richtige Weg ist - allein schon, um Rechtssicherheit zu erlangen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) kritisierte die Entscheidung. "Damit setzt die Landesregierung ihre sattsam bekannte Verzögerungs- und Hinhaltetaktik auf Kosten der von dreckiger Luft belasteten Bevölkerung fort. Für eine grün geführte Regierung ist dies ein völlig unwürdiges Vorgehen", sagte die Landesgeschäftsführerin des BUND, Sylvia Pilarsky Grosch. Das Maßnahmenpaket für saubere Luft sei nur mittel- und langfristig wirksam und daher nicht geeignet, kurzfristig und zeitnah die Grenzwerte einzuhalten, wie es die Gerichte fordern.

Grüne kritisieren Grüne

"«Für uns war immer klar, dass Einfahrtsbeschränkungen für Fahrzeuge mit Euro-5-Diesel kommen werden, sollte die Luft in Stuttgart nicht sauberer werden", sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz. "Wir wollen keinen Automatismus, sondern auch weiterhin freie Fahrt für Euro-5-Diesel", erklärte sein CDU-Kollege Wolfgang Reinhart, der sich schon unmittelbar nach der Gerichtsentscheidung für eine Beschwerde ausgesprochen hatte.

Kritik an der Entscheidung der Grünen kam aus den eigenen Reihen. "«Wir verstehen nicht, weshalb man jetzt der CDU-Fraktion nachgibt und Beschwerde in Mannheim einlegt", sagte der Landessprecher der Grünen Jugend, Marcel Roth. Wenn der Plan am Ende aufgehe: gut. Aber man sei ähnlich skeptisch wie die Verwaltungsrichter. "Die Euro-5-Einschränkung muss jetzt in den Luftreinhalteplan", forderte Roth.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte, Grün-Schwarz sei nun offensichtlich zur Vernunft gekommen. "Mit diesem Kampfgeist hätte man früher schon Schlimmeres verhindern können und Lösungen ohne Fahrverbote ermöglicht."

dpa/acr/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Dicke Luft in Stuttgart: Land will Gerichtsbeschluss zur Luftreinhaltung nicht akzeptieren . In: Legal Tribune Online, 02.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30139/ (abgerufen am: 19.03.2024 )

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