Anwalt klagt 52 Euro doppelt ein: AGH NRW bestä­tigt Ver­weis und Geld­buße

von Pia Lorenz

16.10.2015

Weil er eine Forderung, die schon rechtskräftig abgewiesen war, nochmal einklagte, wurde ein Anwalt aus Düsseldorf wegen Prozessbetrugs verurteilt. Nun verhängte der AGH NRW noch einen Verweis und eine Geldbuße. Es ging um: 52 Euro.

Gegen einen wegen versuchten Prozessbetruges rechtskräftig verurteilten Rechtsanwalt können auch anwaltsgerichtliche Maßnahmen erforderlich sein, um den Rechtsanwalt zur Erfüllung seiner anwaltlichen Berufspflichten anzuhalten und das Ansehen der Rechtsanwaltschaft zu wahren. Das hat der Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen entschieden (AGH NRW, Urt. v. 14.08.2015, Az. 2 AGH 20/14).

Von einer anwaltsgerichtlichen Ahndung könne er, so der AGH in seiner am Donnerstag bekannt gewordenen Entscheidung, auch nicht wegen der bereits erfolgten strafrechtlichen Verurteilung des Anwalts absehen. Und zwar umso weniger, weil das ihn verurteilende Landgericht die Tatsache, dass er als Rechtsanwalt seine Pflichten zu erfüllen und das Ansehen der Anwaltschaft zu wahren habe, bei der Strafzumessung nicht berücksichtigt habe.

Der Versuch des Advokaten, dem eigenen Mandanten einen Vollstreckungstitel zu erschwindeln, sei in besonderem Maße geeignet, Achtung und Vertrauen der Rechtsuchenden zu beeinträchtigen, befand der 2. Senat des für die Entscheidung berufsrechtlicher Fragen der Anwaltschaft zuständigen obersten Landesgerichts. Die Richter, die ihren Sitz beim Oberlandesgericht (OLG) in Hamm haben, bestätigten den erstinstanzlich vom Anwaltsgericht Düsseldorf ausgesprochenen Verweis und setzen eine Geldbuße fest, die sie aufgrund der wirtschaftlichen Situation des Anwalts und der schon erfolgten strafrechtlichen Verurteiltung mit 500 Euro bezifferten.

Angestrebter Vermögensvorteil: 300 Euro

Auch wenn der Anwalt insgesamt nur einen Vermögensvorteil in der Größenordnung von etwa 300 Euro erstrebt habe, lägen gravierende Verstöße gegen die anwaltlichen Berufspflichten vor, die das Anwaltsgericht zu Recht mit einem Verweis und einer Geldbuße geahndet habe, so der 2. Senat. 

Der in Düsseldorf praktizierende Anwalt verfolgte für einen Mandanten im Jahre 2009 Ansprüche aus der Inanspruchnahme von 0900-Mehrwertrufnummern in Höhe von 36,26 Euro und 15,74 Euro, jeweils zuzüglich Zinsen und vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 36,54 Euro. Das seinerzeit zuständige Amtsgericht (AG) Idstein wies die Klagen rechtskräftig ab. Nach dem Umzug des in dem Zivilprozess Beklagten klagte der Advokat dieselben Ansprüche für seinen Mandanten beim AG Freising erneut ein, ohne den Erstprozess in seiner Klagebegründung zu erwähnen. Auch diese Klagen waren nicht erfolgreich.

Das AG Freising sah in dem Verhalten des Düsseldorfers zudem einen versuchten Prozessbetrug und verurteilte ihn in einem Strafverfahren zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro, die das LG Landshut im Berufungsverfahren auf 1.200 Euro reduzierte. Eine Revision des Anwalts zum OLG München und eine Verfassungsbeschwerde gegen die strafrechtliche Verurteilung blieben erfolglos.

Ergebnis: 1.200 Euro Geldstrafe, Verweis, 500 Euro Geldbuße

Zu Recht, findet auch der AGH: Der Anwalt habe bei dem zur Entscheidung des Zweitprozesses berufenen Richter die unzutreffende Vorstellung einer zulässig und schlüssig erhobenen Klage hervorrufen wollen. Das sei in beiden Fällen ein versuchter Prozessbetrug, da er gewusst habe, dass seinem Mandanten die im Zweitprozess geltend gemachten Ansprüche schon aufgrund ihrer rechtskräftigen Aberkennung im Erstprozess nicht zugestanden hätten.

Als Rechtsanwalt sei er gehalten gewesen, die unstreitige Tatsache des Erstprozesses im Zweitprozess vorzutragen, weil die Parteien eines Zivilprozesses gemäß § 138 Zivilprozessordnung (ZPO) verpflichtet seien, im Prozess vollständig und wahrheitsgemäß vorzutragen.

Die strafrechtliche Verurteilung greife, so die (Anwalts-)Richter in Hamm, nicht in seine Berufsfreiheit ein. Die Freiheit der Advokatur oder die Stellung eines Anwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege würden nicht dadurch beeinträchtigt, dass vom ihm verlangt wird, ihm bekannte, unstreitige und in Zivilprozessen nach allgemeinen Grundsätzen erhebliche Tatsachen, die der Zulässigkeit oder Begründetheit seiner Klage entgegenstehen, vorzutragen und nicht zu unterdrücken. Jeder bewusst wahrheitswidrige Vortrag vor Gericht oder einer Behörde sowie solche Angaben gegenüber Mandanten oder dem gegnerischen Anwalt seien mit § 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) unvereinbar und damit pflichtwidrig.

Zitiervorschlag

Pia Lorenz, Anwalt klagt 52 Euro doppelt ein: AGH NRW bestätigt Verweis und Geldbuße . In: Legal Tribune Online, 16.10.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17231/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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