Streit zwischen Gemeinde und Reitern: Neue Lan­des­re­gie­rung stoppt Pfer­de­steuer in letzter Minute

14.06.2017

Die Gemeinde Tangstedt in Schleswig-Holstein wollte eine Pferdesteuer einführen, doch das sorgte für großen Unmut unter Reitern. Anwälte wurden mandatiert und Gutachten gefertigt. Nun mischt sich die künftige Landesregierung ein.

Das Vorhaben einer kleinen Gemeinde in Schleswig-Holstein sorgte unlängst bundesweit für Aufsehen: In Tangstedt plante man, eine Pferdesteuer einzuführen, wogegen die betroffenen Reiter sogleich Sturm liefen. Ein Gutachten hält die geplante Steuer gar für verfassungswidrig.

Am heutigen Mittwoch sollte über die Einführung der Steuer entschieden werden, doch kurz vor der Abstimmung macht die künftige Landesregierung der Kommune offenbar einen Strich durch die Rechnung.

Das Halten und entgeltpflichtige Benutzen (sprich: Reiten) von Pferden sollte nach einem Vorhaben der Gemeinde Tangstedt in Schleswig-Holstein künftig in ihrer Ortschaft besteuert werden. Was zunächst nach einer nicht weiter wichtigen Knauserei klingt, entpuppte sich in den vergangenen Wochen als Pulverfass.

Gutachten: Pferdesteuer verfassungswidrig

Die örtliche CDU befürchtete in einem Positionspapier empfindliche Schäden für den schleswig-holsteinischen Pferdesport und stellte sich gegen die Steuer. Bürgerinitiativen formierten sich und forderten einen Stopp des Vorhabens, schließlich wurden Anwälte eingeschaltet. Eine Gruppe Tangstedter Reiterinnen und Reiter kündigte gar an, gegen die Steuer vorzugehen und ggf. einen Normenkontrollantrag anzustrengen.

"Wir werden uns nicht mit der Pferdesteuer abfinden, sondern sie vor Gericht zu Fall bringen" ließ Christina Pampel, eine Hamburger Bürgerin und Halterin eines in Tangstedt untergebrachten Pferdes, noch am Dienstag in einer Pressemittelung der von den Pferdehaltern mandatierten Kanzlei GvW Graf von Westphalen verbreiten.

Prof. Dr. Jörn Axel Kämmerer, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Völker- und Europarecht an der Bucerius Law School in Hamburg, fertigte ein umfangreiches Gutachten zu dem Thema an und kam zu dem Ergebnis, dass die Pferdesteuer verfassungswidrig sei.

Neue Regierung interveniert

Zum einen verstoße die Besteuerung von Pferden gegen das landesverfassungsrechtliche Sportförderungsgebot aus Art. 13 Abs. 3 Landesverfassung Schleswig-Holstein. Der gewichtigste Grund aber sei eine mittelbare Diskriminierung von Frauen, da über 90% der dortigen Pferdehalter, die nach dem Vorhaben abgabenpflichtig wären, weiblich seien.

Nun scheinen die Anstrengungen der Steuergegner offenbar bis zur Landespolitik durchgedrungen zu sein. Und diese hat sich bekanntlich erst vor Kurzem neu formiert: Am 7. Mai fanden die Landtagswahlen statt, nun bildet sich eine "Jamaika-Koalition", angeführt vom Wahlsieger CDU. Diese hat offenbar schon vor Aufnahme der Regierungsgeschäfte reagiert und der Pferdesteuer eine Absage erteilt.

Im Regierungsprogramm der Koalition, welches die Parteien bei einer Sitzung am Mittwoch in Kiel präsentieren, heißt es unter anderem: "Durch eine Änderung des Kommunalabgabegesetzes wird die Erhebung von Steuern (beispielsweise Reitsport) ausgeschlossen." Dies berichten die Lübecker Nachrichten in ihrem Online-Auftritt. Die Gemeinde soll daraufhin nach Informationen der Zeitung die Pferdesteuer von der Tagesordnung für die heutige Sitzung gestrichen haben.

mam/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Streit zwischen Gemeinde und Reitern: Neue Landesregierung stoppt Pferdesteuer in letzter Minute . In: Legal Tribune Online, 14.06.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23190/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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