Erfolgreich akquirieren: Was will mein Man­dant eigent­lich?

Gastbeitrag von Ass. jur. Carmen Schön

18.12.2019

Wer als Anwalt seine Beratungsleistung erfolgreich verkaufen will, muss zunächst vor allem eines klären: Was braucht der Mandant überhaupt? Carmen Schön erläutert, wie sich das geschickt herausfinden lässt.

Sie haben sich gut vorbereitet und einen ersten Kontakt mit Ihrem potenziellen neuen Mandanten geknüpft. Nun sind Sie mit ihm zu einem Gespräch verabredet und wollen natürlich erreichen, dass er Sie mandatiert. In dieser Phase der Akquise muss daher im Vordergrund stehen, den Bedarf des Mandanten zu ermitteln.

Das allerdings läuft nicht bei allen Anwälten optimal. Denn Anwälte fühlen sich oft unter Druck und glauben, sie müssten jede Minute nutzen. Deswegen sprechen sie schnell drauflos, wenn Sie einem Mandanten gegenüberstehen. Sie denken, ihr Gegenüber erwarte einen fachlichen Austausch, eine schnelle Antwort auf rechtliche Fragestellungen oder zumindest das Versprechen, ihm bei seinen rechtlichen Problemen qualifiziert helfen zu können. Manche Anwälte glauben auch, ohnehin am besten zu wissen, was den Mandanten interessiert.

Hinzu kommt: Viele Juristen sind nicht in Fragetechniken ausgebildet. Gerade jüngere Associates haben zwar im Verlauf ihrer Ausbildung zumindest Grundlagen der Kommunikation erlernt, weil Kanzleien solche Kurse inzwischen öfters anbieten. Allerdings sind die meisten eher geschult im Präsentieren und weniger im Fragenstellen.

Weniger präsentieren, mehr fragen

Deshalb erzählen viele Anwälte dem möglichen Neumandanten ausführlich, was sie und ihre Kanzlei tun – aber das passt vielleicht gar nicht zu dem, was das Gegenüber sucht. Besser ist es, den anderen nicht "zuzutexten", sondern stattdessen ihn reden zu lassen. Finden Sie durch gezieltes Fragen heraus, was Ihr neuer Mandant überhaupt für eine Art von Rechtsberatung benötigt und welche Kriterien aus seiner Sicht für eine Mandatierung entscheidend sind. Dabei spielen vier Faktoren eine Rolle:

Für Sie dürfte es zunächst interessant sein zu erfahren, was die Rechtsabteilung intern macht und welche Aufgaben sie an externe Berater vergibt. Weitere Aspekte in dem Zusammenhang könnten sein: Gibt es ein Panel, also vorab ausgewählte Kanzleien, und wenn ja, wie kommt man darauf? Wie ist die Rechtsabteilung überhaupt aufgebaut? Wer fällt die Entscheidungen – ist es der Rechtsabteilungsleiter alleine oder sitzt immer die Einkaufsabteilung mit am Tisch?

Was beschäftigt den Mandanten und wie tickt er?

In einem zweiten Schritt sollten Sie mit Ihrem Mandanten auch über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens sprechen: Welche Ziele hat die Firma und wie steht sie derzeit da? In welchen Bereichen wird investiert, wo liegen Expansionsziele? Wird diversifiziert? Gibt es Bereiche, die man nicht aktiv ausbauen, aber halten will? Und nicht zuletzt: Versuchen Sie herauszufinden, welchen Stand die Rechtsabteilung innerhalb des Unternehmens hat.

Drittens geht es ans Fachliche: Was interessiert die Rechtsabteilung gerade? Welche Themen beschäftigen die Juristen derzeit, und was beeinflusst das Geschäft des Unternehmens rechtlich?

Last but not least sollten Sie möglichst geschickt eruieren, wie Ihr Gegenüber tickt und was für ein Typ Mensch er ist. Denn Entscheidungen für oder gegen eine Mandatierung werden auch aufgrund von persönlichen Präferenzen gefällt. Welche Kriterien sind dabei für Ihr Gegenüber wichtig? Antworten darauf werden Sie jedoch weniger durch plumpe Fragen erreichen als vielmehr durch aufmerksames Beobachten von Körpersprache, Gestik und Mimik Ihres Gesprächspartners.

Fragen, nicht verhören

Achten Sie in dieser Phase des Gesprächs darauf, den anderen zum Sprechen zu bringen. Dazu sind sogenannte offene Fragen am besten geeignet. Das sind Fragen, auf die man nicht mit "ja" oder "nein" antworten kann und die meist mit "W" beginnen. Zum Beispiel: Wie ist die Rechtsabteilung aufgebaut? Was ist für Sie wichtig, wenn Sie externe Berater beauftragen? Welche Erfahrungen haben Sie mit ihnen gemacht?

Sie sollten dabei aber keine Verhörsituation aufkommen lassen. Stellen sie nicht zehn offene Fragen hintereinander, sondern streuen Sie auch gelegentlich "geschlossene Fragen" ein, also Fragen, auf die die Antwort "ja" oder "nein" lautet. Das kann helfen, einen sehr mitteilsamen Gesprächspartner zu führen und auf den Punkt zu bringen. Wird Ihr Gegenüber im Verlauf des Gesprächs einsilbiger und fühlt sich spürbar unwohl, dann fragen Sie erst einmal weniger und sprechen vielleicht etwas mehr selbst.

Noch nichts verkaufen

Halten Sie sich vor Augen, dass es für Sie zu diesem Zeitpunkt in der Akquise nur darum geht, den Bedarf Ihres Gegenübers zu ermitteln. Sie verkaufen ihm noch keine Dienstleistung. Es ist dennoch wichtig, sich diese Phase bewusst zu machen, denn sie läuft häufig schlecht oder findet gar nicht erst statt.

Grundsätzlich könnten Sie auch einmal darüber nachdenken, wann jemand etwas kauft. Tiefenpsychologisch sagt man, dass Menschen entweder aus Angst oder aus Gier kaufen. Das klingt womöglich etwas unseriös, aber im Grunde lässt sich das auf die Rechtsberatung übertragen: Der Mandant will sich entweder absichern und gegen mögliche Angriffe wappnen, wenn er einen Anwalt beauftragt - Angst. Oder er will mit Unterstützung des externen Beraters erfolgreich werden - Gier. Überlegen Sie, welche Art von Produkten Sie als Anwalt anbieten wollen.

Die Volljuristin und ehemalige Rechtsabteilungsleiterin Carmen Schön berät und coacht Juristen, Führungskräfte und Anwaltskanzleien zu Themen wie Geschäftsaufbau, Führung, Auftritt und Wirkung.

Zitiervorschlag

Erfolgreich akquirieren: Was will mein Mandant eigentlich? . In: Legal Tribune Online, 18.12.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/39301/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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