Jörg Overbeck im Porträt: Vom Lokalradio ins Kanzleimanagement

von Christian Pothe

04.07.2014

Jörg Overbeck (43) ist seit 2011 Leiter Kommunikation + Marketing bei Oppenhoff & Partner. Zuvor arbeitete er bereits für eine internationale Großkanzlei, war als Journalist unterwegs und als Staatsanwalt nicht glücklich. Im LTO-Interview erinnert er sich, wie Zufälle seinem Karriereweg immer wieder neue Wendungen gaben.

Jörg Overbeck

LTO: Herr Overbeck, eine Karriere im Management einer Kanzlei ist eigentlich nicht planbar und meist auch kein Kindheitstraum. Was wollten Sie ursprünglich einmal werden, als Sie noch zur Schule gingen?

Overbeck: Ich wollte Journalist werden. Ganz klassisch habe ich in meiner Heimatstadt Dülmen für die Schülerzeitung und für ein wöchentliches Werbeblättchen geschrieben. Später habe ich beim Lokalfunk (Radio Kiepenkerl) angefangen und bin dann in die Nachrichtenredaktion von Radio FFN in Hannover gewechselt, wo zu dieser Zeit zum Beispiel Kalkofe, Welke und Wischmeyer noch ihr legendäres Frühstyxradio machten. Schließlich habe ich aus Münster frei für die WDR-Wellen gearbeitet.

LTO: Und trotzdem lief es dann zunächst auf eine echte Anwaltskarriere hinaus?

Overbeck: Ich studierte nach der Bundeswehr Jura in Münster, weil mir ein Radioredakteur als Weg in den Journalismus etwas "Bodenständiges" empfohlen hatte. Insbesondere in den praktischen Stationen im Referendariat habe ich dann entdeckt, wie spannend Jura sein kann. Zwei Stationen habe ich in einer Kanzlei verbracht, die ihren Umsatz zum großen Teil durch Prozesskostenhilfe und Pflichtverteidigung erzielte: Strafverfahren, Familien- und Asylsachen. Ich habe das als sehr befriedigend empfunden, Menschen in wichtigen Angelegenheiten zu helfen.

LTO: Nach dem Referendariat ging es für Sie dann aber doch in eine Großkanzlei …

Overbeck: Das war Zufall. Ich hatte in einem Referendarmagazin ein Interview mit Ulrich Horstschäfer gelesen, der damals das Marketing verantwortete bei Oppenhoff & Partner Linklaters & Alliance. Das klang interessant, und nach einem Praktikum dort wurde ich 2001 Pressesprecher der Kanzlei. Mein Verantwortungsbereich wurde dann immer wieder mal ausgeweitet, bis ich ab 2008 Leiter Business Development & Marketing war, mit einer tollen Truppe von 15 Leuten und vielen spannenden Aufgaben.

"Als Staatsanwalt war ich Einzelkämpfer"

LTO: Klingt gut – warum haben Sie das aufgegeben?

Overbeck: Ich hatte irgendwie das Gefühl, ich müsste meine beiden Staatsexamen noch mal zum Einsatz bringen. Ich sah dann zufällig, dass in NRW die Verbeamtungsgrenze auf 40 Jahre raufgesetzt worden war. Ich konnte also doch noch Staatsanwalt werden, womit ich während des Referendariats schon geliebäugelt hatte. Ich habe mich beworben und bin zu meiner eigenen Überraschung genommen worden - obwohl ich zehn Jahre lang nicht wirklich Jura gemacht hatte. Jedenfalls saß ich einige Monate später in der Staatsanwaltschaft Köln und bearbeitete Diebstähle, Erpressungen und andere Verfahren.

LTO: Aber nicht lange …

Overbeck: Nicht wirklich, genau acht Monate. Ich hatte unterschätzt, dass die Arbeit als Staatsanwalt zumindest im Allgemeinen Dezernat ziemlicher Einzelkampf ist. Dabei bin ich vom Naturell und aus der Sozialisation in der Großkanzlei Teamarbeiter. Ich begeistere mich gern für gemeinsame Ziele, motiviere gerne und brauche auch Motivation. Und mein Plan, das Böse aus der Welt zu schaffen, war vielleicht auch etwas ambitioniert. Jedenfalls habe ich dann wieder die Fühler in die Kanzlei-Branche ausgestreckt und dachte, nach meiner Zeit in einem globalen Anwaltskonzern wäre eine Rolle bei einem deutschen Mittelständler mal eine andere Herausforderung, zumal in Köln. Oppenhoff suchte gerade, ich kannte viele Anwälte aus der gemeinsamen Zeit bei Linklaters, das passte ganz gut.

LTO: Wie sind die Business Services bei Oppenhoff organisiert?

Overbeck: Wir haben mit Axel Bödefeld und Mark Hilber zwei Managing Partner, die das operative Geschäft verantworten. Dann gibt es die Leiter der einzelnen Business Services Abteilungen wie Marketing, Personal, Finanzen, die sich mit den beiden Partnern wöchentlich treffen.

"Ich verstehe Marketing auch als strategische Geschäftsentwicklung"

LTO: Ihr Titel ist Leiter Kommunikation und Marketing, aber Ihre Aufgabenbereiche erscheinen einem Außenstehenden doch deutlich umfangreicher. Was genau umfasst Ihr Job?

Overbeck: Ich verstehe Marketing als Marktbearbeitung, also auch die strategische und operative Geschäftsentwicklung.

Einerseits geht es um das Beratungsangebot: Unser Team von insgesamt drei Kollegen entwickelt und vermarktet gemeinsam mit den Anwälten unser Portfolio an Produkten – Dauerbrenner wie M&A-Beratung und "neue" Produkte wie Beratung von Social-Media-Aktivitäten. Zudem überlegen wir, welche Beratungsangebote morgen und übermorgen gefragt sein werden, ob und auf welche Weise wir diese anbieten wollen. Dabei spielt auch die interne Vermarktung, von Anwalt zu Anwalt, eine große Rolle.  

LTO: Und andererseits?

Overbeck: … ist da unsere Zielgruppe. Für die bestehenden Mandanten haben wir ein effizientes Key Account Management implementiert, um sie optimal zu betreuen. Potenzielle Mandanten gilt es zu identifizieren – dabei hilft uns die Segmentierung in Branchen – und mit den richtigen Anwälten, passenden Produkten und innovativen Preismodellen zu überzeugen. Bindeglied zwischen Produkten und den Mandanten ist die Marketingkommunikation mit all ihren Kanälen – von der Medienarbeit bis zur Mandantenveranstaltung.

LTO: Klingt einfach …

Overbeck: Ist eigentlich auch nicht so kompliziert. Aber die Wahrheit liegt wie immer auf dem Platz, also in der praktischen Umsetzung. Die Geschäftsentwicklung muss nachhaltig sein; als Anwalt muss ich mich kontinuierlich positionieren, um Erfolg zu haben. Einzelne Aktionen sollten gründlich durchgeführt werden – also zum Beispiel auf dem Mandantenseminar nicht nur einen Vortrag halten, sondern im Nachgang die Teilnehmer noch mal kontaktieren. Und nicht jeder Jurist ist ein Naturtalent im Verkauf und muss den Verkauf trainieren. Hier unterstützen wir als Marketingabteilung mit Schulungen – vom First Year bis zum Partner.

LTO: Vermissen Sie denn manchmal noch die journalistische Arbeit, vielleicht wieder als Nebentätigkeit?

Overbeck: Ich tröste mich damit, dass ich ja immerhin eine Art kanzleiinterne Redaktion bin, also zum Beispiel Themen identifiziere oder Gastbeiträge überarbeite. Und nicht nur darum habe ich nach wie vor eine große Leidenschaft für den Journalismus, beruflich wie privat. Sie werden mich auch am Wochenende häufiger mit einer Zeitung antreffen, übrigens noch ganz altmodisch als Papierausgabe.

LTO: Herr Overbeck, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Das Interview führte Christian Pothe.

Zitiervorschlag

Christian Pothe, Jörg Overbeck im Porträt: Vom Lokalradio ins Kanzleimanagement . In: Legal Tribune Online, 04.07.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12382/ (abgerufen am: 27.03.2024 )

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