OLG Stuttgart zu Anlageberatung bei Cum-Ex-Deals: Dro­gerie-Unter­nehmer Müller erhält Mil­lionen-Ent­schä­d­i­gung

17.09.2018

Mit Anteilen an einem umstrittenen und riskanten Fonds verliert der Drogerie-Unternehmer Müller Millionen - und will das Geld von der Bank zurück. Die habe ihn falsch beraten, klagt er. Das OLG Stuttgart gibt ihm recht.

Es bleibt vorerst dabei: Die Schweizer Bank Sarasin muss dem Ulmer Drogerie-Unternehmer Erwin Müller wegen fehlerhafter Beratung bei Anlagegeschäften 45 Millionen Euro zurückzahlen, im Gegenzug soll Müller seine Anteile an dem Luxemburger Sheridan-Fonds rückübertragen.

Zudem soll Müller auch seine vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von rund 272.000 Euro von der Privatbank erstattet bekommen, entschied der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart unter dem Vorsitz von Markus Kittel. Er wies damit die Berufung der Bank gegen ein Urteil des Landgerichts (LG) Ulm zurück (Urt. v. 14.09.2018; Az.: 5 U 98/17). Das LG Ulm hatte schon im vergangenen Jahr entschieden, dass Müller das Geld zusteht (Urt. v. 22.05.2017; Az.: 4 O 66/13). Auch das OLG-Urteil ist allerdings noch anfechtbar, die Revision zum BGH wurde zugelassen.

Bei dem Geschäft mit Müller habe die Privatbank mit Sitz in Basel ihre Beratungspflichten verletzt und den Drogerie-Unternehmer unzulänglich informiert, urteilte der Senat. Dass er das so sieht, war schon während der mündlichen Verhandlung im vergangenen Juni deutlich geworden - und das Urteil am Freitag somit keine Überraschung.

Der Streit dreht sich um Anteile am Luxemburger Sheridan-Fonds, in den Müller rund 50 Millionen Euro gesteckt hatte. Über den Fonds sollten mit sogenannten Cum-Ex-Transaktionen Gewinne erwirtschaftet werden, bei denen der deutsche Fiskus durch mehrfach beantragte Erstattungen auf nur einmal einbehaltene Kapitalertragssteuern insgesamt um Milliardenbeträge geschröpft wurde. Das Bundesfinanzministerium hatte alle derartigen Erstattungen 2012 grundsätzlich gestoppt. Der Sheridan-Fonds brach zusammen, das von Anlegern eingezahlte Geld war weg.

Die Bank hat ihre Beratungspflichten verletzt

Zwischen Müller als Vertragspartner und der Bank sei ein konkludenter Anlageberatungsvertrag zum Sheridan-Fonds geschlossen worden, so das Berufungsgericht. Dabei habe die Privatbank ihre Beratungspflichten verletzt und Müller sei – auch aus damaliger Sicht – unzulänglich informiert worden. Aus Sicht der Richter hat die Bank den Fonds in steuerlicher und wirtschaftlicher Hinsicht nicht hinreichend geprüft, sondern allenfalls "Plausibilitätserwägungen" angestellt, wo die versprochenen hohen Erträge herkommen könnten. Zudem habe sie gewusst, dass das Konzept mit den Steuerrückerstattungen zweifelhaft war, ihren Kunden Müller aber nicht auf Bedenken hingewiesen.

Die Bank hatte in der Berufungsverhandlung argumentiert, dass Müller sehr wohl auf die Risiken seines Anlagegeschäfts hingewiesen worden sei. Am Freitag äußerte sie sich zunächst nicht.

Der Fall beschäftigt die Justiz seit Jahren und hat auch noch andere Schauplätze. Laut Gericht läuft im Zusammenhang mit dem Anlagemodell in Köln ein Ermittlungsverfahren unter anderem gegen einen Mitarbeiter der Bank Sarasin.

Die Staatsanwaltschaft Zürich wiederum hat gegen Müllers Rechtsanwalt sowie zwei deutsche Ex-Banker Anklage "wegen wirtschaftlichen Nachrichtendienstes, Verletzung des Geschäftsgeheimnisses, Verletzung des Bankgeheimnisses und Vergehen gegen das Börsengesetz" erhoben. Dabei soll es vor allem darum gehen, dass umstrittene Bankunterlagen auch an deutsche Behörden weitergeleitet wurden, was maßgeblich zur Aufdeckung des Cum-Ex-Skandals beigetragen hatte.

dpa/ah/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Stuttgart zu Anlageberatung bei Cum-Ex-Deals: Drogerie-Unternehmer Müller erhält Millionen-Entschädigung . In: Legal Tribune Online, 17.09.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30951/ (abgerufen am: 25.04.2024 )

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