Incentives: Geld ist nicht alles

von Henning Zander

13.01.2015

Viele Kanzleien nutzen Anreizsysteme, um die Motivation ihrer Associates zu steigern. Die meisten schütten einfach einen Bonus aus oder beteiligen die Anwälte an dem Umsatz, den sie selbst erwirtschaftet haben. Doch eigentlich sind nicht-monetäre Belohnungen viel wirkungsvoller.

"Ohne Incentives geht es nicht", findet Dr. Christian Reichel, Arbeitsrechtpartner und Mitglied des deutschen Management-Teams von Baker & McKenzie. Wie viele andere Sozietäten setzt auch Baker auf ein Anreizsystem, um gute Leistungen zu honorieren. Die Kanzlei belohnt besonders erfolgreiche  Mitarbeiter mit einem Bonus. "Die Wirkung eines solchen Bonus trägt allerdings nicht lange", sagt Reichel. Nicht monetäre Anreize würden sehr viel längerfristiger wirken, findet er. Die Kanzlei nimmt deshalb besonders talentierte Associates in Förderprogramme auf.

Zu diesen nicht-monetären Anreizen gehören unter anderem Senior Associates Camps. Während des dreitägigen Camps bekommen ausgewählte Associates wichtiges Handwerkszeug für mögliche Führungsaufgaben vermittelt. Dabei geht es beispielsweise um die Fragen, wie Business Development-Aktivitäten ausgebaut und auf eine neue Stufe gehoben werden können, und was es braucht, um eine gute Führungskraft zu sein.

Management und Praxisgruppenleiter erläutern aktuelle Projekte und Initiativen der Kanzlei, zeigen wichtige Kennzahlen und veranschaulichen, welche Karrierepfade die Associates einschlagen können. Das Camp dient auch als Networking-Plattform: Zwischen den einzelnen Programmpunkten und an den Abenden soll ausreichend Zeit bleiben, um sich untereinander sowie mit dem Management und den Partnern auszutauschen.

Belohnung für gute Leistung

Doch wie wird Leistung bei Baker & McKenzie gemessen? Es sind zum einen die harten Kennzahlen: Der zeitliche Einsatz, also die geleisteten abrechenbaren Stunden, und der geschäftliche Erfolg, also der erwirtschaftete Umsatz. Beide wirken sich positiv auf die Bewertung aus. Registriert wird aber auch, wie sich die Rechtsanwälte einbringen, etwa in der Mandantenbetreuung oder bei der Übernahme von Pro-Bono-Aufgaben. "Es sind nicht alle gleich gut darin, Geschäfte zu generieren", sagt Reichel. Manche Juristen hätten ihre besonderen Stärken zum Beispiel im Steuern von Projekten, in der Mitarbeiterführung oder in der Qualitätskontrolle.

Das Thema der Incentives ist eng verknüpft mit den jeweiligen Vergütungssystemen in den Kanzleien. Verfolgt die Kanzlei die Philosophie des "Lock Step", also dass Einkommen und die eventuelle Umsatzbeteiligung im Wesentlichen von der Dauer der Kanzleizugehörigkeit abhängen? Oder nutzt sie ein "Merrit based" System, bei dem Gehälter und Boni zum Teil vom Einsatz des Rechtsanwaltes und der Übernahme bestimmter Aufgaben abhängig sind? Bei letzterem ist es das Ziel, durch finanzielle Anreize Mitarbeiter zu noch mehr Leistung zu motivieren, also zu incentivieren.

Wie bei den meisten Kanzleien üblich, gibt es auch bei Orrick für gute Arbeit einen Bonus. "Wer besonders viel leistet, soll auch belohnt werden", sagt Konstantin Heitmann, Partner M&A und Private Equity bei Orrick. Wer einen Bonus erhält, richtet sich bei Orrick zuerst nach den Billable Hours, also den Arbeitsstunden, die dem Mandanten in Rechnung gestellt werden konnten. Doch darüber hinaus fließen in die Bewertung das Feedback des Mandanten und auch fachliche Leistungen ein. Der Associate wird dabei von den Partnern, die mit ihm zusammengearbeitet haben, bewertet. Diese Bewertung wird von einem Professional Development Committee mit den Ergebnissen anderer Associates verglichen. "Es gibt harte Faktoren für Leistung, aber auch viele weiche", sagt Konstantin Heitmann. "Wir legen sehr viel Wert auf eine ausgewogene und gerechte Bewertung."

Fehlsteuerungen sind möglich

Ob Incentives tatsächlich die Leistung von Mitarbeitern steigern, ist umstritten. Es ist denkbar, dass Mitarbeiter die Aufgaben vernachlässigen, die nicht messbar sind, und sich allein auf die Parameter konzentrieren, die sich positiv auf ihren Bonus auswirken. Wenn eine Kanzlei hier nicht mit Feingefühl herangeht, kann es schnell zu Fehlsteuerungen kommen. Margit Osterloh, Professorin für Management Science an der Universität Warwick, ist der Meinung, dass sich leistungsbezogenen Vergütungssysteme auch negativ auf die intrinsische Motivation von Mitarbeitern auswirken können. 'Pay for Performance' führe oft dazu, dass Hilfsbereitschaft und solidarisches Verhalten unterblieben.

"Es ist wichtig, die richtigen Anreize zum richtigen Zeitpunkt zu setzen", sagt auch Professor Martin Havers, Partner und Vorsitzender des Personalausschusses bei Kapellmann. Die Kanzlei unterscheidet bei den Anreizen insbesondere zwischen Berufseinsteigern und schon erfahrenen Associates. So gibt es für Anwälte in den ersten drei Jahren keine Umsatzbeteiligung. "Berufseinsteiger müssen den Beruf erst noch lernen, sich in der Kanzlei und im Umgang mit dem Mandanten zurechtfinden", sagt Havers. Früher habe es schon nach dem ersten Jahr eine Umsatzbeteiligung gegeben. Diese wurde allerdings abgeschafft. "Wir wollten den Druck in den ersten Jahren raus nehmen." Dafür wurde das Fixgehalt um den zuvor regelmäßig gezahlten Bonus erhöht.

Unternehmerisches Denken fördern

Die Associates erhalten nun beginnend mit dem vierten Jahr eine Beteiligung am selbst erwirtschafteten Nettoumsatz. "Wir wollen die Mitarbeiter langsam daran heranführen, unternehmerisch zu denken", sagt Havers. Die Rechtsanwälte müssen sich mit den Einnahmen beschäftigen und bekommen Einblick in die Umsätze. Je mehr unternehmerische Verantwortung übernommen wird, desto höher ist der flexible Gehaltsbestandteil. Bis zur Stufe des Equity Partners steigt die Kurve der Beteiligung immer steiler an. Die Umsatzbeteiligung beginnt bei einem Prozentsatz von 3 Prozent und kann bis auf 20 Prozent steigen.

Aus Sicht von Havers gibt es zwei verschiedene Triebfedern, die Mitarbeiter zu Leistung motivieren: Auf der einen Seite stehen Karriere und Gehalt, auf der anderen Seite die Chance, sich im Beruf zu verwirklichen. Letzteres würde unterschätzt. Die Kanzlei versucht deshalb den Rechtsanwälten eine realistische Partnerperspektive zu bieten. Dabei werden die Berufsträger durch ein Mentorensystem unterstützt. Darüber hinaus wird die fachliche Fortbildung etwa beim Fachanwaltstitel gefördert. Und auch die Möglichkeit, Lehraufträge auszuüben, wird den Mitarbeitern eingeräumt. "Ein Scheck allein verpufft", sagt Havers.

Zitiervorschlag

Henning Zander, Incentives: Geld ist nicht alles . In: Legal Tribune Online, 13.01.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14349/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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