Institutsvergütungsverordnung 3.0: Kein großer Wurf

von Dr. Alexander Insam und Dr. Lars Hinrichs

12.08.2017

2/2 Der Clawback – arbeitsrechtlich nicht unproblematisch

Die Umsetzung des Clawback beinhaltet aus arbeitsrechtlicher Sicht Herausforderungen – individuelle Vereinbarungen mit dem einzelnen Risikoträger haben den restriktiven Anforderungen der gesetzlichen AGB-Kontrolle zu genügen und hier vor allem dem Transparenzgebot, das das Bundesarbeitsgericht in seiner Rechtsprechung zur variablen Vergütung streng anwendet.

Wird der Clawback in einer Kollektivvereinbarung geregelt, haben die Betriebsparteien die gesetzlichen Billigkeitsanforderungen zu beachten. Das letzte Wort zur Wirksamkeit solcher Clawback-Regelungen werden die deutschen Arbeitsgerichte zu sprechen haben.

Die weiteren Neuregelungen der IVV 3.0 zur variablen Vergütung von Risikoträgern enthalten überwiegend redaktionelle Klarstellungen, die Institute mit einem belastbaren Aufwand in die Vergütungssysteme umsetzen können.

Alles, was nicht fix ist, ist variabel

Eine wesentliche Neuerung in der IVV 3.0 ist die Abkehr von dem bisherigen regulatorischen Leitsatz, wonach alle nicht als variable Vergütung anzusehenden Vergütungsbestandteile eine Fixvergütung beinhalten. Dieses Regel-Ausnahme-Prinzip wird in der IVV 3.0 umgekehrt. Der Sinneswandel des Gesetzgebers zwingt die Institute faktisch zu einem Nachweis mit umfassender Dokumentation dazu, dass und warum sie den einzelnen Vergütungsbestandteil als Fixvergütung ansehen. Gelingt der Nachweis nicht, handelt es sich um eine variable Vergütung.

Dieser Vergütungsbestandteil unterliegt dann den strengen regulatorischen Anforderungen an die variable Vergütung und ist unter anderem in die Beurteilung des Verhältnisses zwischen der fixen Vergütung und der variablen Vergütung einzubeziehen. Dieses hat der Gesetzgeber unverändert auf eine Höhe von maximal 200 Prozent der Fixvergütung gedeckelt.

Zulagen und Abfindungen gelten im Grundsatz als variabel

Verschärft hat der Gesetzgeber in der IVV 3.0 die regulatorische Behandlung von Zulagen und Abfindungsleistungen. Diese gelten im Ausgangspunkt jeweils als variable Vergütung und können nur bei Erfüllung bestimmter zusätzlicher Voraussetzungen im Ergebnis als Fixvergütung anzusehen sein.
Abfindungsleistungen sollen etwa unter anderem dann faktisch weiterhin als Fixvergütung angesehen werden können, wenn sie in einem gerichtlichen Vergleich abgeschlossen werden oder die in der IVV 3.0 festgelegten Höchstwerte (200.000 Euro Fixbetrag und der Höhe nach maximal 200 Prozent des letzten Jahresfixgehalts) nicht überschreiten.

Zudem bestimmt die IVV 3.0 für alle Institute verschärfte Dokumentationsanforderungen für die inhaltliche Ausgestaltung der Vergütungssysteme und für die einzelnen Prozesse, etwa zur Ermittlung des Gesamtbonuspools, zur jährlichen Überprüfung der Angemessenheit der Vergütungssysteme sowie zu den Zuständigkeiten der bei dem individuellen Institut mit den Vergütungssystem befassten Mitarbeitern.

Mehr Arbeit, aber keine großen Neuerungen

Ergibt die jährliche Überprüfung Feststellungen, haben Institute nunmehr verpflichtend einen Maßnahmenplan zu erstellen und die Behebung der Feststellungen ebenfalls umfassend zu dokumentieren. In diesem Zusammenhang wird auch die Arbeit und Rolle des Aufsichts- beziehungsweise Verwaltungsrats weiter an Bedeutung zunehmen.

Zusammengefasst birgt die IVV 3.0 für die Institute einzelne Herausforderungen in der Umsetzung der neuen Vorgaben aus rechtlicher und personalpolitischer Sicht. Sie führt zu einem höheren Zeitaufwand, weil sich die Institute einem nachhaltigen und transparenten Vergütungssystem widmen müssen.

Der ursprünglich vor allem von den nicht-bedeutenden Instituten befürchtete große neue Wurf mit Vorgaben für die variable Vergütung von Risikoträgern blieb allerdings aus. Ob hierzu aus gesetzgeberischer Sicht das letzte Wort gesprochen wurde, ist vor dem Hintergrund der aktuellen politischen Entwicklungen – etwa des Brexit mit der zu erwartenden Aufwertung des Bankenplatzes Deutschland in der EU - abzuwarten.

Dr. Alexander Insam und Dr. Lars Hinrichs sind Fachanwälte für Arbeitsrecht bei KPMG Law. Sie beraten Institute, Finanzdienstleistungsunternehmen und Kapitalverwaltungsgesellschaften.

Zitiervorschlag

Dr. Alexander Insam und Dr. Lars Hinrichs, Institutsvergütungsverordnung 3.0: Kein großer Wurf . In: Legal Tribune Online, 12.08.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/23925/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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