Corporate Social Responsibility in der Kanzleiwelt: Der Unterschied zwischen gut gemeint und gut gemacht

von Désirée Balthasar

03.03.2015

Gestritten wird auch um die Frage, wie transparent die Sozietäten ihre Wertschöpfungskette machen müssen. Spießhofer, die lange Jahre bei Hengeler Mueller im Öffentlichen Wirtschaftsrecht tätig war und seit mehr als zwölf Jahren zu dem Thema CSR berät, sagt: "Das kann soweit gehen, dass Kanzleien nachweisen sollen, woher das Blei in ihren Bleistiften kommt oder ob die Kaffeeproduzenten ihrer Kaffeelieferanten auch keine Kinder auf der Plantage beschäftigen. Das ist, sofern es nicht Zertifizierungen gibt, in der Praxis nur mit unverhältnismäßigem Aufwand umzusetzen."

Warum Kanzleien trotz aller Diskussionen mit ihrem CSR-Engagement immer öfter an die Öffentlichkeit gehen, ist auch der steigende Wettbewerb um talentierten und anspruchsvollen Nachwuchs. "Gerade Wirtschaftskanzleien haben erkannt, dass es zu wenig ist, die jungen Leute nur mit Geld zu locken", erklärt Spießhofer.

"Die Kanzleien fördern damit auch die Identifikation der jungen Anwälte mit dem Arbeitgeber. Für den Nachwuchs ist es wichtig, zu sehen, ob sein Arbeitgeber die relevanten Themen der Zeit erkannt hat." Die sogenannte Generation Y fordert also nicht nur flexible Arbeitszeiten und alternative Karrierewege, sondern auch sinnvolles Engagement für Gesellschaft und Umwelt.

Viele Absichtserklärungen, kaum Verpflichtungen

Doch Spießhofer bleibt vorsichtig: "Das sind häufig lediglich Absichtserklärungen, keine harten Verpflichtungen." Sich etwas auf die Fahnen schreiben, reicht eben nicht. Auf die Umsetzung und reale Ergebnisse kommt es an. "Die Sozietäten bemühen sich in unterschiedlicher Weise, ihr Bekenntnis zu unternehmerischer Verantwortung zum Ausdruck zu bringen, beispielsweise durch Unterzeichnung des UN Global Compact oder der Charta der Vielfalt", sagt Spießhofer. "Dies ist ein erster Schritt, allerdings kommt es darauf an, diesem Bekenntnis dann Taten folgen zu lassen."

Das Grundproblem ist, dass die CSR-Berichte kaum überprüfbar sind. Ob etwa bei Clifford Chance tatsächlich 60 Prozent der Anwälte weltweit Pro-Bono-Beratung leisten, wie es als Zielsetzung für 2015 ihrem jüngsten Bericht formuliert ist, kann von außen niemand nachzählen. Spießhofer: "Eine Kanzlei verpflichtet sich meist nur begrenzt zu konkreten Zielen, in vielen Fällen sind es Absichtserklärungen."

Um diesem weit verbreitetem Dilemma beizukommen, formulierte etwa die Global Reporting Initiative offizielle Leitlinien, um "die Nachhaltigkeitsberichterstattung von abstrakten Themen greifbarer und konkreter zu machen", wie es in den G4-Guidelines heißt.

Ein Gegenbeispiel, wo sich Maßnahmen von Externen tatsächlich nachvollziehen lassen, findet sich bei Linklaters. In ihrem aktuellen CSR-Bericht zeigen sich die deutschen Standorte umweltbewusst. Das Münchener Büro zertifizierte sich nach ISO 14001, die anderen deutschen Standorte wollen nachziehen. Mit diesem Zertifikat kann ein Büro seinen ökologischen Fußabdruck messen und reduzieren.

Zustände innerhalb der Kanzlei nicht vernachlässigen

Ein großes Missverständnis ist außerdem, dass CSR sich rein nach außen richte, also Engagement außerhalb der eigenen Kanzlei betreffe. "Dabei hat CSR zwei Zielrichtungen: Einmal betrifft es den Binnenbereich der Kanzlei, etwa bei den Arbeitsbedingungen oder der Umweltfreundlichkeit", erklärt Spießhofer. "Andererseits richtet sich CSR auch nach außen, umfasst die Berücksichtigung der Rechte Dritter und der örtlichen Gemeinschaft sowie soziales, kulturelles und Pro-Bono-Engagement."

Das sieht auch die EU-Kommission so: "CSR setzt ein Zusammenspiel von internen und externen Stakeholdern voraus", hebt sie in ihrer Mitteilung hervor. Und weiter: "Wenn sich die Unternehmen ihrer sozialen Verantwortung stellen, können sie bei den Beschäftigten, den Verbrauchern und den Bürgern allgemein dauerhaftes Vertrauen als Basis für nachhaltige Geschäftsmodelle aufbauen."

Philanthropisch handeln und sich karitativ zeigen, reicht also nicht. Wer es ernst meint mit der unternehmerischen Verantwortung für die Gesellschaft, der fängt am besten gleich innerhalb der Kanzlei an.

Zitiervorschlag

Désirée Balthasar, Corporate Social Responsibility in der Kanzleiwelt: Der Unterschied zwischen gut gemeint und gut gemacht . In: Legal Tribune Online, 03.03.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/14828/ (abgerufen am: 19.04.2024 )

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