Bundesrat stimmt Syndikusanwälte-Gesetz zu

Was Unter­neh­mens­ju­risten jetzt unter­nehmen müssen

von Martin W. HuffLesedauer: 7 Minuten
Das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte kann, wenn der Bundespräsident rasch unterzeichnet, nun doch schon zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Martin W. Huff erklärt, wer nun was bis wann tun muss – und wer nicht. 

Nun ist es geschafft: Nachdem am Donnerstag der Deutsche Bundestag in 2. und 3. Beratung das "Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte" (BT-Dr. 18/5201) verabschiedet hat, hat am Freitag auch der Bundesrat zugestimmt. Nun ist davon auszugehen, dass der Bundespräsident das Gesetz noch in diesem Jahr unterzeichnen wird, so dass es tatsächlich am 1. Januar 2016 in Kraft treten kann. Das Gesetz stößt allgemein auf Zustimmung, weil es den vom Bundessozialgericht (BSG) in seinen Entscheidungen aus 2014 geschaffenen Schwebezustand für die Unternehmensjuristen beendet. "Wir begrüßen, dass der Gesetzgeber handelt und das so schnell", kommentiert Rechtsanwalt Ulrich Schellenberg, Präsident des Deutschen Anwaltvereins, der das schnelle Zustandekommen des Gesetzes auch auf die Bemühungen des DAV zurückführt. "Das neue Gesetz sichert die Einheit der Anwaltschaft und schafft Rechtssicherheit für viele Kolleginnen und Kollegen". Doch für die ersten Schritte sind die Übergangsvorschriften, die insbesondere das Zusammenspiel von anwaltlichem Berufsrecht und sozialrechtlichem Befreiungsrecht regeln, besonders zu beachten. Der  Gesetzgeber gewährt eine dreimonatige Frist für die Antragstellung zur Zulassung als Syndikusrechtsanwalt und zur Rückwirkung im Befreiungsrecht. Die 27 regionalen Rechtsanwaltskammern haben sich in intensiven Beratungen bereits auf das neue Gesetz vorbereitet, die meisten von ihnen werden unmittelbar nach seinem Inkrafttreten die entsprechenden Anträge auf ihren Internetseiten veröffentlichen. Anfang Januar wird es auch entsprechende Merkblätter geben, denn so ganz einfach ist das neue Zulassungsverfahren nicht.

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Was das Gesetz regelt

Das Gesetz ändert die Bundesrechtsanwaltsordnung (§§ 46 ff. BRAO) und schafft Übergangsvorschriften im Sozialrecht (Änderung des § 231 SGB VI). Zudem wird der Syndikuspatentanwalt geschaffen und die BRAO in Bezug auf das besondere elektronische Anwaltspostfach geändert, das die Bundesrechtsanwaltskammer nach diversen Schwierigkeiten mindestens technischer Art zuletzt auf unbestimmte Zeit verschob. Kern des Gesetzes ist die Schaffung des Syndikusrechtsanwalts. Volljuristen, die anwaltlich bei einem nichtanwaltlichen Arbeitgeber (Unternehmen, Verein/Verband) arbeiten, können sich als solcher zulassen lassen. Diese Zulassungsmöglichkeit gibt es zukünftig neben und mit der Zulassung als "freier" – nicht arbeitgebergebundener – Rechtsanwalt. Ein Volljurist kann also zukünftig nur Syndikusrechtsanwalt, nur Rechtsanwalt oder Rechtsanwalt und Syndikusrechtsanwalt sein. Wichtig ist die neue Verknüpfung zwischen Berufsrecht und Sozialrecht: Wer bestandskräftig von der zuständigen Rechtsanwaltskammer als Syndikusrechtsanwalt zugelassen wird, dem ist auf Antrag (nicht jeder Syndikusrechtsanwalt will in das Versorgungswerk) auch die sozialrechtliche Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten der anwaltlichen Versorgungswerke zu gewähren. Eine eigene Prüfungsmöglichkeit der Deutschen Rentenversicherung Bund gibt es nicht mehr. Mit der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt darf er dann auch im Umfang des neuen § 46c BRAO den Arbeitgeber bzw. bei Verbänden und Vereinen deren Mitglieder beraten und vertreten. Eine freie Rechtsanwaltstätigkeit ist daneben nur mit einer eigenen weiteren Zulassung als Rechtsanwalt möglich. Dieser muss allerdings der Arbeitgeber immer zustimmen, insbesondere erklären, dass die Anwaltstätigkeit jederzeit ausgeübt werden kann (unwiderrufliche Freistellungserklärung).

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2/3: Wer jetzt nichts tun muss

Nicht jeder Rechtsanwalt, der zurzeit für einen sogenannten nichtanwaltlichen Arbeitgeber tätig ist, muss die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragen. Darüber sind sich die Rechtsanwaltskammern weit überwiegend einig. Erst einmal nichts unternehmen muss, wer
  • als Rechtsanwalt zugelassen ist,
  • seiner Rechtsanwaltskammer diese Tätigkeit angezeigt (§ 56 BRAO) hat, wenn diese zugestimmt hat, dass die Tätigkeit mit der Anwaltszulassung vereinbar ist und
  • über einen gültigen Befreiungsbescheid der Rentenversicherung für diese Tätigkeit verfügt.
Diese Kollegen sind Rechtsanwälte im Unternehmen und verfügen über eine gültige Befreiung. Ein neuer Zulassungsantrag ist nicht erforderlich. Das sieht auch die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) in Erklärungen gegenüber den Rechtsanwaltskammern so. Die juristische/anwaltliche Beratung des Arbeitgebers kann also weiter ausgeübt werden.

Wer etwas unternehmen muss

Anders sieht es bei der Aufnahme einer neuen Tätigkeit aus – egal ob mit oder ohne bisherige Anwaltszulassung.  Wer eine anwaltliche Tätigkeit bei einem neuen Arbeitgeber (auch innerhalb eines Konzerns) aufnimmt, der muss die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragen, wenn er weiterhin die Befreiungsmöglichkeit in der Rentenversicherung nutzen will. Der neue Arbeitgeber muss ihn daher auf jeden Fall erst einmal zur Deutschen Rentenversicherung Bund anmelden. Der neue Mitarbeiter muss dann innerhalb von drei Monaten nach Beschäftigungsbeginn einen Befreiungsantrag bei der DRV stellen (§ 6 Abs. 4 SGB VI). Die Rentenversicherung wird über diesen allerdings erst dann entscheiden, wenn ihr eine Entscheidung über den Zulassungsantrag als Syndikusrechtsanwalt vorliegt. Sinnvoll erscheint es daher, sowohl einen Zulassungsantrag (bei der Rechtsanwaltskammer) als auch einen Befreiungsantrag (bei der Deutschen Rentenversicherung Bund) zu stellen.

Bei wem es nun richtig kompliziert wird

Noch komplizierter wird es für die zugelassenen Rechtsanwälte, die sich in einer Auseinandersetzung mit der DRV über die Befreiung befinden: Die Übergangsregelungen in § 231 Abs. 4b SGB VI verpflichten sie, bis zum 1. April 2016 einen Antrag auf Zulassung zu stellen. Wenn diesem stattgegeben wird, tritt auch im Sozialrecht eine Rückwirkung für die laufenden, aber auch für davor vorliegende Beschäftigungsverhältnisse ein. Ein Beispiel: Ein Rechtsanwalt hat im Mai 2014 den Arbeitgeber gewechselt und dies seiner Kammer angezeigt. Seinen Befreiungsantrag hat die DRV allerdings mit Verweis auf die Rechtsprechung des BSG in den Urteilen vom 3. April 2014 abgelehnt, das Widerspruchsverfahren wurde ruhend gestellt. Wird dieser Rechtsanwalt jetzt als Syndikusrechtsanwalt zugelassen, dann erhält er auch rückwirkend die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht und die Beiträge werden von der DRV in das Versorgungswerk überführt. Gestritten wird noch über Altfälle, bei denen vor dem 1. April2014 Beiträge an die DRV gezahlt wurden. Hier sieht das Gesetz vor, dass die bis zu diesem Zeitpunkt an die DRV gezahlten Beiträge dort verbleiben, auch wenn eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfolgt. Es laufen Gespräche mit der DRV, wie diese von vielen empfundene Gerechtigkeitslücke geschlossen werden kann.

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3/3: Wie es funktioniert: das Zulassungsverfahren aus

Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erfolgt auf Antrag bei einer der 27 regionalen Anwaltskammern. Zuständig ist für alle bereits zugelassenen Rechtsanwälte die Kammer, deren Mitglied sie zurzeit sind. Dies ergibt sich aus der Neufassung des § 33 BRAO. Der Antrag ist auch dann bei dieser Kammer zu stellen, wenn der Arbeitsort als Syndikusrechtsanwalt in einem anderen Kammerbezirk liegt. Nach der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt gibt es dann Möglichkeiten, den Kammerbezirk zu wechseln (§ 46c Abs. 3 BRAO). Wer erstmalig nur Syndikusrechtsanwalt wird, der muss den Antrag bei der Kammer stellen, in dessen Bezirk er seine Tätigkeit für den Arbeitgeber ausübt, also dort, wo er seinen Syndikus-Kanzleisitz hat. Entscheidend für die Zulassung ist, dass bei dem Arbeitgeber eine anwaltliche Tätigkeit ausgeübt und dies auch entsprechend nachgewiesen wird. Das setzt erst einmal voraus, dass der Mitarbeiter fachlich und inhaltlich weisungsfrei und eigenverantwortlich handeln kann. Dies muss ausdrücklich geregelt werden, auch bei bereits laufenden Arbeitsverhältnissen.

Neu definiert: die anwaltliche Tätigkeit

Das Gesetz sieht jetzt in § 46 Abs. 3 BRAO vor, dass für eine zulassungsfähige anwaltliche Tätigkeit  vier Merkmale kumulativ verfüllt sein müssen:
  • die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
  • die Erteilung von Rechtsrat,
  • die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbständige Führen von Verhandlungen, oder auf die Verwirklichung von Rechten und
  • die Befugnis, nach außen verantwortlich aufzutreten.

Was man dafür braucht

Nachzuweisen ist das durch eine ausführliche Tätigkeitsbeschreibung des Arbeitgebers, die  auch der Arbeitnehmer unterzeichnen muss, weil er mit seiner Antragstellung versichert, dass die Angaben des Unternehmens  zutreffen. Die Tätigkeitsbeschreibung entspricht nicht der in vielen Unternehmen allgemein verbreiteten Stellen- und Funktionsbeschreibung, sondern ist, daher auch die neue Bezeichnung als Tätigkeitsbeschreibung, neben dieser individuell für den Antragsteller auszufertigen. Sie muss die  Erfüllung der Merkmale näher beschreiben. Dafür wird es Muster bei den Anwaltskammern geben, die Erklärung kann aber auch in Form eines Fließtextes durch den Arbeitgeber erfolgen. Zusammen mit dem Arbeitsvertrag muss die Tätigkeitsbeschreibung dem Antrag beigefügt werden. Alle Rechtsanwaltskammern werden sorgfältig prüfen, ob wirklich eine anwaltliche Tätigkeit ausgeübt wird.

Die Zulassung, was sie verzögern kann und die DRV

Wenn die Rechtsanwaltskammer den Antragsteller als Syndikusrechtsanwalt zulassen will, muss sie vor dem Erlass des entsprechenden Verwaltungsakts die Deutsche Rentenversicherung Bund anhören. Die meisten Kammern werden der DRV dabei  eine Frist von 3 Wochen gewähren. Stimmt die Rentenversicherung zu oder folgt die Kammer ihren Bedenken nicht, so erlässt sie dann einen Zulassungsbescheid. Gegen diesen kann die DRV dann wiederum Klage zum Anwaltsgerichtshof erheben, mit dem Vortrag, die Kammer hätte zu Unrecht eine anwaltliche Tätigkeit angenommen. Erst nach Bestandskraft der Zulassungsentscheidung – also eventuell auch erst nach einem Klageverfahren - kann dann eine Zulassung erfolgen. Wird diese erstmalig erteilt, geschieht das durch die Vereidigung des neuen Kammermitglieds, ansonsten durch Übersendung der Zulassungsurkunde. Wird diese an die DRV gesandt, erfolgt die Befreiung von der Versicherungspflicht. Der Autor Martin W. Huff ist Rechtsanwalt in der Kanzlei LLR in Köln und Geschäftsführer der Rechtsanwaltskammer Köln. Er befasst sich seit Jahren mit den Fragen des Befreiungsrechts und vertritt Freiberufler in der Auseinandersetzung mit der Deutschen Rentenversicherung Bund. 

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