Pressesprecher in Großkanzleien

Übersetzer zwischen Anwalt und Öffentlichkeit

von Constantin Baron van LijndenLesedauer: 5 Minuten
Die meisten Behörden haben einen, große Unternehmen oft gleich mehrere und auch in Kanzleien hält er Einzug: der Pressesprecher. Als verbindendes Glied zwischen Medien und Anwälten muss er sprachlich wie rechtlich sattelfest sein – und auch einen gelegentlichen Tritt ins Fettnäpfchen mit Würde nehmen können.

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An einen beruflichen Fauxpas kann sich Jörg Overbeck noch gut erinnern: "Ich habe einem unserer Partner die Einladung zu den juve Awards übermittelt und leider vergessen, ihm mitzuteilen, dass dort Smokingpflicht herrscht. Er war buchstäblich der einzige unter 600 Gästen, der keinen trug, und die nächsten Tage nicht besonders gut auf mich zu sprechen." Geschadet hat es Overbeck allerdings nicht - heute ist er Leiter für Marketing & Kommunikation bei Oppenhoff & Partner und zählt zu Deutschlands Vorreitern in puncto juristischer Öffentlichkeitsarbeit. "Ich habe schon während des Studiums regelmäßig nebenher als Journalist und in der PR-Branche gearbeitet", erinnert sich Overbeck, "und am Erzählen von spannenden Geschichten mindestens so viel Freude gehabt wie am Bearbeiten von rechtlichen Sachverhalten." Nach seinem Referendariat findet er eine Stelle, die beides verbindet: Er übernimmt 2001 die deutsche Pressearbeit von Oppenhoff & Partner (damals noch Linklaters Oppenhoff & Rädler). "Oppenhoff war in dem Punkt ziemlich fortschrittlich und hatte schon 1999 Stellen für die interne und externe Kommunikation geschaffen. In vielen anderen deutschen Kanzleien gab es das damals noch gar nicht, oder die Arbeit wurde von einem Anwalt nebenher betreut", weiß Overbeck. Auch heute ist ein Pressesprecher-Posten keine Selbstverständlichkeit: Bei den wirklich großen Großkanzleien gibt es ihn zwar praktisch immer, bei mittleren Kanzleien um die 100 Mitarbeiter ist die Handhabung hingegen sehr unterschiedlich, und deutlich kleinere Sozietäten leisten sich nahezu nie einen eigenen Mitarbeiter für diese Aufgabe.

Ein Job (nicht nur) für Juristen

Obwohl Overbeck inzwischen über weitaus mehr Erfahrung verfügt, fiel ihm die Arbeit in seinen ersten Berufsjahren in einem Punkt leichter als heute: "Damals waren die Medien noch viel weniger an die Zusammenarbeit mit Kanzleien gewöhnt und haben Themen dankbarer aufgenommen. Wenn heute ein wichtiges BGH-Urteil ergeht, bieten oft zahlreiche Häuser gleichzeitig eine Besprechung an, so dass es schwieriger ist, Texte bei den Redaktionen zu platzieren." Auch Robert Peres, bis vor Kurzem zuständig für Business Development & Kommunikation bei FPS Rechtsanwälte, kennt diese Probleme. Gerade deshalb empfindet er es als hilfreich, vor seiner Arbeit in der PR eine juristische Ausbildung genossen zu haben. "Dieser Job kann zwar auch von jemandem gemacht werden, der zum Beispiel Kommunikationswissenschaft studiert hat", so Peres. "Aber als Volljurist fällt es mir doch leichter, die rechtliche Seite zu durchschauen. Wenn einer unserer Anwälte zum Beispiel einen Text für ein nicht-juristisches Medium schreibt, dann muss der einerseits locker und gut lesbar formuliert sein, darf andererseits aber keine fachlichen Ungenauigkeiten enthalten. Um das zu gewährleisten, ist ein juristischer Hintergrund beim Pressesprecher hilfreich." Rolf Kopel, PR Manager bei Hogan Lovells, betont, dass dieser Zusammenhang in beide Richtungen besteht: "Ich habe nach meinem zweiten Examen zunächst fünf Jahre journalistisch beim Platow Brief gearbeitet. Da entwickelt man natürlich ein Gespür dafür, wie Journalisten ticken. Mit dieser Expertise hat man dann in der Pressearbeit mehr Erfolg und kann auch in Abstimmungsfragen mit den Partnern überzeugender auftreten." Ein klassischer Einsteigerjob ist die Arbeit als Kanzlei-Pressesprecher jedenfalls nicht. Gesucht und benötigt werden in der Regel Leute, die im Journalismus oder in der Öffentlichkeitsarbeit bereits über eine gewisse Erfahrung verfügen.

Den typischen Arbeitstag gibt es nicht

Wer einmal in der Kanzlei-PR ankommt, der bleibt oft über viele Jahre dort. Dabei variieren die Aufgaben je nach Sozietät: Overbeck und Peres etwa, die beide für Kanzleien mittlerer Größe arbeiten, betreuen neben den Pressebeziehungen auch Fragen der Strategie und des Business Development. Kopel hingegen ist ausschließlich für die Öffentlichkeitsarbeit seines deutlich größeren Arbeitgebers zuständig. Einen typischen Arbeitstag, das bestätigen alle drei Pressemänner, gibt es in ihrem Job nicht. Aber doch regelmäßig wiederkehrende Aufgaben: So zum Beispiel die Durchsicht mehrerer Tageszeitungen nach aktuell brisanten Themen, in die man sich an passender Stelle juristisch einmischen kann. Oder die Kontaktpflege mit Journalisten, bei denen man sich zwecks genau solcher Einmischung meldet. Oder der Austausch mit den Partnern im eigenen Haus, die zu diesem oder jenem Thema etwas veröffentlichen wollen. Daneben gibt es, je nach Stelle, unterschiedliche weitere Baustellen zu versorgen: den kanzleiinternen Newsletter etwa oder Pressemitteilungen über neue Mandate und personelle Wechsel. Auch als Ghostwriter für Reden der Partner oder als Medien-Coach für Anwälte vor öffentlichen Auftritten werden die PR-Experten bisweilen herangezogen.

Abstriche bei Arbeitszeiten und Gehalt

Zu den zentralen Kompetenzen gehört daher eine gute Fähigkeit zur Koordination – nach Außen mit den Medienvertretern, nach innen mit den zahlreichen Partnern. "Man hat eben nicht einen Chef, sondern einige Dutzend", meint Peres. "Das macht die Abstimmung nicht unbedingt einfacher." Ebenfalls bedeutsam sind sprachliche Kompetenzen, mindestens ein juristisches Grundverständnis und eine gewisse Umtriebigkeit. "Außerdem muss man natürlich eine große Sensibilität dafür haben, welche Informationen man an die Öffentlichkeit kommunizieren darf und welche nicht", fügt Peres hinzu. "Das ist allgemein eine wichtige Frage in der PR, aber bei Kanzleien wegen des Mandatsgeheimnisses ganz besonders." Was die Arbeitszeiten und das Gehalt angeht, so wird der übliche Großkanzlei-Maßstab in beiden Punkten nicht erreicht: "Gegenüber den Anwälten darf beziehungsweise muss man hier Abstriche machen", sagt Peres. Genauso wie Overbeck und Kopel arbeitet er zwar immer mehr als 40 und häufig mehr als 50 Stunden pro Woche. Die Horrorgeschichten von regelmäßigen Nachtschichten, die man von geplagten Associates und Partnern vernimmt, haben in seinem Berufsalltag aber keinen Platz. Die Bezahlung bewegt sich zwar ebenfalls nicht auf dem Niveau der Anwälte auf der gleichen Karrierestufe, fällt aber im Vergleich zu vielen, traditionell eher dürftig entlohnten Medienberufen üppig aus. Einen Königsweg in die Kanzlei-PR, da sind sich alle drei Experten einig, gibt es nicht. Den Einstieg kann etwa eine Station während des Referendariats oder ein Praktikum eröffnen. Letztlich kommt es jedoch auf die Initiative und Überzeugungskraft des Kandidaten an und damit auf Fähigkeiten, die für den Job entscheidend sind.

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