Planung des Arbeitslebens mit werdenden Eltern

Parent Coa­ching – Bitte was?

Gastbeitrag von Anna EngersLesedauer: 5 Minuten

Achtsamkeit-Coaching hier, Führungs-Coaching da. Der Markt wächst und wächst und die Coaching-Branche bietet immer mehr an. Seit einiger Zeit nun auch noch Parent Coaching. Was das ist und wer es braucht, erklärt Juristen-Coach Anna Engers.

Um es direkt klarzustellen: Parent Coaching hat nichts mit Kindererziehung zu tun. Es geht nicht darum, Erziehungs- oder Verhaltenstipps zu vermitteln. Nein, Parent Coaching ist einerseits eine lohnenswerte Möglichkeit, werdende Eltern im Business Kontext zu unterstützen. Andererseits eine große Chance für den Arbeitgeber, in eine engere Kommunikation mit seinen Mitarbeitenden zu treten. Parent Coaching kann eine Brücke bilden zwischen Arbeitnehmer*in in der Rolle als Eltern - und dem Unternehmen.

Was passiert, wenn eine Frau in die Familienplanung einsteigt? Sie stellt sich zunächst die Frage: "Wie ist meine Lebensplanung mit meinem Job als Juristin in der Kanzlei, im Unternehmen, im öffentlichen Dienst vereinbar?" Gerade in den großen Wirtschaftskanzleien steigen viele Frauen schon in diesem Stadium aus und verlassen die Kanzlei, noch bevor sie überhaupt eine Familie gründen. Warum? Weil sie befürchten, dass ihre Familienplanung nicht mit der Karriereplanung der Kanzlei vereinbar ist.

Viele Frauen streben nach Sicherheit und das schon bevor sie konkret über Nachwuchs nachdenken. Diese Sicherheit hoffen sie in Unternehmen oder im Staatsdienst eher zu finden. Ob das im Einzelfall nachher auch so ist, sei an dieser Stelle einmal dahingestellt. Denn auch eine Karriere im Staatsdienst macht "Frau" nicht unbedingt in Teilzeit. Aber die Frauen haben das Gefühl, dass eine reduzierte Arbeitszeit, die ein Familienleben ermöglicht, hier anerkannter ist.

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Es geht um gute Planung – für alle Beteiligten

Besteht dann eine Schwangerschaft schließen sich ganz praktische Fragen an: Wie sage ich das meinem Chef/meiner Chefin? Wie lange möchte ich zu Hause bleiben? Kann ich die Dauer meiner Abwesenheit jetzt eigentlich schon absehen?, etc. Das sind Fragen, die erst einmal verunsichern. Gleichzeitig ist dies eine ganz entscheidende Phase für den jeweiligen Arbeitgeber, die von beiden Seiten oft nicht genutzt wird. Meist entscheidet sich schon während der Schwangerschaft, ob die werdende Mutter bleibt oder nicht.

Genau hier kann Parent Coaching helfen. Das spezielle Coaching bietet eine Kommunikationsmöglichkeit zwischen Eltern und Arbeitgeber. Es begleitet die werdende Mutter während der Schwangerschaft im Büro, den Ausstieg, die Auszeit zu Hause und ganz wichtig: den Wiedereinstieg. Dies alles in Abstimmung mit dem oder der Vorgesetzten. Denn auch auf dieser Seite entstehen sofort Bedürfnisse, angefangen von einer guten Planung des Arbeitsübergangs bis hin zur Suche einer entsprechenden Vertretung, falls dies nötig ist. Die Klärung "Wie wollen wir gemeinsam diese Zeit gestalten?" und die Kommunikation zwischen den Beteiligten wird oft unterschätzt und so vernachlässigt, dass die Fluktuation der Frauen nicht verwundert. Die Frauen wünschen sich Sicherheit und finden eine Atmosphäre vor, in der sich nicht trauen, offen zu sprechen.

Ziele definieren, dann kommunizieren

Es ist unumgänglich, dass eine Karriere wie auch Familie ein wenig geplant werden müssen. Planen heißt in diesem Fall nicht, einen Zeitplan festzulegen, sondern sich seiner Ziele bewusst zu werden. Also, will ich Familie und will ich Karriere – unabhängig davon, was Karriere für den Einzelnen genau heißt? Diese Planung fängt zu Hause an, gemeinsam mit dem Lebenspartner. Ist mir bewusst, was ich erreichen möchte im Job und in der Familie, ist es leichter, das auch zu kommunizieren.

Ein Parent Coaching unterstützt diesen Findungsprozess und orientiert sich an folgenden Fragen: "Wie meistere ich diese sehr lebensverändernde Zeit?", "Was bedeutet das für mich konkret im Job?" und "Wie kommuniziere ich dies zielführend?". Ein solches Coaching ist kein Goodie für die Arbeitnehmer. Die Arbeitgeber profitieren gleichermaßen, denn Sie treten mit ihm in den Dialog, um eine für alle heraufordernde Zeit gut zu planen.

Die Unternehmen kostet es immer Zeit, Mühe und Geld, jemanden neues einzustellen und einzuarbeiten. Eine Mutter aber, die bewusst nach der Babypause zurück in ihren alten Job will, ist nicht nur ambitioniert, sondern auch sehr effizient, denn die Ressource Zeit ist knapp. Also: Bieten Sie als Unternehmen oder Kanzlei ein Parent Coaching bewusst an! Und benennen Sie es auch so. Dann ist der Inhalt schon einmal geklärt und die Beteiligten können nicht ausweichen. Der Vorteil des Parent Coaching ist, dass es beide Seiten – Juristin und Vorgesetzten* – begleitet und zu einer erfolgreichen Kommunikation führt, von der beide nur profitieren. Selbst wenn eine Frau in diesem Prozess entscheidet, dass sie dennoch das Unternehmen oder die Kanzlei verlässt, dann weiß der Arbeitgeber aber genau, warum und muss nicht damit rechnen, hinterher schlecht geredet zu werden.

Und Männer werden zu Vätern

Parent Coaching richtet sich aber nicht nur an die Frauen. Familienzuwachs bei männlichen Juristen bedeutet ebenfalls Veränderungen, die sich auch auf das tägliche Arbeiten auswirken können. Damit ist nicht nur der anfängliche eventuelle Schlafmangel gemeint, sondern, dass auch gesellschaftlich von den jungen Vätern heute mehr verlangt wird. Sie sollen Karriere und gleichzeitig als Vater eine gute Figur machen.

Oft kommt dazu, dass die Frauen schnell zurück in ihren Beruf möchten und von ihren Lebenspartnern ein Entgegenkommen erwarten. Wie ist das vereinbar, wenn man zum Beispiel als Anwalt gerade auf dem Weg zur Partnerschaft ist? Hier entsteht durchaus Druck, der nicht zu unterschätzen ist. Greifen die Kanzleien, die Unternehmen oder der öffentliche Dienst das auf? Wie gehen diese mit den Erwartungen von jungen Vätern um? Im Parent Coaching werden die jeweiligen Bedürfnisse besprochen und Lösungen im Sinne beider Seiten erarbeitet.

Hinter jeder arbeitenden Person steckt auch immer ein Mensch. Wenn dieser Mensch Vater oder Mutter wird, dann hat diese private Angelegenheit Auswirkungen auf den Beruf. Gerade weil sich hier private und berufliche Sphären berühren, bedarf es einer guten Kommunikation. Fühlen sich die Mitarbeitenden vom Unternehmen oder der Kanzlei gehört und verstanden, dann bleiben sie, bzw. kommen wieder. Sie fühlen sich wohl und sind leistungsbereiter. Zusätzlich sprechen sie darüber und sind damit wertvolle Multiplikatoren. Das spart viel Geld, Zeit und Mühe. So einfach geht Parent Coaching. 

Die Volljuristin Anna Engers startete ihre Karriere bei der PR-Agentur Hill & Knowlton, danach war sie viele Jahre für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit von Latham & Watkins zuständig. Ende 2011 machte Engers sich selbständig und gründete die Beratungsgesellschaft diventure, mit der sie viele (Groß-)Kanzleien zum Thema Diversity und zum Parent Coaching berät.

*Anm. d. Red.: Fehlerhafte Formulierung korrigiert am 18.12.2018, 17:10 Uhr.

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