Themenwoche Jobmarkt Jura

Das Weite suchen

von Timo ConrathsLesedauer: 5 Minuten
Ibiza, Athen und San Francisco – keine Frage, dass das charmanter klingt als Leipzig, Frankfurt und Trier. So mancher Jurist träumt davon, die Urlaubsziele der Gegenwart zum Wohn- und Arbeitsplatz der Zukunft zu machen. Doch die Karriere im Ausland hat auch ihre Herausforderungen und Schwierigkeiten – von denen die fremde Rechtsordnung noch nicht einmal die größte ist.

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Schon die Schlussworte seiner Antwort machen neidisch: "Mit den besten Grüßen aus dem sonnigen Ibiza", schreibt Armin Gutschick am Ende seiner E-Mail, mit welcher er das Interview bestätigt. Seit 2007 betreibt der Jurist gemeinsam mit seiner Frau die Kanzlei Ibiza-Legal auf der spanischen Insel, nur wenige Straßen vom Meer entfernt. Am anderen Ende der Datenleitung, in Deutschland, prasselt der Regen nasskalt ans Fenster. Keine schwere Wahl, wo man da lieber tätig sein möchte. Doch so einfach ist die Rechnung bei Weitem nicht: die Entscheidung, seinen Lebensmittelpunkt als deutscher Jurist dauerhaft ins Ausland zu verlegen, hängt von deutlich mehr als nur dem Wetter ab. Sie will nicht nur gut überlegt, sondern auch gut vorbereitet sein: denn je früher man die Weichen stellt, umso reibungsloser verläuft der Wechsel meist. Eine ordentliche Portion Durchhaltevermögen sollte man dennoch mitbringen. Denn fast keine andere Ausbildung ist so national geprägt wie das Jurastudium. Während Ingenieure oder Mediziner ihr Handwerk fast überall auf der Welt ausüben können, ist es für den Juristen deutlich schwieriger, im Ausland beruflich Fuß zu fassen. Unmöglich ist es aber nicht, wie die folgenden Geschichten zeigen.

Früh übt sich

Neben der besonderen Lebensqualität im Ausland war es gerade die Herausforderung, die Armin Gutschick zu dem Schritt bewegte. "Ich finde es reizvoll, in einer anderen Sprache juristisch tätig zu sein." Eingerichtet hat er sich darauf schon früh. Egal, ob im Studium oder im Referendariat, immer wieder suchte Gutschick den Kontakt zum Ausland. Die Wahl auf Spanien fiel dann aber erst kurz vor dem zweiten Staatsexamen: "Ich habe meine Wahlstage bei einem deutschsprachigen Anwalt in Barcelona gemacht und mich dann entschlossen, ein einjähriges Masterprogramm in Barcelona dranzuhängen." Nach der Zulassung zur spanischen Anwaltschaft und einer kurzen Tätigkeit als angestellter Anwalt folgte die Gründung der eigenen Kanzlei, in der er vor allem immobilien- und erbrechtliche Mandate betreut. Wer also beruflich sein Glück im Ausland sucht, der sollte so früh wie möglich damit anfangen. Das Studium, insbesondere die Erasmus-Programme der Universitäten, aber auch das Referendariat bieten hierfür gute Gelegenheiten. Interessante Stellenangebote für Referendare gibt es auf Jobbörsen oder auf den Webseiten großer Kanzleien. Hilfe bei der Suche nach Stellen bieten auch Studentenorganisationen, wie die European Law Students' Association (ELSA), oder länderspezifische Vereinigungen, wie die Deutsch-Amerikanische Juristen-Vereinigung.

Andere Länder, ähnliche Prinzipien

Auch für Despina Chatzipolichroni war klar: Nach den Staatsexamina geht's ins Ausland. Nach Griechenland, um genau zu sein, in die Heimat ihrer Eltern. Bereits ihr Referendariat nutzte Chatzipolichroni für mehrere Abstecher nach Athen. Nach dem zweiten Staatsexamen legte sie dann die erforderlichen Prüfungen bei der dortigen Rechtsanwaltskammer ab, um auch die Zulassung als griechische Rechtsanwältin zu erhalten. "Ich bin zwar in Deutschland aufgewachsen, hatte jedoch schon immer einen engen Bezug zu Griechenland", erklärt sie. Heute arbeitet die Juristin in Athen mit der griechischen Rechtsanwaltsgesellschaft AP & Generalis Law Firm zusammen, die sich aus rein griechischen Rechtsanwälten und solchen mit Doppelzulassungen zusammensetzt. Dort betreut sie sowohl griechische als auch deutsche Mandate. Neben der Kenntnis beider Landessprachen kommt ihr dabei insbesondere ihre deutsche juristische Ausbildung zugute.

Deutsche Rechtsanwälte können sich EU-weit niederlassen

"Da die beiden Rechtssysteme insbesondere im Zivilrecht viele Parallelen aufweisen, ist die deutsche Juristenausbildung sicherlich sehr hilfreich. Vor allem jedoch habe ich die Erfahrung gemacht, dass mir die deutsche Juristenausbildung ein Werkzeug zur Verfügung gestellt hat, das mir den Zugang zu vielen mir unbekannten Bereichen erleichtert." Dies betreffe vor allem die methodische Herangehensweise. Das deutsche Jurastudium ist jenseits der Landesgrenzen also keineswegs nutzlos. Mit seinem starken Fokus auf rechtliche Grundsätze und Prinzipien bildet es auch für die Arbeit im Ausland eine gute Basis. Innerhalb der Europäischen Union besteht für in Deutschland zugelassene Rechtsanwälte zudem die Möglichkeit, sich ohne weitere Prüfung als Rechtsanwalt in einem anderen Mitgliedstaat niederzulassen. Die Ablegung einer Rechtsanwaltsprüfung im jeweiligen Mitgliedstaat ist somit gar nicht zwingend notwendig, um dort juristisch tätig zu werden. Kenntnisse der Landessprache sind aber sehr von Vorteil.

Amerikanische Kanzleien: Initiative gefragt

Wäre da noch das eingangs erwähnte Durchhaltevermögen. Diana Francis kann ein Lied davon singen. Heute berät die Juristin in San Francisco als Mitglied der "International Commercial Group" bei Baker & McKenzie multinationale Unternehmen in datenschutz- und wirtschaftsrechtlichen Angelegenheiten. Für Francis ein Traumjob – doch der Weg dorthin war weder einfach noch von Anfang an geplant. "Ich hatte mich beim Auswärtigen Amt um Referendariatsstellen in Paris und Wien beworben. Da diese aber vergeben waren, landete ich völlig ungeplant und überraschend im deutschen Konsulat in Los Angeles." Der Tätigkeit im Konsulat und einer weiteren bei einer Kanzlei folgte dann das Angebot von Baker & McKenzie. "Der zuständige Partner hatte Interesse daran, einen deutschen Juristen einzustellen. Ein Mitarbeiter, den ich einige Jahre zuvor kennengelernt hatte, erinnerte sich an mich und rief an, um zu fragen, ob ich interessiert sei."

Wenn die Uni wichtiger als die Examensnote ist

Ein glücklicher Zufall, wie Francis erzählt. Denn dass deutsche Juristen explizit gesucht werden, komme in den USA sehr selten vor. Regelmäßig müsse man sich selbst um eine Stelle bemühen. Und hierfür wieder ganz von vorne anfangen, trotz zweitem Staatsexamen. "Potentielle Arbeitgeber wissen meist nicht, was ein Prädikatsexamen ist, und es interessiert sie auch nicht. Zumeist wird darauf geschaut, auf welche Law School man gegangen ist, und daran scheitert es dann bereits." Der Königsweg ist daher weiterhin, neben einem LL.M. auch das Bar Examn zu machen, um für potentielle Arbeitgeber in den USA ansatzweise interessant zu sein. Auch Francis hat diese Variante gewählt. Ein großes Problem hierbei seien die Finanzen während der Prüfungsphase gewesen: "Während ich in Deutschland mit Prädikatsexamen einen guten Job gefunden hätte, musste ich mich hier als Rechtsanwaltsgehilfin mit geringem Gehalt durchkämpfen, um die Prüfungsvorbereitung zu finanzieren, wie etwa 5.000 Dollar für ein dreimonatiges Repetitorium." Ganz einfach war der Weg in die USA also nicht. Punkt drei erklärt sich somit von selbst: Der Schritt ins Ausland sollte gut durchdacht und durchgeplant sein, auch und insbesondere in finanzieller Hinsicht. Hilfen bieten hierfür bieten etwa Stipendienprogramme, wie die des Deutschen Akademischen Austauschdienstes oder der Fulbright-Kommission.

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