Tiere am Arbeitsplatz

Wenn der Bür­o­hund bellt

Gastbeitrag von Dr. Erik SchmidLesedauer: 4 Minuten

Für die Halter ist es großartig, wenn sie ihr Tier mit ins Büro bringen dürfen. Kollegen sehen das womöglich anders: Die Tiere machen Lärm, haaren oder setzen Ängste frei. Die arbeitsrechtlichen Grundlagen zu Bürohund und Co. erklärt Dr. Erik Schmid.

Was haben Tiere wie der Bürohund oder die Betriebskatze am Arbeitsplatz verloren? Die Frage kann sich stellen, wenn man nicht im Zirkus, in einem Zoo, auf dem Bauernhof oder beim Tierarzt arbeitet. Herrchen und Frauchen haben ohnehin viel Verständnis für haarige Vierbeiner. Doch wie ist die rechtliche Situation zu Tieren am Arbeitsplatz? Dürfen Arbeitnehmer ihr Haustier während der Arbeitszeit mit an den Arbeitsplatz bringen? Und wie ist es umgekehrt, dürfen Arbeitgeber eine Erlaubnis oder ein Verbot für Tiere am Arbeitsplatz aussprechen?

Es gibt insbesondere sicherheits- oder hygienerelevante Bestimmungen, nach denen in bestimmten Bereichen (Krankenhaus, Küche, Labor) Haustiere nicht zugelassen sind. Es gibt aber keine allgemeinen arbeitsrechtlichen gesetzlichen Regelungen, in denen beispielsweise für ein Büro unmittelbar die Voraussetzungen oder die Erlaubnis für Haustiere am Arbeitsplatz enthalten sind.

Ob Arbeitnehmer einen Hund, eine Katze, Goldfische in einem Aquarium, Frettchen etc. mit ins Büro bringen dürfen, betrifft das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Das Direktions- oder Weisungsrecht des Arbeitgebers ist in § 106 Gewerbeordnung (GewO) geregelt. Danach kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Der Arbeitgeber ist damit berechtigt und verpflichtet, das Funktionieren des Betriebs und das Zusammenarbeiten der Arbeitnehmer aufeinander abzustimmen und sicherzustellen. Es obliegt dem Arbeitgeber, Regeln und Ordnungen hierzu aufzustellen. Beispielsweise kann ein Rauchverbot im Betrieb oder eine Kleiderordnung vom Arbeitgeber festgelegt werden. Hierzu gehören auch Regelungen und Ordnungen über das Mitbringen von Haustieren an den Arbeitsplatz.

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Arbeitgeber bleibt Herr(chen) des Arbeitsplatzes

Es ist grundsätzlich zulässig, dass Arbeitgeber Haustiere am Arbeitsplatz erlauben. Dem Arbeitgeber obliegt jedoch das Recht, diese Erlaubnis von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen. Dem Arbeitgeber obliegt beispielsweise das Recht zu bestimmen, ob die Haustiere seiner Arbeitnehmer ausnahmsweise bzw. nur einmalig in Sondersituationen oder dauerhaft erlaubt werden. Der Arbeitgeber darf seine Erlaubnis auch von Stubenreinheit, Maulkorbpflicht oder bestimmten "Manieren" der Tiere abhängig machen.

In den allermeisten Arbeitsverträgen und Betriebsordnungen ist nichts zu Haustieren am Arbeitsplatz geregelt. Dem Arbeitgeber ist es nicht nur kraft seines Direktionsrechts gestattet, das Mitbringen von Haustieren zu erlauben. Dem Arbeitgeber ist es auch möglich, das Mitbringen von Haustieren zu verbieten. Dies kann immer mit dem ungestörten Betriebsablauf begründet werden: Dieser könnte bei Angst von Kollegen und Kunden, Gestank und Lärm der Tiere oder durch das Kümmern-müssen während der Arbeitszeit gestört werden.

In der Praxis wird sich ein Tier am Arbeitsplatz häufig "eingeschlichen" haben. In einer Notsituation, beispielsweise wenn der Hundesitter ausgefallen ist, erlaubt der Arbeitgeber das Mitbringen eines Hundes. Die Freude der Belegschaft ist groß. Der Bürohund wirkt sich positiv auf das Betriebsklima aus. Darf der Arbeitgeber dann seine Erlaubnis oder Duldung nachträglich verbieten? Soweit keine entgegenstehende Regelung im Arbeitsvertrag, durch sonstige Vereinbarung oder durch Gewohnheitsrecht (betriebliche Übung) entstanden ist, darf der Arbeitgeber auch nachträglich von seinem Direktionsrecht Gebrauch machen. Er darf die ursprüngliche Zustimmung bzw. Duldung zurücknehmen und ein Verbot von Tieren am Arbeitsplatz aussprechen. Eine Begründung ist hierfür nicht erforderlich.

Der Hund bellt, stinkt und folgt dem Frauchen

Das Amtsgericht (AG) München hatte in einem einstweiligen Verfügungsverfahren zu entscheiden, ob ein Rauhaardackel ins Büro mitgebracht werden darf oder nicht (Beschl. v. 20.10.2017, Az: 182 C 20688/17). Der Antragsteller und das Frauchen waren Geschäftspartner und unterhielten ein gemeinsames Büro. Er begründete den Antrag damit, dass der Hund täglich mitgebracht werde, er keine Erlaubnis erteilt, er schlechte Vorerfahrungen habe und er keine Hunde möge, insbesondere nicht deren Geruch. Der Hund liege teilweise auf dem Stuhl des Antragstellers und folge seinem Frauchen in die Gemeinschaftsräume wie Empfang, Kopierzimmer und Küche. Der Hund beeinträchtige das Klima der Firma, da er belle und auf mitgebrachte Kleinkinder oder Hunde von Firmenkunden problematisch reagieren könne.

Das AG München lehnte den Antrag ab. Bei einem einstweiligen Verfügungsverfahren kommt es insbesondere auf die sogenannte "Dringlichkeit" an. Eine solche Dringlichkeit im Sinne einer konkreten Besorgnis, dass wesentliche Nachteile drohen, wenn der Hund weiterhin mitgebracht wird, läge nicht vor. Die Dringlichkeit könnte bejaht werden, wenn der Hund beispielsweise aggressiv sei und täglich mit einer Beißattacke gerechnet werden müsse. Im Falle des AG München könne die Entscheidung in der Hauptsache abgewartet werden.

Verbot konkreter Tiere ist möglich

Der Arbeitgeber kann auf Grundlage des Direktionsrechts durchaus einzelnen Mitarbeitern die Mitnahme eines Tieres in den Betrieb untersagen. Dies gilt sogar dann, wenn andere Arbeitnehmer einen Bürohund oder eine Betriebskatze mitbringen dürfen. Damit keine unzulässige Ungleichbehandlung vorliegt, müsste das konkrete Tier im Gegensatz zu den anderen Tieren die betrieblichen Abläufe stören.

Eine solche Störung des Betriebsablaufs liegt nach einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Düsseldorf jedenfalls dann vor, wenn sich andere Arbeitnehmer vor dem Hund fürchten (Urt. v. 24.03.2014, Az. 9 Sa 1207/13). Ob der Hund tatsächlich gefährlich ist, ist dabei nicht relevant. Es reicht aus, wenn sich Arbeitnehmer subjektiv vor diesem Hund fürchten. Die Richter argumentieren, dass in dem Betrieb – eine Werbeagentur – eine rege Kommunikation und viel Bewegung in den Räumen herrsche und eine Einschränkung aufgrund von Befürchtungen der Mitarbeiter hinsichtlich des Hundes nicht hingenommen werden muss. Den Arbeitgeber treffen besondere Fürsorgepflichten. Die Klage des Arbeitnehmers, den Hund weiterhin ins Büro mitbringen zu dürfen, ist damit gescheitert.

Dr. Erik Schmid ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner bei der Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Er berät nationale und internationale Unternehmen in allen arbeitsrechtlichen Themen, insbesondere in dem Bereich der Unternehmensmitbestimmung.

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