Kanzleien mit starker Facebook-Präsenz

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von Simon HeinrichLesedauer: 4 Minuten
Dass soziale Medien zur Kundenakquise und –bindung beitragen, ist unter Marketingexperten ein Gemeinplatz. Auch Anwälte versuchen immer häufiger, diesen Kanal für sich zu erschließen. Doch während die Like-Zahl bei den einen in die Höhe schießt, dümpeln die anderen im niedrigen zweistelligen Bereich herum. Wir haben mit zwei sozial sehr umtriebigen Kanzleien über die Gründe ihres Erfolgs gesprochen.

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Max-Lion Keller ist Rechtsanwalt aus München. Als er sich vor wenigen Jahren selbstständig machte, blieben zunächst die Mandanten aus. Sein Spezialgebiet IT-Recht war gerade erst im Kommen. Keller war "hungrig auf Arbeit", wie er selbst sagt, und musste sich einen Weg überlegen, um an neue Mandanten heranzukommen. Eine Kanzlei, die sich auf IT-Recht spezialisiert, meinte Keller, müsste ihre Mandanten doch auch im Internet finden können. Also machte er sich ans Werk. Zunächst musste eine klassische, aber professionell wirkende Website her. Das Ergebnis kann sich heute sehen lassen. 130.000 Besucher verzeichnet die Seite pro Monat, Tendenz steigend. Keller betreut mit seiner Kanzlei rund 2.000 Online-Unternehmen. Doch auch die sozialen Medien, allen voran Facebook, haben ihren Anteil an dem Erfolg. 10.854 Personen gefällt mittlerweile der Facebook-Auftritt der Kanzlei. An die Anfänge erinnert sich Keller noch genau, "brutal" sei das gewesen, das direkte und unverblümte Feedback hätte ihm zu Beginn zu schaffen gemacht. Doch die Zahl der Follower nahm immer weiter zu.

Geschichten müssen authentisch sein

Aber wie schafft man es, 10.854 Personen für IT-Recht zu begeistern? Die Antwort klingt zunächst einmal ernüchternd: gar nicht. Doch sie zwingt zugleich zur Nachfrage, wie Keller es schafft, dass seine Seite trotzdem so vielen Menschen gefällt? Indem er ihnen das liefert, was sie eigentlich suchen: Einen Mix aus praktischer Information und Unterhaltung. Eine kostenlose Vorlage einer Widerrufsbelehrung für jeden neuen Fan der Seite war der erste Schritt, um das Interesse der User zu wecken. Später kam ein Tool hinzu, mit dem ein Impressum für die eigene Seite schnell erstellt werden konnte. Doch der reine Nutzwert reichte nicht aus, und Geld für Werbung bei Google wollte Keller auch keins ausgeben. Deshalb reichert er seine Seite zusätzlich um unterhaltsame Anekdoten an. Keine drögen Zusammenfassungen aktueller Gerichtsentscheidungen, sondern Geschichten aus seinem juristischen Alltag, meist spannend und mit Witz erzählt. Immer mehr User besuchen Kellers Facebook-Seite, seine Posts finden großen Anklang. Zu 90 Prozent kümmert er sich selbst um die Präsenz im sozialen Netzwerk. "Das ganze outsourcen oder irgendeinen Praktikanten machen lassen funktioniert nicht, die Geschichten müssen authentisch sein", meint Keller.

Keine Akquise, sondern Öffentlichkeitsarbeit

Ein Gewinnspiel hier, ein Bilderrätsel oder ein kritischer oder lustiger Artikel da. Keller schafft es, seine digitalen Fans immer wieder dazu zu motivieren, erneut auf der Seite vorbeizuschauen. Auch wenn teilweise neue Mandanten über Facebook gewonnen werden, sieht er das Netzwerk weniger als ein Mittel zur Akquise, sondern mehr als eine Form der Öffentlichkeitsarbeit. "Auf Vorträgen wurde ich schon häufiger gefragt, ob ich diese lustige Facebook-Seite betreiben würde. Was will ich mehr", meint Keller. Manchmal nutzt er die Seite sogar für seine eigene Arbeit. Wenn es in einem Fall um einen Anbieter geht, über den er nicht viel weiß, fragt er seine User nach Erfahrungen mit dem Unternehmen. Vom Informationsaustausch profitieren somit beide Seiten.

Mandanteninformation 2.0

Auch die Kanzlei Vogl aus dem Vorarlberg in Österreich hat vor zwei Jahren Facebook für sich entdeckt. Sie befasst sich vor allem mit Versicherungs- und Anlagenrecht, und vertritt Mandanten daher oftmals nicht einzeln, sondern in größeren Geschädigtengemeinschaften. Die vertretenen Anleger stammen nicht nur aus Österreich, sondern auch aus Teilen Deutschlands, Liechtensteins und der Schweiz. Im Jahr 2011 kam den Anwälten die Idee, dass sie aufgrund der besonderen Mandantenstruktur von sozialen Netzwerken erheblich profitieren könnten. Warum die Mandanten nur mit persönlich zugestellten Schreiben über die aktuellen Entwicklungen informieren, wenn ein neuer Post bei Facebook von allen Betroffenen gleichzeitig gelesen werden kann? Rechtliche Artikel hatte die Kanzlei auch früher schon immer für ihre eigene Webseite geschrieben. Der zeitliche Aufwand beläuft sich mit rund zwei Stunden auf ein Minimum, doch die Wirkung der Verbreitung über Facebook ist enorm. Mehr als 9.000 Usern gefällt dort die Präsenz der Kanzlei, wo sie über neue Beiträge direkt informiert werden. Zwar werden diese Informationen auch über einen E-Mail-Verteiler an die Mandanten geschickt, doch die gesammelten Posts auf der Facebook-Seite werden oft als praktischer empfunden als eine Reihe von E-Mails oder eine Kanzlei-Webseite, die man erst gesondert aufrufen muss.

Bitte folgen Sie uns

In ihrem Kundenblatt weist die Kanzlei ihre Mandanten mittlerweile direkt darauf hin, dass die beste Information über ihren Fall dann gewährleistet ist, wenn sie sich bei Facebook anmelden und der Kanzleiseite folgen. Martin Schneider von der Kanzlei Vogl sieht in dem Facebook-Auftritt einen Selbstläufer. Trotz geringer Aktivität und kaum vorhandener Interkation mit den Nutzern sei die Seite sehr erfolgreich. Als Anwaltskanzlei 9.000 Menschen zu gefallen, sei keine Selbstverständlichkeit. "Für die Mandanten gibt es keine bessere Informationsplattform und für die Kanzlei keine bessere Werbung“, meint Schneider. Zwar sei die Homepage nach wie vor der wichtigste Auftritt der Kanzlei im Internet und aufgrund eines starken Rankings bei Google auch gut besucht. Doch auch die Facebook-Seite sei für einige Mandate der vergangenen zwei Jahre verantwortlich und daher bei der Außendarstellung einer modernen Anwaltskanzlei nicht mehr wegzudenken.

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